Zum Schutz territorialer Kontinuität: E-1 und die Verbindung zwischen Jerusalem und Ma‘ale Adumim

 
Zum Schutz territorialer Kontinuität: E-1 und die Verbindung zwischen Jerusalem und Ma‘ale Adumim
 
Nadav Shragai
 
·          Das E-1-Gebiet ist Teil der israelischen Stadt Ma’ale Adumim und befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu Jerusalem. Um die 36 000 Einwohner der Stadt mit Jerusalem zu verbinden, wurde ein Bauvorhaben vorgelegt, das jeder israelischer Premierminister seit Yitzhak Rabin unterstützt hat. Das Gelände besteht aus weitestgehend unbewohntem Staatsland.
 
·          Ohne Zugriff auf das E-1-Gebiet wäre Israel in Sorge über den palästinensischen Bebauungsgürtel, der Jerusalem von Osten her einzuschließen droht, die Entwicklung der Stadt in östliche Richtung verhindert und Israels Kontrolle der Straße zwischen Jerusalem und Jericho einschränkt. Diese wesentliche Arterie ist von enormer strategischer Bedeutung für Israel, um im Kriegsfall Truppen und Ausrüstung nach Osten und Norden durch das Jordantal zu verlegen.
 
·          Im Gegensatz zu anderslautenden Behauptungen wird eine Fertigstellung der E-1-Baumaßnahmen das Westjordanlang nicht in zwei Teile teilen und die Kontinuität des palästinensischen Territoriums untergraben. Israel plant zudem eine neue Straße, die es dem palästinensischen Verkehr vom Süden her kommend ermöglichen würde, Ma’ale Adumim vom Osten her zu umfahren, und die eine Verbindung zu den Städten des nördlichen Westjordanlandes herstellen würde. Diese palästinensische Umgehungsstraße würde sogar die Zeit palästinensischer Fahrer reduzieren, da jene auf der Nord-Süd-Strecke keinerlei israelische Straßensperren passieren müssten.
 
·          Die größte Bedrohung für die zukünftige territoriale Kontinuität Israels stellt der illegale palästinensische Häuserbau in E-1 dar. Die israelischen und palästinensischen Baumaßnahmen sind den rechtlichen Vorkehrungen des Oslo-II-Interimsabkommens vom 28. September 1995 unterworfen. Im Gebiet von E-1, das nach Oslo-II zum C-Gebiet gehört, hat Israel das Recht zu Eingrenzung und Planung erhalten. Aus diesem Grund ist ein Großteil der jüngsten von palästinensischer Seite errichteten Häuser illegal. Im Gegensatz dazu untersagte keine der Bestimmungen der Osloer Abkommen Israel Siedlungsaktivitäten auf diesem Gebiet, auch wenn Israel sich in den vergangenen Jahren unilateral selbst Beschränkungen auferlegte.
 
·          Die israelischen Baumaßnahmen in E-1 werden den Zusammenhang des palästinensischen Territoriums nicht untergraben. Sollte Israel jedoch die Kontrolle von E-1 verlieren, dann wäre seine territoriale Kontinuität schwer kompromittiert.
 
 
Verbindung zwischen Ma’ale Adumim und Jerusalem
 
Das als E-1 (East 1) bezeichnete Gebiet befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft von Jerusalem und umfasst ungefähr 12 Quadratkilometer größtenteils unbewohntes und zumeist staatliches Land. Es liegt innerhalb der Gemeindegrenzen der israelischen Stadt Ma’ale Adumim. Das israelische Ministerium für Wohnungsbau hat ein Bauvorhaben für E-1 vorgelegt, um die 36 000 Einwohner der Stadt mit Jerusalem zu verbinden.
 
Jeder israelischer Premierminister seit Yitzhak Rabin hat den Plan unterstützt, ein zusammenhängendes urbanes Gebiet zwischen den beiden Städten zu schaffen. Herzstück des E-1-Programms ist der Bau von 3500 Wohnungen, einem kommerziellen Viertel sowie einer Hotel-Zone.
 
