Teilung Jerusalems bleibt Illusion

Teilung Jerusalems bleibt Illusion

Nadav Sharagai


Einleitung

Diese Studie hat die Zukunft Jerusalems zum Gegenstand. Die vor sieben Jahren erschienene Erstausgabe trug den Titel: "Die Gefahr einer Teilung der Stadt". Im Zuge einer neuen Welle extremistischer Gewalt von Seiten der Palästinenser, die sich auf Jerusalem konzentrierte, wurde die Studie 2015 umfassend erweitert und die Daten, Fakten, Analysen und Schlussfolgerungen auf den neuesten Stand gebracht. Die von manchen als "Jerusalem Intifada" bezeichnete Gewaltwelle ereignete sich vorwiegend an den Nahtstellen zwischen jüdischen und arabischen Vierteln, in gemischten Wohngebieten und auf dem Gelände des Tempelbergs, der zum wiederholten Mal zum Brennpunkt von Aufstachelung und Verleumdung wurde. (1) Sie begann am 2. Juli 2014 und verzeichnet inzwischen tausende Vorfälle von Unruhestiftung und Angriffen auf Juden in der Stadt, mit einem Höhepunkt beim Massaker der Besucher einer Synagoge im Viertel Har Nof. Zahlreiche Israelis wurden ermordet und verwundet. Viele palästinensische Terroristen wurden bei den Angriffen getötet. Jüdische Terroristen entführten in Reaktion auf Kidnapping und Ermordung von drei jüdischen Teenagern in Gush Etzion den arabischen Jugendlichen Muhammad Abu Khdeir aus Shuafat und ermordeten ihn, wurden aber gefasst und stehen vor Gericht.

Die Rolle Jerusalems in diesem Konflikt hat die Diskussion um den Status der im Ostteil der Stadt lebenden Araber und die Zukunft der vereinten Stadt wieder angefacht. Dabei ist gerade von linken Bewegungen wie Ir Amim und Peace Now die Forderung erhoben worden, eine Teilung der Stadt zu einem politischen Ziel zu erheben. Hinter den Kulissen beschäftigen sich Forschungsinstitute und politische Akteure beständig mit dem Thema.

Tatsächlich wurden in der Vergangenheit zweimal Verhandlungen über eine mögliche Teilung der Stadt geführt. (2) Das erste Mal geschah im Dezember 2000 als Teil des vom Camp David Gipfel initiierten Prozesses, als der amerikanische Präsident Bill Clinton einen Vorschlag zur Teilung unterbreitete. Das zweite Mal ergab sich Ende 2007 im Zuge der Annapolis-Konferenz, als der damalige israelische Premierminister Ehud Olmert und der Vorsitzende der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas einen Vorschlag zur Lösung der Jerusalemfrage diskutierten. Einige Monate nach der Konferenz legte Olmert Abbas eine Karte vor, in der die Teilung der Stadt skizziert war.

In beiden Fällen ergab sich eine grundsätzliche Übereinstimmung über die Teilung der Souveränität in Ostjerusalem auf demographischer Grundlage – jüdische Viertel sollten unter israelischer Souveränität stehen, die arabischen unter palästinensischer. In beiden Fällen wurde jedoch durch den weitreichenden Widerstand von Seite der Palästinenser und der Israelis gegen eine solche Trennung kein Abkommen unterzeichnet, zumal es keine Verständigung über einige Fragen hinsichtlich Jerusalems gab.

Während der Regierungen Ariel Sharons und Benjamin Netanyahus wurden Gespräche über eine Teilung der Stadt eingefroren. Premierminister Netanyahu ließ erklären, dass ein "vereinigtes Jerusalem die Hauptstadt Israels" sei. "Dies war es immer und es wird immer unser sein und niemals geteilt und zerstückelt." (3) Im Januar 2014 stellte Netanyahu weiter fest, dass er die Verweise auf Jerusalem im damals vom amerikanischen Außenminister John Kerry erarbeiteten Rahmenabkommen nicht akzeptieren werde. (4)

Verschiedentlich wurde von Seiten hochrangiger israelischer Politiker – so von der ehemaligen Justizministerin Tzipi Livni, verantwortlich für die Verhandlungen mit den Palästinensern in der letzten Regierung Netanyahu, dem Vorsitzenden der Arbeitspartei Isaac Herzog sowie die ehemaligen Außenminister Avigdor Lieberman – die Teilung Jerusalems ins Spiel gebracht oder zumindest nicht ausgeschlossen. (5)

