Israels Sicherheit: Neue Bedrohungen, neue Maßnahmen

· Wie löst man das Dilemma eines Friedensabkommens, in dem die Golanhöhen an Syrien übergeben werden, wenn klar ist, dass Israel ohne den Golan nicht zu verteidigen ist? Als Möglichkeit, dies zu umgehen, galten gesonderte Sicherheitsvorkehrungen, die Teil eines solchen Friedensvertrages hätten sein müssen. Nur beruhte dieser Ansatz auf einer Reihe von Annahmen, die sich alle als fehlgeleitet herausgestellt haben.

· Die Ereignisse der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass die Bedrohungen, die von einem palästinensischen Staat oder dem existierenden palästinensischen Gemeinwesen erwartet werden können, sich deutlich verändert haben. Dazu gehört der Übergang zu drei Waffentypen, welche den ursprünglich für die Sicherheitsvorkehrungen diskutierten Richtlinien widersprechen.

· Im ganzen Westjordanland stationierte Raketen können ohne Weiteres den gesamten Staat Israel abdecken. Fortgeschrittene Luftabwehrraketen wären nicht nur dazu in der Lage, große Passagierflugzeuge beim Anflug auf den Ben-Gurion-Flughafen abzuschießen, sondern auch Helikopter und Kampfflugzeuge. Panzerabwehrraketen, äußerst effektiv bis zu einer Reichweite von 5 Kilometern, könnten nicht nur die strategischen Positionen wie den israelischen Highway 6 von Norden nach Süden abdecken, sondern weit darüber hinaus.

· Der gemeinsame Nenner in all dem ist die Leichtigkeit mit der Schmuggel und Selbstfabrikation von Waffen gegenwärtig in Gaza stattfindet. Kein noch so gutes Überwachungssystem wird in der Lage sein, dies zu unterbinden. Allein die faktische Kontrolle des Jordantals entlang der israelisch-jordanischen Grenze vermag den Schmuggel solcher Waffen ins Westjordanland verhindern.

· Zudem würde im Falle eines israelischen Rückzugs hin zu den Waffenstillstandslinien von 1949 das Gebiet östlich der israelisch-palästinensischen Grenze nicht nur unter der Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde stehen, sondern könnte anderen potentiellen Feinden wie der Hisbollah oder Syrien als Ausgangsbasis dienen. Das bedeutet, dass die Sicherheitsbestimmungen für das Westjordanland weit über die Ansprüche hinausgehen, die Israel gegenüber den Palästinensern hat.

Israel als jüdischer Nationalstaat: Von der San-Remo-Konferenz 1920 bis zu den Netanyahu-Abbas-Gesprächen

· Premierminister Netanyahu zufolge ist das Kernproblem des Konfliktes zwischen Israel und den Palästinensern die fortdauernde Weigerung Letzterer, „den Anspruch des jüdischen Volkes auf einen eigenen Staat in seiner historischen Heimstätte“ anzuerkennen. Netanyahu hat diese Frage zur zentralen „Voraussetzung für die Beendigung des Konfliktes“ erklärt. Diese Forderung Netanyahus wiederbelebt damit ein fundamentales nationales Anrecht auf der globalen Ebene, das einst als axiomatisch galt, heute aber kaum noch erwähnt wird.

· Vor neunzig Jahren beschloss der Oberste Rat der Entente-Mächte nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Niederlage des Osmanischen Reiches auf der San-Remo-Konferenz die Aufteilung der Territorien des Nahen Ostens. Dabei entschied man sich, die Balfour-Deklaration, die eine jüdische Heimstätte in Palästina befürwortete, in das britische Mandat für die Region einzubeziehen, womit international das jüdische Recht auf Selbstbestimmung anerkannt wurde.