Der Plan ist zum Gegenstand einer erbitterten internationalen Kontroverse geworden, da die Palästinenser behaupten, dass dadurch die territoriale Kontinuität der Palästinensergebiete zwischen Norden und Süden des Westjordanlandes verhindert würde. Die Vereinigten Staaten haben diese palästinensische Sicht unterstützt und versuchen die israelischen Baumaßnahmen auf dem Gelände zu verhindern, solange kein endgültiges Friedensabkommen abgeschlossen wurde.
 
In der Regel wird dabei das israelische Interesse von der internationalen Gemeinschaft ignoriert. E-1 soll durch eine Verbindung zwischen Jerusalem und Ma’ale Adumim im Westen zum Blühen gebracht werden, sowie durch die Annäherung an das Tote Meer im Osten, als Teil eines Sicherheitsgürtels aus jüdischen Gemeinden rings um die Hauptstadt Israels. Ohne Zugriff auf das E-1-Gebiet wäre Israel in Sorge über den palästinensischen Bebauungsgürtel, der Jerusalem von Osten her einzuschließen droht, die Entwicklung der Stadt in östliche Richtung verhindert und Israels Kontrolle der Straße zwischen Jerusalem und Jericho einschränkt. Diese wesentliche Arterie ist von enormer strategischer Bedeutung für Israel, um im Kriegsfall Truppen und Ausrüstung nach Osten und Norden durch das Jordantal zu verlegen. Diese Straße gerät schon durch die unbeaufsichtigten palästinensischen Baumaßnahmen zusehends unter Druck.
 
Konsens über E1 in Israel
 
In Israel herrscht ein nahezu vollständiger Konsens über die Notwendigkeit, Ma’ale Adumim durch die Bebauung von E-1 mit Jerusalem zu verknüpfen. Doch aufgrund der amerikanischen Bedenken ist es bislang mit Ausnahme des Polizeihauptquartiers für das Westjordanland zu keiner weiteren Baumaßnahme gekommen.[1]
 
Der enorme Zeitraum, der seit der Genehmigung der ersten Stadien des Plans vor mehr als 13 Jahren vergangen ist, hat zu einer Erosion des Gebietes geführt, da wandernde Beduinenstämme und illegales Bauen von Seiten der Palästinenser das für Wohnungsbau zur Verfügung stehende Areal reduzieren. Diese Phänomene haben auch den Verbindungskorridor nach Jerusalem von zwei auf einen Kilometer in Breite verkleinert – eine Öffnung, die sich beständig verengt.
 
Im Gegensatz zu anderslautenden Behauptungen wird eine Fertigstellung der E-1-Baumaßnahmen das Westjordanland nicht in zwei Teile teilen und die Kontinuität des palästinensischen Territoriums untergraben. Israel plant zudem eine neue Straße, die es dem vom Süden her kommenden palästinensischen Verkehr ermöglichen würde, Ma’ale Adumim vom Osten zu umfahren, und die eine Verbindung zu den Städten des nördlichen Westjordanlandes herstellen würde. Diese palästinensische Umfahrungsstraße würde sogar die Zeit palästinensischer Fahrer reduzieren, da jene auf der Nord-Süd-Strecke keinerlei israelische Straßensperren passieren müssten und über eine mehrspurige Autobahn verfügen würden.
 
Ein lebensfähiges Jerusalem
 
Mit Blick auf eine Zementierung des Hauptstadtstatus Jerusalems haben mehrere israelische Regierungen in Folge eine Kette von Nachbarschaften und Satellitenstädten rund um die Stadt geplant und gebaut. Ma’ale Adumim liegt im Osten, Givat Ze’ev im Norden und Efrat im Siedlungsblock Gush Etzion im Süden. Alle wurden 1982 gebaut. Beitar im Südwesten Jerusalems wurde 1990 errichtet. Diese Satellitenstädte sind wiederum von zusätzlichen Gemeinden umgeben. Für Israel handelt es sich bei diesen Städten um einen Teil des Ballungsraums Jerusalem.[2] Alle israelischen Regierungen gingen davon aus, dass diese Siedlungen, ähnlich der anderen großen Siedlungsblöcke nahe der „Grünen Linie“ im Rahmen eines dauerhaften Friedensabkommens auf dem Gebiet israelischen Staates bleiben und ihm zugeschlagen werden.[3]
 