Obwohl seit Jahren die überwiegende Mehrheit der israelischen Öffentlichkeit die Teilung Jerusalems ablehnt, verweisen die Unterstützer eines solchen Schrittes auf zwei wesentliche Argumente – Demographie und Sicherheit. Im ersten Argument geht es darum, die jüdische Mehrheit in der Stadt zu gewährleisten, wozu die arabischen Viertel und seine Bewohner abgezogen werden müssten. Eine Trennung wird als unvermeidlich dargestellt, angesichts der schrumpfenden jüdischen Mehrheit und der Möglichkeit, dass dieser Trend sich verschärft. Das Sicherheitsargument wird vor dem Hintergrund der Gewalt- und Terrorwellen geführt, die regelmäßig von Seiten der Ostjerusalemer Araber aufflammen. Eine Trennung der Bevölkerung durch eine Teilung der Stadt würde zu einer Verbesserung der Sicherheit für die jüdische Bevölkerung führen.

In dieser Studie sollen beide Argumente diskutiert und widerlegt werden. Die Teilung der Stadt und das Ausgliedern der arabischen Viertel würde in der Tat die Sicherheitsprobleme nur verschärfen und die anhaltende, hoch entwickelte und kooperative Arbeit der Sicherheitskräfte und Nachrichtendienste im Kampf gegen den islamistischen Terror lähmen. Eine Teilung der Stadt würde auch die jüdische Mehrheit Jerusalems gefährden. Zwar besteht das ins Feld geführte demographische Problem tatsächlich, doch ich werde eine Reihe von Vorschlägen unterbreiten, wie man dem begegnen kann, ohne die Stadt zu teilen. Dabei gilt es, sich auf den Kern des Problems zu konzentrieren – den Wegzug von hohen Zahlen jüdischer Israelis aus der Stadt (18,000 pro Jahr). Diesem Phänomen muss begegnet werden, indem man das Migrationsdefizit ausgleicht oder gar in einen Überschuss verwandelt. Für politische Entscheidungsträger bietet diese Studie also wesentliche Argumente, um dieses Ziel zu erreichen.

Wesentliche Ergebnisse und Empfehlungen:

Demographie

1. Ein Teil der arabischen Viertel wurden bereits 2005 faktisch aus der Stadt ausgegliedert, als am nördlichen Rand der Stadt die Sicherheitsbarriere gebaut wurde. Aus Angst jenseits der Stadtgrenzen zu leben und ihren Status sowie ihre Vergünstigungen zu verlieren, entschieden sich damals zehntausende palästinensische Bewohner auf die israelische Seit zu ziehen.

2. Würde man dieses Barriere nun weiter nach Westen, Süden und Norden in Richtung jüdischer Viertel verschieben, dann dürfte es Israel schwer fallen, eine ähnliche Migrationswelle auf seine Gebiete zu verhindern. Auf diese Weise würden die Befürworter einer Teilung sogar noch verlieren, da diese Migration sich direkt in die jüdische Viertel vollziehen würde, und nicht nur in die arabischen Viertel auf israelischem Gebiet.

3. Jerusalem wurde bereits einmal geteilt – als der Staat Israel gegründet wurde. In Konsequenz wurden viele seiner Viertel zu Grenzregionen. Ein Viertel der jüdischen Bevölkerung verließ die Stadt. Eine Analyse der Fakten und aktuellen Trends sowohl auf jüdischer als auch arabischer Seite zeigt, dass dieses Phänomen sich im Falle einer erneuten Teilung wiederholen würde. Eine große Zahl Juden würde die Stadt verlassen.

4. Es ist also davon auszugehen, dass eine Teilung zehntausende Araber dazu motivieren würde, in die Stadt zu ziehen, zehntausende Juden sie aber verlassen würden.

5. Der wesentliche Grund für den aktuellen demographischen Nachteil der jüdischen Bevölkerung ist das negative Migrationsverhältnis. Jedes Jahr verlassen ca. 18,000 Juden die Stadt und nur 10,000 neue ziehen zu. Auf diese Weise hat Jerusalem in den letzten 22 Jahren 370,000 Juden verloren.

6. Im Hinblick auf die Geburtenrate hat allerdings die jüdischen
Seite in den vergangenen Jahren die arabische überflügelt und damit einen Trend umgekehrt. Dieser ist jedoch zu schwach, um ein erneutes Wachstum der jüdischen Bevölkerungsmehrheit zu gewährleisten, wenn man nicht zusätzlich Wohnmöglichkeiten schafft.

7. Der wesentlichste Grund, weshalb so viele Juden die Stadt verlassen ist der wachsende Wohnungsmangel zuzüglich der hohen Preise für den verbleibenden Wohnraum. In den letzten zehn Jahren wurden pro Jahr 2,000 neue Wohnungen in Jerusalem gebaut, während die jährliche Nachfrage doppelt so hoch ist. Der Wohnraummangel ist das Resultat politischen Drucks von verschiedenen Seiten, u.a. der ökologischen.

