Die Palästinensische Versöhnung – Übernimmt Hamas die PLO?

Ende Dezember 2011 wurden in Kairo die Grundlagen für einen historischen Wandel innerhalb der Palästinenserbewegung gelegt. Der Führer von PLO und Fatah und Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas ebnete den Weg für eine neue Partnerschaft mit der Hamas und dem Islamischen Dschihad für das Verwalten der Belange der Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen sowie ihre Repräsentation.

Dieses Abkommen zur Versöhnung und strategischen Partnerschaft kam auf einem Treffen zwischen Abbas und Hamas-Führer Khaled Mashaal am 22. Dezember in Kairo zustande. Zu seiner Umsetzung sind drei Schritte vorgesehen: 1. Eine umfassende nationale Versöhnung, 2. eine Reform der PLO sowie 3. eine Einigung über ein strat egisches Vorgehen in allen für die Palästinenser gravierenden Fragen. Der Pragmatismus der Hamas, der sich in ihrer Bereitschaft ausdrückt, die Autorität von Abbas als PA-Präsident und PLO-Chef anzuerkennen, deutet jedoch in keinster Weise auf einen strategischen Wandel in der Hamas-Politik oder eine Akzeptanz des PLO-Ansatzes hin – ganz sicher jedoch nicht im Hinblick auf die Interimsabkommen mit Israel und deren Ursprung im von Israel und Arafat im September 1993 unterzeichneten Schreiben zur wechselseitigen Anerkennung. Die PLO-Institutionen durch die offene Vordertür zu betreten ist für die Hamas das Trojanische Pferd, mit dem sie die oberste Stelle palästinensischer Autorität von innen erobern kann, einschließlich der internationalen Anerkennung und mehr. Die Hamas sieht darin den kürzesten und effizientesten Weg, um die Früchte des Islamischen Frühlings zu ernten, der den Konflikt zwischen Israel und den verschiedenen Regimen und Völkern des Nahen Ostens verschärft. Dies dürfte es der PA schwer machen, ohne breite innere wie arabische Unterstützung mit Israel zu verhandeln.
Aus israelischer Perspektive sind die nahöstlichen wie palästinensischen Entwicklungen bedenklich. Die Autonomiebehörde schmiedet eine strategische Allianz mit radikalen islamistischen Kräften, während der Westen zur gleichen Zeit ihrer Mutterorganisation – die Muslimbruderschaft – anerkennt und eine Politik verfolgt, die im Nahen Osten als Schwäche gesehen wird. Der Schachzug von Abbas garantiert seinem Regime Stabilität, doch dürfte er sich sehr wahrscheinlich als ein Absägen des Astes auf dem Abbas sitzt herausstellen, da er der Hamas ermöglicht, einen Brückenkopf zur Übernahme von PA- und PLO-Institutionen zu bauen. Dieses Szenario würde Israel nachhaltig vor große Herausforderung in der palästinensischen Frage stellen und trägt in sich ein hohes Potential für eine regionale Eskalation.