Am 14. April 2004 sandte der damalige amerikanische Präsident George W. Bush dem israelischen Premier Ariel Sharon ein Schreiben, in dem Bush ganz ähnlich erklärte, dass für jedwedes endgültige israelisch-palästinensische Abkommen, die seit dem Sechstagekrieg vor Ort geschaffenen demografischen Realitäten einbezogen werden müssten und man von Israel nicht erwarten könne, dass es sich vollständig aus allen Gebieten des Westjordanlandes zurückziehen werde.[4] Sharon sah in dem Bush-Brief einen Erfolg, den er der Entscheidung seiner Regierung verdankte, einen Rückzug aus dem Gaza-Streifen und dem nördlichen Westjordanland zu billigen.
 
Der Verlauf des Sicherheitszaunes im Westjordanland wurde auf Grundlage des Prinzips geplant, dass schließlich die wichtigsten Siedlungsblöcke Teil Israels werden. 220 000 der 290 000 Siedler leben in diesen Blöcken. Auch der Oberste Gerichtshof hat sich diesem Prinzip angeschlossen, dass Siedlungen westlich des Zaunes einbehalten werden. Der Sicherheitszaun verläuft bei Jerusalem so, dass das Gebiet auf der israelischen Seite liegen würde.[5]
 
Ma’ale Adumim[6]
 
Ma’ale Adumim wurde auf Grund einer Entscheidung der israelischen Regierung von 1977 errichtet. Die ersten Bewohner zogen 1982 ein. 1991 erhielt der Ort das Stadtrecht. Die gegenwärtigen 36 000 Einwohner dürften bald auf 50 000 wachsen, wenn das neue Viertel Nofei Sela fertiggestellt wird – schon jetzt ziehen die ersten dorthin.
 
Ma’ale Adumim liegt am Rande der judäischen Wüste ungefähr 7 Kilometer östlich von Jerusalem an der Strecke Jerusalem-Jericho und nahe an den Nordjerusalemer Vierteln Pisgat Ze’ev, French Hill und Ramat Eshkol. Die Stadt ist für ihre hohe Lebensqualität bekannt und seine gut entwickelten Bildungs-, Kultur- und Erholungseinrichtungen. Der städtische Entwicklungsplan sieht für 2020 eine Bevölkerung von 70 000 vor.
 
Der E-1-Plan
 
Unter der Regierung von Yitzhak Shamir unterzeichnete der damalige Verteidigungsminister Moshe Arens 1991 einen Erlass, dass ein Teil des aktuell als E-1 bezeichneten Gebietes der Lokalverwaltung von Ma’ale Adumim übertragen werden sollte.[7] Im Januar 1994 legte das Subkomitee für Siedlungen des Höheren Planungsstabs für das Westjordanland einen neuen Plan vor, der den städtischen Siedlungsplan für Ma’ale Adumim erweiterte und damit im Prinzip die Grundlage für den zukünftigen Bebauungsplan von E-1 auf einem Gebiet von 12 Quadratkilometer darstellte.[8] Premierminister Yitzhak Rabin wies Wohnungsbauminister Binyamin Ben Eliezer an, damit zu beginnen, vor Ort ein Viertel zu planen. Von da an wurden die Planungs- und Autorisierungprozesse beworben, aber aufgrund diplomatischer Zwänge nie vollendet.
 