· Die in San Remo verwendete Sprache war ein Triumph der zionistischen Bewegung, die eine nationale Lösung für das jüdische Dilemma vorsah. Damit wurde die Existenz der Juden als mehr als nur individuelle Anhänger einer bestimmten Religion – des Judentums –, sondern als gesellschaftliche Gruppe mit Anspruch auf nationale Selbstbestimmung bestätigt, in diesem Fall in Form einer nationalen Heimstätte. Diese sollte Palästina sein, die antike Heimat der Juden. Die in San Remo bestimmte Sprachregelung stellte mit den Worten des britischen Außenministers Lord Curzon „die Magna Carta des Zionismus“ dar. Es war klar, dass der Begriff einer „nationalen Heimstätte“ einen Staat meinte.

· Die jüdische Selbstbestimmung war Teil eines Dekolonisationsprozesses im Nahen Osten, der zu arabischer und jüdischer Unabhängigkeit führte. Die wiederholten Assoziationen, mit denen Israel als „koloniales Projekt“ gesehen wird, sind ahistorisch und falsch, leugnen die jahrtausendelange Beziehung der Juden mit dem Land Israel und ignorieren die Vorteile, die der Zionismus den Arabern im Prozess der Dekolonisation gebracht hat. Der britische Peel Commission Report vom 1937 war diesbezüglich deutlich. Tatsächlich war es die jüdische Rückkehr in das Land Israel, die der Ausprägung einer deutlichen und einmaligen palästinensischen Identität das wesentliche Moment verlieh.

· Durch die Gründung des Staates Israel wurde das jüdische Volk wieder zu einem geschichtlichen Akteur. Zu verdanken war dies den internationalen Institutionen, die die Berechtigung und Bedeutung des jüdischen Selbstbestimmungsrechts anerkannten. Diese Institutionen akzeptierten die Gültigkeit des Zionismus, der nationalen Befreiungsbewegung des jüdischen Volkes. Wer heute, sechzig Jahre nach Gründung des Staates Israel, dieses jüdische Recht auf Selbstbestimmung leugnet, betreibt eine neue Form von Antisemitismus.

Der iranische Verhandlungsstil: Taktiken und Hintergründe

Seit dem Beginn der Islamischen Revolution 1979 hat das iranische Regime jedes ihm zur Verfügung stehende Mittel angewandt, um Unfrieden in der Welt zu stiften. Die westlichen Regierungen haben Verschiedenes versucht, um dem iranischen Regime zu begegnen – sei es durch Beschwichtigung, Verhandlungen oder Sanktionen – doch die iranische Regierung konnte dadurch weder davon abgebracht werden, Terrorismus zu finanzieren, noch hat sie ihr illegales Atomprogramm gestoppt. Im Gegenteil, das iranische Regime wurde in den vergangenen 31 Jahren von der Unfähigkeit des Westens, der Agenda seiner Islamischen Revolution etwas entgegenzusetzen, nur ermutigt.

Die Zeit wird knapp für die internationale Gemeinschaft, den Iran am Erwerb atomarer Waffen zu hindern, die er zweifellos dazu verwenden wird, seine regionalen Nachbarn wie auch den Westen unter Druck zu setzen, wenn er sie nicht gar einsetzt. Wenn die internationale Gemeinschaft dies verhindern möchte, dann bedarf sie einer schnellen und gründlichen Neuausrichtung ihrer politischen Strategien. Dazu gehört eine Evaluation und Analyse des diplomatischen Scheiterns der letzten dreißig Jahre und die Einführung alternativer Strategien.

In dieser Analyse soll es nicht um eine klare Handlungsanleitung für den Umgang mit der atomaren Bedrohung durch den Iran gehen. Stattdessen bemüht sie sich darum, bestimmte Handlungsmuster des iranischen Regimes und auch der iranischen Kultur noch weit vor der Revolution aufzudecken. Sie möchte bestimmte kritische Aspekte dieser Kultur identifizieren, die von politischen Entscheidungsträgern des Westens jahrzehntelang ignoriert wurden. Ein Verständnis dieser Schlüsselzeichen sollte die politischen Strategien im Hinblick auf das iranische Regime leiten.

