Verteidigungsfähige Grenzen auf den Golanhöhen
Für einen Großteil der Zeit seit dem Sechstagekrieg vom Juni 1967, als es die Golanhöhen von Syrien eroberte, hat Israel diese strategische Region als nördliche Verteidigungsfront betrachtet. Vor 1967 stellten die auf dem Golan stationierten syrischen Truppen und ihre Artillerie eine konstante Bedrohung der israelischen Farmen und Dörfer in Galiläa dar. In den darauffolgenden Jahren war Israel mit Hilfe der nun dort positionierten Israelischen Streitkräfte (IDF) im Besitz einer optimalen Verteidigungslinie, die es ermöglichen würde, mit einem zahlenmäßig unterlegenen stehendem Heer einen syrischen Bodenangriff zurückzuhalten, was Israel die nötige Zeit beschaffen würde, seine Reserven zu mobilisieren und jedwede Aggression zu neutralisieren.
Trotz dieser militärischen Erwägungen gab es seit den frühen neunziger Jahren sowohl direkte wie auch indirekte Kontakte zwischen Israel und Syrien, um die Möglichkeiten eines Friedensvertrages auszuloten. In den meisten Fällen führten diese Kontakte nicht zu ernsthaften und offenen Verhandlungen, die tatsächlich ein umfassendes Abkommen intendierten. Die einzige Ausnahme war ein 1999-2000 von dem damaligen israelischen Premierminister Ehud Barak initiierter Versuch. Die Verhandlungen erreichten damals ein Stadium, in dem bereits über die Details von Sicherheitsvereinbarungen diskutiert wurde, die Israel für den Verlust der Golanhöhen kompensieren sollten. Die Gespräche führten damals nicht zur Unterzeichnung eines Friedensvertrages, doch die Gründe für das Scheitern der Verhandlungen lagen nicht bei einem nennenswerten Gegensatz in der Sicherheitsfrage. In dieser Hinsicht hatten beide Parteien ein nahezu vollständiges Einvernehmen erreicht.
Vor diesem Hintergrund wurden 2008 die indirekten israelisch-syrischen Gespräche unter türkischer Vermittlung erneuert und von der Annahme geleitet, dass es eine militärische Lösung gäbe, die Israel für den Verlust des Golans kompensieren würde und die gleichzeitig für die Syrer akzeptabel wäre.
Aufgabe dieser Analyse ist es zu zeigen, dass Israel ohne die Golanhöhen nicht über eine glaubhafte Lösung der Sicherheitsfrage verfügt. Nicht nur war die „Lösung“ von 2000 bereits unrealistisch, sondern die Umstände haben sich mittlerweile derart verändert, dass eine Aufgabe der Golanhöhen durch Israel umso riskanter wäre.
Diese Analyse teilt sich in sieben Abschnitte:
· Geografie und Geschichte der Golanhöhen
· Ein Friedensvertrag mit Syrien – Wahrheit und Täuschung
· Israels aktuelles Sicherheitskonzept
· Die Bedeutung strategischer Tiefe
· Die 1999-2000 diskutierten Sicherheitsvereinbarungen
· Veränderte Rahmenbedingungen seit 2000
· Diplomatische und militärische Konsequenzen einer Rückzugs vom Golan