Ein Großteil des Landes von E-1 ist wegen der topografischen Beschaffenheit (steile Hänge) nicht für Baumaßnahme geeignet. Daher soll ein großer Teil von E-1 als Naturpark gedacht. Auf der westlichen Seite ist Wohnungsbau geplant. Das von den Stadtoberen Ma’ale Adumims „Mevasseret Adumim“ genannte Viertel soll in drei Subsektionen 3 500 Wohnungen umfassen. E-1 soll das bereits fertiggestellte Hauptquartier für die Polizei des Distrikts Judäa und Samaria beherbergen sowie Areale für Tourismus, Hotels, Industrie und Kommerz.[9]
 
Die Grenzen des geplanten Gebiets stoßen an den Stadtrand von Jerusalem. Im Südwesten wird es durch den Highway 1 begrenzt sowie die Viertel Azariya, Abu Dis und das Lager des Beduinenstammes Dschahalin. Im Westen liegt Issawiya sowie die Viertel Anata und A-Zaim, im Norden Straße 437 im Gebiet des Hizma-Checkpoints.[10]
 
Die kommerziellen und industriellen Areale wären allen Einwohnern der Region Jerusalem zu Gute gekommen und hätten sowohl Israelis als auch Palästinensern Tausende von Erwerbsmöglichkeiten verschafft.[11] 
 
 
US-Politik
 
Aufgrund der amerikanischen Opposition dagegen sind sowohl der Wohnungsbau wie auch die anderen Pläne für E-1 verzögert worden. In einem Interview mit der Jerusalem Post bestätigte der damalige israelische Premier Ehud Olmert, dass Israel sich der Bush-Administration verpflichtet hätte, zwischen Ma’ale Adumim und Jerusalem nicht zu bauen: „Der Staat Israel hat den Baupläne auf Eis gelegt.“ Olmert betonte aber auch, dass dies nicht das Ende des Programms bedeutet.[12]
 
Die Vereinigten Staaten haben sich aus Prinzip, nicht aber aus rechtlichen Gründen gegen die Siedlungspolitik ausgesprochen, da jene das Resultat zukünftiger Verhandlungen vorweg nehmen würde. Um diese Politik umzusetzen hat Washington begonnen, zwischen verschiedenen Arten von Baumaßnahmen und ihrem Ort zu unterscheiden. So ruft z.B. die „Roadmap for Peace“ vom 30. April 2003 Israel dazu auf, „alle Siedlungsaktivitäten einzustellen (einschließlich allen natürlichen Wachstums von Siedlungen).“
 
Doch im September 2004 stellte der Stellvertretende US-Außenminister Richard L. Armitage klar: „Wenn es Siedlungen gibt, die bereits existieren und in die mehr Leute ziehen, ohne dass das Gebiet quasi physisch erweitert wird – das wäre etwas anderes.“[13] Mit anderen Worten, Armitage deutete an, dass ein Siedlungsstopp hieße, die territorialen Grenzen einer Siedlung nicht weiter auszudehnen, um mehr Leute aufzunehmen.
 
Da E-1 aber keine neue israelische Siedlung darstellt, sondern Teil von Ma’ale Adumim ist, stellt es einen Sonderfall dar: Es befindet sich außerhalb der Bebauung der Stadt, aber innerhalb seiner Stadtgrenzen.
 
Ma’ale Adumim und E-1
 
Während einer Diskussion in der Knesset erklärte der damalige Premierminister Yitzhak Rabin am 5. Oktober 1994: „Zu einem vereinten Jerusalem gehören sowohl Ma’ale Adumin wie auch Givat Ze’ev zur israelischen Hauptstadt unter israelischer Souveränität.“ Sechs Monate zuvor im April hatte Rabin dem Bürgermeister von Ma’ale Adumim Benny Kashriel die Eingemeindungsdokumente überreicht.[14] Am 13. März 1996 bestätigte Premierminister Shimon Peres die Position der Regierung, dass Israel im Rahmen eines dauerhaften Friedensabkommens fordern werden, die israelische Souveränität über Ma’ale Adumim zu erstrecken.[15]
 
Im April 2005 machte Premierminister Ariel Sharon klar, dass E-1 „ein Zehnjahresplan“ sei und die Absicht bestehe, „diesen fortzusetzen.“[16] Sein Verteidigungsminister Shaul Mofaz äußerte auf einer Besichtigungstour des E-1-Gebietes, dass er hinter dem Plan stünde, eine jüdische Kontinuität zwischen Jerusalem und Ma’ale Adumim zu schaffen.[17] Auf einer von der Stadtverwaltung Ma’ale Adumims herausgegebenen Informations-CD[18] finden sich die Aussagen hochrangiger Persönlichkeiten, die sich für die Stadt und E-1 aussprechen:
 