Viele dieser kulturellen Elemente passen sich nicht ein in das Wertesystem westlicher Diplomatie. Gelingt es jedoch nicht, die iranische Kultur besser zu verstehen, so wird sich der Westen bald übervorteilt und von einem Regime, das unter einem nuklearen Schutzschirm operiert, in die Enge gedrängt sehen.

Iraner haben einen ausgeprägten Sinn für Patriotismus, sowie ihre eigenständige kulturelle wie auch politische Identität. Im Gegensatz zu den meisten anderen islamischen Ländern der arabischen Welt kann der Iran auf eine kulturelle wie auch politische Existenz zurück blicken, die 2 500 Jahre umspannt – also älter ist als der Islam. Viele der kulturellen Konzepte des Iran, die in der klassischen islamischen Epoche bereits festgestellt wurden, finden sich bis zum heutigen Tag im Iran.

Im Folgenden findet sich eine Reihe dieser wichtigen Prinzipien und Aspekte der iranischen Kultur, die es zu verstehen gilt, möchte man sich mit dem gegenwärtigen Iran auseinandersetzen.

Verwandelt ein Abzug der IDF das Westjordanland in einen sicheren Hafen für Extremisten?

· Um eine realistische Aussicht auf Erfolg zu haben, bedarf jede aufständische Bewegung oder Terrorgruppe eines sicheren Hafens, von dem aus sie operieren kann. Israel hat in der Vergangenheit in Libanon und Gaza zu spüren bekommen, was es bedeutet, wenn man feindlichen Gruppen ein unmittelbar an die eigenen Grenzen anschließendes Territorium überlässt. Entsprechend birgt ein ähnlicher Schritt, den Palästinensern die Kontrolle des Westjordanlandes oder eines Teils Jerusalems zu überlassen, enorme Risiken.

· Nun könnte man einwenden, dass ein moderner High-Tech-Staat in der Lage wäre, feindliche Aktivitäten jenseits seiner Grenzen zu überwachen. Doch nachrichtendienstliche Datensammlung und Überwachung von tief eingebetteten, klandestinen und extremistischen Netzwerken, die aus hoher ziviler Bevölkerungsdichte heraus operieren, ist ein höchst schwieriges Unterfangen, so dass kein nationaler Geheimdienst zuversichtlich sein kann, erfolgreich gegen ein solches Ziel vorzugehen.

· Man hat vorgeschlagen, dass internationale Truppen, z.B. von der NATO, die IDF im Westjordanland ersetzen sollten, doch diese Idee wirft eine ganze Reihe schwerwiegender Fragen auf. Wer soll diese NATO-Truppen stellen und wie lange sollten sie stationiert bleiben? Einige Länder sind einfach nicht bereit, ihre Soldaten unnötigen Risiken auszusetzen.

· Und was würde mit jenen geschehen, die bereit wären, Teil einer solchen Truppe zu sein, wenn die Verhältnisse sich verschärfen sollten, was ganz unvermeidbar ist? Man erinnere sich an den Libanon, als eine Selbstmordanschlag 300 Soldaten tötete und zum Abzug der französischen und amerikanischen Friedenstruppen führte, oder an den Anschlag von al-Qaida in Madrid, der den Abzug der spanischen Truppen aus dem Irak bedingte. Wie sicher könnten wir sein, dass die Wählerschaft der an einer solchen Truppe beteiligten Nationen es ihrem Militär erlauben würde, unter dieser Art von Druck in der Westbank stationiert zu bleiben.

· Und auf welche Art und Weise könnte eine solche NATO-Mission dem lebenswichtigen Bemühen Israels, seine Bevölkerung zu schützen, in die Quere kommen? Durch eine scheiternde NATO-Mission und ein Westjordanland unter extremistischer Kontrolle, die im dortigen Sicherheitsvakuum gedeiht, würden gewalttätig dschihadistische Kräfte in der ganzen Welt erstarken.