8. Eine Vielzahl von Regierungsbeschlüssen, die Jerusalem hätten stärken und neue Einwohner anziehen sollen, blieben bloße Vorhaben oder wurden nur unzureichend umgesetzt. Dazu gehören finanzielle Vorzüge und Anreize, um das Leben in Jerusalem attraktiver zu gestalten und Unternehmen in der Stadt lukrativer.

9. Der Abwanderungsprozess aus der Stadt kann nur gestoppt werden, wenn der Wohnungsbau erhöht wird und zahlreiche Regierungsentscheidungen zur Schaffung von Anreizen für die Bevölkerung umgesetzt werden.

10. Zudem ergeben sich weitere Möglichkeiten, die konstante Ausdünnung der jüdischen Mehrheit (aktuell nur noch 62 Prozent und demographischen Hochrechnungen zufolge weiter abnehmend) zu verhindern oder gar umzukehren:

a. So könnte mit dem von der Regierung geplanten Bau einer Vorstadtsiedlung Jerusalem faktisch 120,000 jüdische Einwohner hinzugewinnen.

b. Durch die Schaffung einer separaten Lokalbehörde unter israelischer Souveränität könnten die arabischen Viertel in Nordjerusalem, die außerhalb der Sicherheitsbarriere und damit faktisch außerhalb Jerusalems sind, zehntausende Araber administrativ von der Stadtbevölkerung abgezogen werden, ohne dass sie ihren Status als Bewohner Israels verlieren oder die israelische Souveränität kompromittiert würde. Die Belastung der Stadtverwaltung würde dadurch abnehmen und die wirtschaftlichen Vorteile für die Bewohner würden steigen.

c. Ebenso könnte man durch die Erleichterung der Bedingungen für eine Beibehaltung des Residenzstatus, den die Ostjerusalemer Araber gegenwärtig genießen, auch wenn sie nicht mehr in Jerusalem wohnen, Anreize schaffen, dass Araber, die außerhalb der Stadt wohnen, nicht aus Angst vor Statusverlust in die Stadt ziehen.

Sicherheit

1. Selbst nach einer Teilung der Stadt würden immer noch zahlreiche Palästinenser verbleiben, die hochgradig motiviert wären, Terroranschläge auf die jüdischen Viertel eines geteilten Jerusalems zu verüben. Nach einer solchen Teilung wären die jüdischen Ziele per se konkreter und durch zahlreiche verbleibende Anschlagsmöglichkeiten zugänglich. Gleichzeitig wäre es schwerer, Beschuss und Terror zu verhindern. Die Möglichkeiten der Palästinenser, sich Waffen und Munition zu beschaffen, würde zunehmen.

2. Die Teilung würde hunderttausende Juden entlang der Grenze der sehr realen Gefahr des Beschusses mit leichten Waffen und Maschinengewehren preisgeben, denn nur dutzende oder ein paar hundert Meter trennen die arabischen von den jüdischen Vierteln. In der Vergangenheit feuerten Palästinenser aus ähnlichen Abständen von Beit Jalla und Bethlehem auf Gilo.  Eine Trennlinie von ca. 46 Kilometern würde die jüdische Bevölkerung auf einer weit größeren Angriffsfläche für derartige Angriffe viel verwundbarer machen.

3. Eine Teilung würde die Jerusalemer Viertel zudem dem Feuer von Mörser und Raketen ausliefern, die die Palästinenser bereits jetzt versuchen, in das Westjordanland hineinzuschmuggeln, während gleichzeitig daran gearbeitet wird, diese Waffen vor Ort herzustellen. Die dahingehend aktivste Organisation ist die Hamas.

4. Die Annahme, dass selbst nach einer Teilung viele Palästinenser motiviert blieben, Angriffe auf Jerusalem durchzuführen, basiert auf folgenden Untersuchungsergebnissen.

a. Die Mehrzahl der Palästinenser im Westjordanland haben im Laufe der vergangenen Jahre in wiederholten Umfragen bekannt, dass sie Terroranschläge in Jerusalem unterstützen würden und nicht bereit sind, das "Rückkehrrecht" oder einen Stufenplan zur Rückgewinnung Jerusalems aufzugeben. Die Vertreter der Autonomiebehörde haben eine Liste mit "arabischen Eigentum in Westjerusalem" zusammengestellt (7,000 Objekte), die sie den Palästinensern zurückerstatten wollen.

b. In den vergangenen Jahren hat der Einfluss der PA und der Fatah in Jerusalem abgenommen, während der der Hamas und der Hizb ut-Tahrir gewachsen ist, die jeglichen Kompromiss in der Stadtfrage ablehnen.

c. Vor nicht allzu langer Zeit hat sich auch die PA vollumfänglich zum Terrorismus bekannt und nichts unternommen, um ihn zu verhindern. Selbst heute ist die Bereitschaft der Autonomiebehörde in der Verhinderung von Terroranschlägen allenfalls halbherzig und spiegelt ihr Bedürfnis wieder, die palästinensische Einheit und angemessene Beziehungen zur Hamas zu bewahren.