Ehud Barak: „Es ist zwingend notwendig, dass wir unsere Souveränität über den E-1-Korridor in die Praxis umsetzen. Ohne die Bereitschaft eine Verbindung zwischen dem Skopus-Berg und Ma’ale Adumim zu bauen, ist Ma’ale Adumim in Gefahr. Wenn wir nicht umgehend politisch handeln, indem wir Fakten schaffen, dann könnten wir vielleicht Ma’ale Adumim verlieren.“
 
Premierminister Benjamin Netanyahu: „Wir wollen eine territoriale Kontinuität für Großjerusalem von West nach Ost schaffen und die Palästinenser wollen diese verhindern, indem sie von Nord nach Süden bauen. … Sie wollen Jerusalem mit der einen Hand abwürgen und es mit der anderen Hand von Ma’ale Adumim trennen. Wir müssen dies verhindern und E-1 bebauen.“
 
Knessetsprecher Reuven Rivlin: „Der E-1-Plan ist ein Ziel, das wir nicht aufgeben werden. … Wäre Yitzhak Rabin noch am Leben, es hätte eine kompromisslose Anweisung dazu gegeben, E-1 durchzuführen.“
 
Selbst ältere Friedenspläne, die von einer Teilung Jerusalem sprachen, sahen eine Verbindung mit Ma’ale Adumim vor. Einem Verständigungsdokument zwischen Yossi Beilin und Mahmoud Abbas Mitte der Neunziger Jahre zufolge sollten zwar einige arabische Viertel Jerusalems einem zukünftigen Palästinenserstaat zugeschlagen werden, Israel dafür aber die jüdischen Gemeinden rings um Jerusalem annektieren dürfen – wie Ma’ale Adumim, Givat Ze’ev, Beitar und Efrat. Und nach einem Clinton-Vorschlag zur Teilung Jerusalems, der bei den Gesprächen zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde im Jahr 2000 in Camp David gemacht wurde, sollte Israel für eine Teilung der Stadt mit der Annexion Ma’ale Adumims entschädigt werden.
 
Eine ähnliche Formulierung kam auch von Außenministerin Tzipi Livni während einer Besichtigungstour des E-1-Gebiets mit dem Bürgermeister von Ma’ale Adumim Benny Kashriel im Mai 2008.[19] Wie auch immer, es ist schwer zu verstehen, wie in einem solchen Plan die Sicherheit Jerusalems gewährleistet werden könnte, wenn zusätzlichen arabischen Viertel in Ostjerusalem gestattet würde, eine Barriere zwischen der Hauptstadt und Ma’ale Adumim zu bilden, während die beiden Städte nur durch einen schmalen Korridor verbunden wären.[20]
 
Illegale Palästinensische Bauaktivitäten gegen israelische Kontinuität
 
Die größte Bedrohung für die zukünftige territoriale Kontinuität Israels stellt der illegale palästinensische Häuserbau in E-1 dar. Die israelischen und palästinensischen Baumaßnahmen sind den rechtlichen Vorkehrungen des Oslo-II-Interimsabkommens vom 28. September 1995 unterworfen. Oslo-II teilte das Westjordanland in drei rechtlich geschiedene Zonen ein: Gebiete A, B und C. Im C-Gebiet hatte Israel nach Oslo-II das Recht zur Eingrenzung und Planung erhalten. (Annex III, Protokoll für zivilrechtliche Angelegenheiten, Artikel 27). E-1 liegt auf dem C-Gebiet und ein Großteil der jüngst von palästinensischer Seite errichteten Häuser wurde ohne israelische Billigung errichtet und ist daher illegal. Im Gegensatz dazu untersagte keine der Bestimmungen der Osloer Abkommen Israel Siedlungsaktivitäten auf diesem Gebiet, die Gegenstand zukünftiger Verhandlung über einen dauerhaften Status sein sollte. Auch ohne einen israelischen Siedlungsstopp wurde das Interimsabkommen, das sich auf das Westjordanland bezieht, von Yasser Arafat unterzeichnet.
 