Die israelische Blockade des Gaza-Streifens: Rechtliche Grundlagen

· Die Beziehungen zwischen Israel und der Hamas sind ihrem Wesen nach ein bewaffneter Konflikt. Da heutzutage dafür keine formale Kriegserklärung von Nöten ist, sind die Regeln bewaffneter Konflikte anwendbar. Diese geben Israel das Recht, den Schiffsverkehr nach Gaza zu kontrollieren, selbst wenn die Schiffe sich noch auf Hoher See befinden.

· Die Regeln des Seekrieges wurden nicht vollständig in internationalen Verträgen kodifiziert und folgen in ihrem Wesen dem verbindlichen Gewohnheitsrecht. Sie sind in den entsprechenden Handbüchern westlicher Armeen (insbesondere in denen der USA und Großbritannien) festgehalten sowie im San-Remo-Handbuch, das von einer Expertengruppe erstellt wurde.

· Um rechtmäßig zu sein, muss eine Blockade erklärt worden, in Kraft getreten und nicht-diskriminierend sein sowie die Zufuhr von humanitärer Hilfe an die Zivilbevölkerung gestatten. Das San-Remo-Handbuch von 1994 verlangt dafür jedoch zwei Bedingungen: Erstens darf der die Blockade durchsetzende Staat entscheiden, wo und durch welchen Hafen Hilfe die Küste erreichen darf. Und zweitens kann dieser Staat verlangen, dass eine neutrale Organisation an der Küste bestätigt, wer der Empfänger der Hilfsgüter ist, z.B. ob – wie im Fall von Gaza – die Güter Zivilisten oder der Hamas zu Gute kommen.

· Ein Schiff, das eindeutig beabsichtigt, die Blockade zu brechen, darf bereits auf Hoher See aufgebracht werden. Die Gaza-Flotille auf Hoher See 100 km vor Gaza aufzubringen war nicht illegal, da im Fall eines bewaffneten Konfliktes, Schiffe, die die Absicht haben, eine Blockade zu brechen, auch auf dem offenen Meer durchsucht werden dürfen.

· Israel hat rechtmäßig und in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht gehandelt, da es die erwähnten Bedingungen für eine rechtmäßige Blockade erfüllt hat. So hat Israel z.B. im Januar 2009 alle relevanten Behörden darüber informiert, dass es die Küste Gazas mit einer Blockade belegt.

Israel und die Idee einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten

· In den achtziger Jahren schlug Israel die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten vor. Die Umsetzung einer solchen Zone zu diskutieren hätte jedoch als Vorrausetzung ein gewisses Maß an Anerkennung und friedlichen Beziehungen zwischen allen Ländern des Nahen Ostens verlangt.

· Ägypten hat die Iran-Frage geschickt manipuliert, um seine langfristigen nuklearen Pläne gegenüber Israel voranzutreiben und daher eine thematische Verknüpfung zwischen Iran und Israel geschaffen. Die Ägypter hoffen so, dass die Amerikaner Israel in der Atomfrage unter Druck setzen, um sich die arabische Unterstützung im Umgang mit Iran zu sichern.

· Doch die Verknüpfung beider Fragen entbehrt der Grundlage. Irans Streben nach Atomwaffen wird von seiner regionalen Ambition, Hegemonialmacht des Nahen Ostens zu werden, motiviert. Der Iran würde auch dann zur Verwirklichung seiner Ziele nach Atomwaffen streben, wenn Israel gar nicht existieren würde.

· Der neue Generaldirektor der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), Yukiya Amano, hat an 151 Staaten geschrieben und sie gefragt, wie man eine IAEO-Resolution umsetzen könnte, die von Israel fordert, dem Atomwaffensperrvertrag (NVV) beizutreten. Dieser Brief diskriminiert Israel dahingehend höchst einseitig, als dass die anderen Staaten, die den NVV nicht unterzeichnet haben, gar nicht erwähnt werden, v.a. Pakistan und Indien.

· Israel hat gute Gründe, auf die Schwächen des Atomwaffensperrvertrages hinzuweisen sowie zu verlangen, dass es sich von den Atomdiskussionen fernhält bis irgendwann ein umfassender und zuverlässiger Frieden erreicht ist.

