Irans strategische Verwundbarkeit: Schlussfolgerungen für eine politische Lösung des iranischen Atomprogramms

Trotz des nach Außen getragenen hohen Selbstbewusstseins ist das iranische Regime nach wie vor empfänglich für ernsten diplomatischen Druck und einschneidende Sanktionen unterstützt durch eine glaubhafte Androhung militärischer Gewalt. Zu den hervorstechendsten Schwachpunkten des Regimes gehören:

1. Ein innenpolitisches Bedürfnis nach einer Verbesserung der ökonomischen Bedingungen und eine äußerst sensibel auf Sanktionen reagierende Wirtschaft.
2. Ein authentisches Bedürfnis des Regimes, eine internationale Isolation ähnlich der Nordkoreas zu vermeiden. Es besteht kein Zweifel, dass der Iran die nordkoreanische Umsetzung der Peking-Beschlüsse sowie die internationalen Reaktionen gegenüber der Unnachgiebigkeit Nordkoreas aufmerksam beobachtet. Das Regime ist sich durchaus der permanenten Spannung zwischen dem Besitz nuklearer Waffen als Mittel regionalen Machterwerbs und als Ursache internationaler Isolation bewusst.
3. Irans eingeschränkte Möglichkeiten gegen Sanktionen. Zwar droht das Regime häufig, die „Öl-Waffe“ einzusetzen, doch gleichzeitig ist es sich der bewusst, dass ihr „Einsatz“ angesichts der völligen ökonomischen Abhängigkeit des Landes von Ölexport problematisch ist. Entsprechend setzt der Iran auch seine Drohungen, den Atomwaffensperrvertrag zu verlassen, trotz gelegentlicher Neuauflagen nicht um.

Irans neu gewonnene militärisch-nukleare Freiheit: Eine israelische Perspektive auf den amerikanischen “National Intelligence Estimate”-Bericht

Nach der US-geleiteten Invasion des Irak im März 2003 nahm die EU im Juli 2003 diplomatische Verhandlungen auf, um das iranische Atomprogramm zu verhindern. Am Ende desselben Jahres hatte Gaddafi in Folge des amerikanischen Sieges im Irak das militärische Atomprogramm Libyens gestoppt. Es war auf Grund dieser westlichen Aufmerksamkeit und des Irak-Krieges, dass Iran sein Atomprogramm in 2003 allgemeinanhielt. Der NIE-Bericht bestätigt, dass der iranische Stopp Resultat internationaler Nachforschungen und internationalen Druckes nach “Enthüllung der vorher nicht gemeldeten nuklearen Forschungsarbeit” sei.

Zusätzlich zu der Arbeit an einer Kernwaffe hat Iran ein entsprechendes Langstreckenraketensystem entwickelt. Die Shahab-3-Rakete vermag einen Sprengkopf von ungefähr 700 kg über eine Distanz von 1300-1500 Kilometern transportieren. Diese Raketen sind unter Kontrolle der iranischen Revolutionsgarden, welche dem obersten Führer Ali Khamenei unterstehen, nicht Präsident Ahmedinejad. Iranische Raketenübungen haben gezeigt, dass sie sowohl auf Tel Aviv als auch auf Riad ausgerichtet sind.

Im Paragraph C des amerikanischen NIE-Berichts wird der signifikante Fortschritt erwähnt, den Iran 2007 bei der Installation von Zentrifugen in Natanz gemacht hat. Von diesen Erkenntnissen ausgehend schätzt der militärische Geheimdienst Israels, dass Ende 2009 der frühestmögliche Zeitpunkt sein wird, an dem Iran in der Lage ist, genügend hoch angereichertes Uran für eine Waffe zu produzieren.

Meiner Ansicht nach ist eine Unterscheidung zwischen einem militärischen und einem zivilen Atomprogramm allenfalls arbiträr zu nennen. Die Anreicherung von Uran, wesentlich für sowohl zivile wie militärische Anwendung, geht weiter. Sobald genügend angereichertes Uran vorhanden ist, befindet sich der Iran drei bis sechs Monate vom Bau einer Atombombe entfernt, sollten er sich dafür entscheiden.

Der NIE-Bericht hat die internationale Unterstützung härterer Sanktionen gegen den Iran deutlich untergraben und die Türkei und andere moderate sunnitische Staaten in der Region in ihrem Bemühen um eine Koalition gegen den Iran geschwächt. Auf diese Weise ermöglicht der NIE-Bericht dem Iran ironischerweise, militärisch-nuklearen Ambitionen ungehindert nachzugehen.