Der Status Quo und die Hintergründe der jüngsten Gewaltwelle in Jerusalem

Die Frage des Tempelbergs und seines aktuellen Status Quo ist in den vergangenen Monaten in den Mittelpunkt des religiös-politischen Diskurses in Israel gerückt. Dieser findet weder diplomatisch noch öffentlich im luftleerem Raum statt: seit dem 2. Juli 2014 kam es zu einem rapiden Anstieg an Gewalt in Jerusalem und die Zusammenstöße zwischen gewalttätigen palästinensischen Demonstranten und der israelischen Polizei haben sich verschärft.

Dabei ist der Tempelberg ein Brennpunkt der Gewalt, sowohl im wortwörtlichen als auch im ideologischen Sinn. Was dort geschieht, hat Konsequenzen für die Region. Seit den Tagen des Großmuftis von Jerusalem Haj Amin al-Husseini in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, v.a. aber seit der Zeit des Sechstagekrieges und der Vereinigung Jerusalems ist der Berg für viele Moslems jedoch weit mehr als ein Ort der Anbetung Gottes. Er ist zu einem panislamischen Symbol des nationalreligiösen Konfliktes zwischen dem Staat Israel auf der einen Seite und der islamischen Welt, den arabischen Staaten und den Palästinensern auf der anderen geworden. In den vergangenen Wochen konzentrierte sich daher die Politik auf die Frage des Status Quo auf dem Tempelberg, d.h. die Absprachen und Vereinbarungen, die Israel unmittelbar nach dem Sechstagekrieg von 1967 getroffen hatte. Die Vorsitzende des innenpolitischen Komitees der Knesset Miri Regev sowie Wohnungsbauminister Uri Ariel und andere Abgeordnete begannen, Unterstützung für die israelische Tempelberg-Bewegung auszudrücken, die den Status Quo ändern und Juden das Gebet auf dem Tempelberg gestatten möchte. Ziel dieses Artikels ist eine kurze Übersicht über den Status Quo des Tempelberges und die Umstände seines Zustandekommens sowie eine Einschätzung, ob diese Bedingungen noch gelten und für wie relevant sie heute zu erachten sind.