Die Gaza-Blockade: Legal und notwendig

Die anhaltenden Forderungen, Israel solle einer internationalen Untersuchung seiner Abfangaktion gegen eine von türkischen Schiffen angeführten Flotte nach Gaza zustimmen, suggerieren, dass Israel fundamental falsch gehandelt hätte. Der UN-Sicherheitsrat verabschiedete eine Präsidialerklärung, die den Rufen nach einer vollständigen Untersuchung der israelischen Militäroperation politisches Gewicht verleiht. Die hinter dem Bemühen stehenden Mitgliedstaaten versuchen dabei lediglich, das bürokratische System der UN in New York und in Genf auszunutzen, um Israel das Recht auf Selbstverteidigung streitig zu machen. In Genf bestimmte der UN-Menschenrechtsrat, der bereits mit dem unrühmlichen Goldstone-Bericht Israel und nicht die Hamas für die Zerstörungen des von ihr angezettelten Krieges 2008 verantwortlich machte, dass Israel mit dem Abfang der türkischen Flotte das Völkerrecht gebrochen habe und forderte im Anschluss eine Untersuchung, um seine Behauptung bestätigen zu lassen.

Operation Gegossenes Blei: Eine moralische Einschätzung

Nach acht Jahren ununterbrochener Raketenangriffe, eröffnete Israel am 27. Dezember 2008 eine militärische Operation gegen die Hamas in Gaza. Wie verhält es sich mit diesem Einmarsch aus moralischer wie ethischer Perspektive?

Wie bei jeder moralischen Einschätzung eines Krieges müssen wir zunächst das „Warum?“ von dem „Wie?“ unterscheiden. Die Theorie des „gerechten Krieges“ differenziert zwischen dem ius ad bellum und dem ius in bello – also zwischen der moralischen Rechtfertigung des Krieges und der moralischen Rechtfertigung des Verhaltens im Krieg. Die Entscheidung, Krieg zu führen oder eine Militäroperation zu beginnen, wird von der Regierung, also von Politikern getroffen. Die Umsetzung dieser Entscheidung im Feld, das „Wie?“, wird von der militärischen Führung bestimmt. Grundsätzlich kann die Regierung so nicht für das Verhalten der Soldaten beschuldigt werden und die Soldaten nicht für die Entscheidungen der politischen Klasse.

Wenn man nach dem „Warum?“ fragt, verweist man auf eine Reihe von Prinzipien der Tradition des „gerechten Krieges“. Das Erste ist das Recht auf „Selbstverteidigung“. Von außen betrachtet, also auf der Ebene der zwischenstaatlichen Beziehungen, hat ein Staat das Recht, sich gegen einen Angriff zu verteidigen. Von innen her gesehen, also aus der Perspektive der Beziehung zwischen einem Staat und seinen Bürgern, hat die Regierung die Pflicht, seine Bürger zu verteidigen. Ein Staat muss seine Bürger vor Gewalt schützen, um die eigenen Existenzbedingungen aufrecht zu erhalten, von denen an erster Stelle die Bewahrung des Lebens seiner Bürger steht. Ein demokratischer Staat ist daher in der Pflicht, das Leben seiner Bürger zu verteidigen. Folglich hat ein Staat ein Recht gegenüber seinen Feinden und eine Pflicht gegenüber seinen Bürgern. Damit wird das staatliche Recht auf Selbstverteidigung im Bezug auf das, was sich jenseits seiner Grenzen befindet, von der Pflicht zur Selbstverteidigung im Bezug auf das, was sich innerhalb seiner Grenzen befindet, unterschieden. Beides trifft auf den hier betrachteten Fall zu, da seit Anfang 2001 über 10 000 Kassam-Raketen und Mörser von Gaza auf Israel abgeschossen wurden und damit das Leben israelischer Bürger angegriffen und gefährdet wurde.