Bislang hat Israel außer der Polizeistation und einer Reihe von Straßen nichts auf E-1 gebaut. Dagegen ist der sich ausbreitende illegale Häuserbau der Palästinenser erkennbar, v.a. aus der Richtung von A-Zaim. Drei Areale illegaler Baumaßnahmen dicht an E-1 verkleinern das Gebiet zusehends.[21]
 
So wurden aus der Richtung A-Zaim zwischen 2002 und 2007 21 sechs- und mehrstöckige Wohnhäuser errichtet sowie 48 ein- oder zweitstöckige. Diese Häuser wurde ohne Genehmigung auf staatlichen und privaten Grundstücken errichtet und beschädigen so den Korridor zwischen Ma’ale Adumim und Jerusalem.
 
Obschon dies auf C-Gebiet geschieht, haben die israelischen Behörden nicht eingegriffen und ihr Kontrollvermögen durchgesetzt. Aus den Reihen der Sicherheitsbehörden wird davor gewarnt, dass es in Zukunft unmöglich sein wird, den E-1-Plan umzusetzen, wenn Israel nicht nachhaltig Maßnahmen ergreift, die diese palästinensische Landübernahme verhindern. Besonders betroffen davon sind die industriellen und kommerziellen Areale nahe Anata. Sicherheitsbeamte schätzen, dass ein Teil der beduinischen Migration nach E-1 Resultat ihrer Sorge sei, auf der falschen Seite des Sicherheitszauns zu landen.
 
Palästinensische Aktivitäten zur Verhinderung von E-1
 
Die Palästinenser machen keinen Hehl aus ihrem Anliegen, die israelische Bebauung von E-1 zu verhindern. Von Faisal Husseini, dem 2001 verstorbene Palästinenserführer, stammt die Aussage, dass ungenehmigte Baumaßnahmen im Gebiet von Jerusalem eine der Waffen sei, mit der die Palästinenser gegen Israel kämpfen könnten.[22] Mohammed Nahal, ein Experte für Stadtplanung im „Institut für Arabienstudien“, das im Orient-House angesiedelt war, entwarf 1993 einen Plan, drei arabische Städte rund um Jerusalem zu errichten, um die nach 1967 errichteten jüdischen Viertel einzukreisen.[23] Aus israelischer Perspektive ist E-1 das einzige Hindernis für die Verwirklichung der in Nahals Programm implizierten Ziele.
 
Es gibt also vor Ort ein deutliches palästinensisches Bestreben, die arabischen Viertel Ostjerusalems mit den benachbarten Vierteln und Städten des Westjordanlandes zu verbinden. Während der Regierung Ehud Baraks stellten die Palästinenser den formellen Antrag, die Region E-1 in eine B-Gebiet zu verwandeln, wo sie die volle zivilrechtliche Kontrolle hätten, doch Barak lehnte ab.[24]
 
Möglicher Ausgang des Konfliktes
 
Zusammenhängende israelische Baumaßnahmen zwischen Jerusalem und Ma’ale Adumim würden angeblich eine Barriere zwischen den palästinensischen Gebiete südlich und nördlich von Jerusalem errichten. Würde hingegen das Gebiet von E-1 in palästinensische Hände gelangen bzw. würden die palästinensischen Baumaßnahmen sich verstärken, dann wäre Ma’ale Adumim von Jerusalem getrennt und die israelische Hauptstadt befände sich einmal mehr am Ende eines Korridors ohne zweiten Ausgang und wäre wieder in wirtschaftlicher, planungsmäßiger und sicherheitspolitischer Hinsicht die Frontstadt, die sie vor 1967 war.[25] Die Bebauung von E-1 schafft einen Unterschied zwischen einer territorialen Ost-West-Kontinuität Israels und einer palästinensischen Nord-Süd-Kontinuität, während E-1 nicht zu bebauen aus israelischer Sicht die Sache zu Gunsten der palästinensischen Kontinuität entscheidet – auf israelische Kosten.
 