Das Zweite ist das Prinzip der ultima ratio, des letzten Mittels, das festlegt, dass, wenn der Streit ohne Rückgriff auf militärische Gewalt und Opfer gelöst werden kann, beide Seiten dazu verpflichtet sind. Mit anderen Worten, die Anwendung militärischer Gewalt ist nur dann gerechtfertigt, wenn alle anderen Alternativen erschöpft wurden. Auch hier befindet sich Israel vermutlich im Recht, denn anstatt die Offensive gleich nach dem ersten Einschlag einer Kassam-Rakete in Sderot zu starten, hat das Land acht Jahre gewartet und andere Lösungen, sowohl militärischer als auch politischer Natur, verfolgt. Israels langjähriger Verzicht auf irgendeine größere militärische Antwort angesichts dieser Aggression entspricht vermutlich dem Prinzip der ultima ratio.

Schließlich legt als drittes das Prinzip des Sieges fest, dass eine militärische Operation nur dann unternommen werden darf, wenn sie eine vernünftige Aussicht auf Erfolg hat. Derartige Operationen sollten nicht eingeleitet werden, wenn sie lediglich eine symbolische Geste der Tapferkeit darstellen. Ohne Aussicht auf Sieg ist die Anwendung militärischer Gewalt lediglich Blutvergießen. An dieser Stelle müssen wir jedoch zwischen klassischen Kriegen wie dem Zweiten Weltkrieg und dem Sechstagekrieg unterscheiden, bei denen der Sieg der Ausschaltung der militärischen Bedrohung gleichkam, und dem asymmetrischen Antiterrorkampf bzw. der Aufstandsbekämpfung gegen nichtstaatliche Akteure, in denen sich Israel terroristischen Milizen wie der Hisbollah oder der Hamas gegenüber sieht. Bei letzteren Konflikten bedeutet ein Sieg eine deutliche Verbesserung der Sicherheitslage durch die Beschädigung der militärischen Infrastruktur des Gegners und seiner Fähigkeit, Terror auszuüben. Auch in diesem Fall hat der israelische Einmarsch in Gaza im letzten Jahr das entsprechende Prinzip erfüllt.

Kein Platz für die Wahrheit: Wie die Goldstone-Kommission die Gefährdung palästinensischer Zivilisten durch die Hamas herunterspielt

Am 15. September 2009 veröffentlichte die UN-Untersuchungskommission, bekannt als Goldstone-Kommission, ihre Ergebnisse der Untersuchung der israelischen Operation in Gaza (27. Dezember 2008 – 18. Januar 2009), in denen Israel vorgeworfen wurde, sowohl das Humanitäre Völkerrecht wie auch die Genfer Konventionen gebrochen und Kriegsverbrechen begangen zu haben. In Reaktion veröffentlichte das israelische Außenministerium eine offizielle Stellungnahme, in der die Kommission der Befangenheit und Einseitigkeit beschuldigt wurde sowie der Blindheit gegenüber Tausenden von Raketenangriffen der Hamas auf israelische Zivilisten, welche eine Militäroperation zu einer absoluten militärischen Notwendigkeit gemacht hätten. „Das einseitige Mandat der Gaza-Untersuchungskommission und die ihr zu Grunde liegende Resolution gaben Anlass zu ernsthafter Sorge … Gleichzeitig ignoriert der Bericht vollständig die vorsätzliche Strategie der Hamas innerhalb und hinter der Zivilbevölkerung zu operieren und dichtbesiedelte Gebiete in Kampfzonen zu verwandeln“, hieß es im Ministerium. Handelte es sich bei dem Vorgehen der UN-Kommission um ein einseitiges gegen Israel gerichtetes Unterfangen oder war es tatsächlich so unvoreingenommen und objektiv wie der Kommissionsvorsitzende Richard Goldstone behauptet? Die von der Kommission aufgezeichneten und auf der UN-Webseite präsentierten palästinensischen Aussagen bezeugen die von der Kommission verwendeten Methoden und stellen die Absicht, der Wahrheit zu dienen, ernsthaft in Frage. Die Mitglieder der Kommission fragten die interviewten Palästinenser nicht nach den Aktivitäten der Hamas oder die anderer im Gazastreifen tätiger palästinensischer Terrororganisationen, die als Kriegsverbrechen klassifiziert werden könnten oder für unschuldige palästinensische Zivilisten potentiell gefährlich waren. Keine der von der Kommission entgegengenommenen Aussagen, die auf der UN-Webseite zu finden sind, erwähnen auch nur einen Fall, bei dem bewaffnete Palästinenser präsent waren oder entweder Raketen auf Israel abfeuerten oder IDF-Truppen, die im Gaza-Streifen operierten, beschossen. Es gab keine ernsthafte Erwägung von palästinensischen „Friendly-Fire“-Vorfällen, die bei den diszipliniertesten Armeen vorkommen, hier jedoch nicht adäquat als mögliche Erklärung für palästinensische Opfer untersucht wurden, so dass man nur mutmaßen kann, wie viele palästinensische Zivilisten durch palästinensischen Beschuss getötet oder verwundet wurden. Tatsächlich berichtet die Kommission von keinem signifikanten palästinensischen Widerstand in den ganzen drei Kriegswochen. Die Kommission hat die Zeugen nicht nachdrücklicher befragt, um mehr Informationen zu erlangen und sie auch nicht mit Berichten konfrontiert, die von palästinensischen Terrororganisationen herausgegeben wurden und die die Kämpfe auf eine Art und Weise beschreiben, die den palästinensischen Zeugen widersprechen. Sie untersuchten auch nicht angemessen die palästinensischen Einsatzregeln – bzw. den Mangel dieser Regeln. Und zudem verschwiegen die Zeugen der Kommission wesentliche Informationen darüber, ob sich bewaffnete Terroristen in ihrer Nähe befanden oder es dort zu Schusswechseln kam, was ihre Glaubwürdigkeit zweifelhaft macht. Im Folgenden werden die vier Kernaussagen analysiert, die Interpretationen der Kommission sowie andere palästinensische Quellen, die den der Kommission präsentierten Zeugenaussagen widersprechen.

Israelische „Apartheid“? – Ein verleumderischer Vorwurf

Wird eine Verleumdung publiziert stehen die davon Betroffenen – Individuen wie Gesellschaften – immer vor einem Dilemma. Ignoriert man sie, so läuft man Gefahr, dass es als Geständnis – oder zumindest als ein Teilgeständnis – interpretiert wird. Gleichzeitig überlässt man so der Lüge den Spielraum, sich ungehindert auszubreiten. Darauf zu reagieren bringt den Bezichtigten in die ärgerliche Position, seine Unschuld beweisen zu müssen und sich auf einen Dialog über den Sachverhalt einzulassen – einen Dialog, in dessen Wesen es liegen kann, dass die Verleumdung weiter um sich greift. Doch das Ausmaß, in dem versucht wird, Israel mit den scheußlichen Phänomenen Rassismus und Apartheid zu beschmutzen, hat ein Niveau erreicht, bei dem, wie ich finde, Israel reagieren muss, unabhängig von dem erwähnten Dilemma. Sich mit Völkerrecht befassende Blogs zu dem Thema vermehren sich und eine Organisation hat ein 300-Seiten-Traktat prominenter Anwälte publiziert, um zu „beweisen“, dass Israel Apartheid anwendet. Wenn es diesen Kritikern Israels in Analogie gelingt, die jüdische Bewegung zur Selbstbestimmung mit dem Apartheidsregime Südafrikas zu assoziieren, dann ist der Schaden dauerhaft und vielleicht sogar irreparabel. Die Analogisierung mit etwas Abscheulichem ist eine äußerst effektive Technik. So wird von der Realität eines Sachverhalts – in diesem Fall der jüdischen Selbstbestimmung und Israel – abgelenkt hin zu einem Regime, dass universell verabscheut wird.