Die palästinensische Verbindungsstraße
 
Am 24. Oktober 2007 gab Israel 110 Hektar frei zum Bau einer „Fläche des Lebens“-Straße für die Palästinenser.[26] Ein Großteil des Landes war zuvor im staatlichen Besitz und nur 22 Hektor privat. Die Straße beabsichtigte eine kontinuierliche Trasse zwischen Ramallah im Norden von Jerusalem und Bethlehem im Süden zu schaffen.
 
Ein Teil der Strecke in der Gegend von Hizma, östlich an Anata vorbei und nach Süden zum A-Zaim-Checkpoint ist bereits fertiggestellt. Die israelische Investition in den Bau betrug nahezu 300 Mio. NIS. Die palästinensische Straße führt in einem Tunnel unter der Straße zwischen Jerusalem und Ma’ale Adumim hindurch. Auf diese Weise verfügen die Palästinenser über einer kontinuierliche Verbindung zwischen Nord und Süd, ohne dass die Strecke zwischen Ma’ale Adumim und Jerusalem unterbrochen werden muss. Allerdings wurde der letzte Abschnitt aus Finanzgründen bislang noch nicht fertiggestellt.
 
Schlussfolgerungen
 
Die Realisierung des E-1-Vorhabens ist für Israel von entschiedener Bedeutung. Eine Verzögerung des Planes gefährdet seine schlussendliche Umsetzung aufgrund der illegalen palästinensischen Baumaßnahmen in dem Gebiet und der Errichtung von Beduinen-Lagern. Ein Scheitern des Vorhabens führt mit ziemlicher Sicherheit zu einer palästinensischen Kontinuität östlich von Jerusalem, wodurch es von Ma’ale Adumim abgeschnitten wird und wieder den Status einer außenliegenden Frontstadt bekommt.
 
Es liegt an Israel, der amerikanischen Regierung zu erklären, dass die Bebauungspläne für E-1 von entscheidender Bedeutung sind und dass es mit Verweis auf das Schreiben Bush an Sharon von 2004 darauf besteht, sie ohne Bezug auf ein Endstatusabkommen durchzuführen.
 
Ende der neunziger Jahre kam es bereits zu einer ähnlichen Situation bei der Errichtung eines jüdischen Viertels in Har Homa, innerhalb der Stadtgrenzen von Jerusalem. Israel bestand damals darauf, das Programm durchzuführen, da nach israelischer Meinung ein Mangel an israelischen Baumaßnahmen früher oder später zu palästinensischem Häuserbau führen würde, der einen Keil zwischen die jüdischen Viertel Gilo und Armon Hanetziv getrieben hätte. Israel baute das Har Homa Viertel schließlich trotz amerikanischer Opposition und am Ende fand sich die US-Regierung damit ab, auch wenn sie es nicht billigte.
 
Wenn der palästinensische Staat errichtet werden sollte, dann wird eine Verbindung zwischen den nördlichen und südlichen Teilen des Westjordanlands durch die Fertigstellung der geplanten Verbindungsstraße gewährleistet. Die israelischen Baumaßnahmen in E-1 werden den Zusammenhang des palästinensischen Territoriums nicht untergraben. Sollte Israel jedoch die Kontrolle von E-1 verlieren, dann wäre seine territoriale Kontinuität durch die illegalen palästinensischen Bauaktivitäten schwer kompromittiert.
 
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[1] Die Vereinigten Staaten äußerten ihre Opposition häufiger, so z.B. durch US-Außenministerin Condoleeza Rice, „Sharon: We Will Continue with the Plan to Link Jerusalem to Maale Adumim,“ Ha’aretz, 5. April 2005.
[2] Für mehr Details zu dem Konzept siehe Bericht „Jerusalem, a Master and Development Plan“ vorgelegt den Ministerien für Inneres und Wohnungsbau, der Israelischen Landentwicklungsbehörde und der Stadtverwaltung Jerusalems, 1994. Das Expertenteam wurde geleitet von Shmarya Cohen und Adam Mazor in Zusammenarbeit mit dem Jerusalem Institute for Israel Studies. Siehe auch: Nadav Shragai, Jerusalem: The Dangers of Partition, Jerusalem Center for Public Affairs, 2008.
[3] Die zweite Regierung Rabin und die erste Regierung Netanyahu billigten ebenfalls Entscheidungen zur Schaffung einer gemeinsamen übergeordneten Stadtverwaltung für die ganze Region, auch wenn diese Entscheidungen nie in die Praxis umgesetzt wurden, sowohl aufgrund des amerikanischen Druckes als auch wegen interner Opposition im Streit um Prärogativen.
[4] „The Bush Letter: Israel Will Not Return to the Green Line. The Refugees Will Not Return to Israel,“ Ha’aretz, 15. April 2004
[5] Siehe die Karten auf der Webseite der „Fence Administration“. Dies wurde auch aus Gesprächen mit einem Mitglied der Fence Administration.
[6] Das Hintergrundmaterial über Ma’ale Adumim ist der Veröffentlichung der Stadtverwaltung entnommen: “An Urban Profile,” November 2006, sowie einer weiteren ihrer Publikationen vom Juni 2007.
[7] Ordinances Regarding Local Councils (Exchange of Maps) (Maale Adumim). Zitiert in: Samuel Berkowitz, The War of the Holy Places, Jerusalem Institute for Israel Studies and Hed Artzi, 2000, p. 172.
[8] Berkowitz.
[9] Unterlagen bezüglich des Planes wurden dem Autor freundlicherweise vom Bürgermeister von Ma’ale Adumim Benny Kashriel zur Verfügung gestellt.
[10] Karte des Plans
[11] Ibid.
[12] Am 8. Mai 2008, dem israelischen Unabhängigkeitstag ließ der Bürgermeister von Ma’ale Adumim Benny Kashriel für ein paar Tage sein Büro nach E-1 (Mevassert Adumim) verlegen, um gegen das Einfrieren der Bauvorhaben für E-1 zu protestieren.
[13] Steven J. Rosen, „Obama and a Settlements Freeze,“ Middle East Forum, 28. Januar 2009.
[14] Hagai Huberman, „The Battle over Mevasseret Adumim,“ Makor Rishon, 14. Dezember 2007.
[15] Protokoll eines Treffens zwischen Shimon Peres und Benny Kashriel am 24. Januar 1996.
[16] Nathan Gutman, „Sharon: We Will Continue the Plan to Link Maale Adumim to Jerusalem,“ Ha’aretz, 5. April 2005.
[17] Nadav Shragai, „Mofaz: Settlement Contiguity between Jerusalem and Maale Adumim,“ Ha’aretz, 3. März 2003.
[18] Der Titel der CD lautet „Vorsicht! Sie wollen es abwürgen“
[19] Nadav Shragai, “Livni Tours the E-1 Area,” Ha’aretz, 2. Mai 2008.
[20] Für weitere Details, die einer Teilung Jerusalems innewohnen siehe Nadav Shragai, Jerusalem: The Dangers of Partition
[21] Auf Basis inoffizieller Daten der Zivilverwaltung und anderer Parteien.
[22] Husseini sagte damals: „Das Wichtigste, was die Palästinenser gegenwärtig tun können, ist ohne Genehmigung zu bauen.“ Siehe Nadav Shragai, „True Islam Is Not the Problem But the Solution,“ in: Moshe Amirav, ed., Mr. Prime Minister-Jerusalem, Carmel-Floersheimer Publishers, 2005.  
[23] Aus einem Artikel des Lokalblattes Yerushalayim, der zum damaligen Zeitpunkt erschien. Siehe auch Huberman, op. Cit.
[24] Huberman.
[25] Für die Gefahr einer Rückkehr Jerusalems zum Status einer außen liegenden Frontstadt siehe Nadav Shragai, Jerusalem: The Dangers of Partition, pp. 51-52.
[26] Akiva Eldar, „Israel Expropriated Lands,“ Ha’aretz, 9. Oktober 2007.