5. Aufgrund seiner zentralen Rolle im Nahostkonflikt ist Jerusalem seit Jahren ein bevorzugtes Anschlagsziel für Terroristen, sowohl während der Zweiten Intifada als auch in der jüngsten Terrorwelle sowie zu vielen anderen Zeiten.

6. Die Araber Ostjerusalems, deren Beteiligung an Terroranschlägen bis vor ein paar Jahren sich auf eine unterstützende Rolle beschränkte (z.B. das Auskundschaften von potentiellen Zielen), haben in jüngster Zeit eine Schlüsselrolle bei der Ausführung von Angriffen in der Stadt übernommen.

7. Aus diesen Gründen ist eine israelische Sicherheitskontrolle der arabischen Viertel und Dörfer in Ostjerusalem essentiell:

a. Der Beschuss jüdischer Viertel mit leichten Waffen kann unterbunden werden. Zwischen 2000 und 2004 gab es einen ununterbrochenen Beschuss des jüdischen Viertels Gilo von Beit Jalla aus, einer christlichen Stadt, aus der sich Israel im Zuge des Oslo-2-Abkommens zurückgezogen hatte. Während der jüngsten Aufstände hielt sich der Beschuss von Seiten des Flüchtlingslagers Shuafat, das direkt an das Viertel Pisgat Ze’ev anschließt, in Grenzen und war nicht systematisch. Grund dafür ist die israelische Präsenz in Shuafat, wenn auch mit Auflagen. Dies zeigt deutlich, wie wesentlich die israelische Kontrolle der arabischen Viertel für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und für nachrichtendienstliche Arbeit ist.

b. In den letzten Jahren haben dutzende Araber aus Ostjerusalem schwere Angriffe in der Stadt verübt. Doch weit mehr Anschläge – die Zahl geht in die Hunderte – wurden verhindert dank des Eingreifens der israelischen Sicherheitsdienste in den Dörfern und Vierteln Ostjerusalems. Eine Teilung der Stadt würde die umfassende Arbeit der Sicherheitskräfte vor Orten beenden.

c. In der Vergangenheit hat der Rückzug von israelischen Sicherheitskräften aus Städten in Teilen des Westjordanlandes zu einem Anstieg terroristischer Gewalt auf nahegelegene israelische Ziele zur Folge. Das klassische Beispiel dafür ist Bethlehem, aus dem sich die IDF mehrmals zurückzogen, um wieder einzurücken. Solange sie sich außerhalb befanden, stieg der von Bethlehem ausgehende Terrorismus drastisch an. Sobald die IDF wieder einrückten, ließ er ebenso drastisch nach.

8. Eine Teilung der Stadt würde viele jüdische Viertel in Grenzviertel verwandeln. Wie bereits erwähnt, würde dies mit Wahrscheinlichkeit den Wegzug von Zehntausenden jüdischen Einwohnern nach sich ziehen.

9. Ein erfolgreicher Umgang mit der terroristischen Bedrohung, der Israel seit einigen Jahren ausgesetzt ist, schließt jegliche Teilung der Stadt aus. Das gleiche gilt für die Gefahr eines Krieges. In Kriegszeiten verlangt die Verteidigung einer Stadt die Kontrolle eines weit umfangreicheren Gebietes als das ihrer administrativen Grenzen.

Die Heiligen Stätten

1. Die Präzedenzfälle der Vergangenheit sind Anlass für Zweifel daran, dass die PA oder ein zukünftiger Palästinenserstaat Juden und Christen den Zugang zu und Gottesdienst an  Heiligen Stätten in Jerusalem garantieren würde. Teilte man die Stadt, dann würde diese Sorge real. Jerusalem ist das Zentrum der drei monotheistischen Religionen und beherbergt hunderte jüdische, islamische und christliche Heiligtümer, allen voran den Tempelberg, die Klagemauer und die Grabeskirche. Eine Teilung der Stadt würde viele jüdische und christliche Gebetsstätten in palästinensischer Hand lassen und auch jene, die auf der israelischen Seite verbleiben würden, sähen sich allen möglichen Angriffen ausgesetzt, da viele Zugangswege unter palästinensischer Kontrolle stünden.

2. Sofern es dabei um jüdische Interessen geht, verstärken sich die Sorgen durch die zahlreichen Angriffe, Entweihungen und Belästigungen, die jüdische Gebetsstätten in den letzten Jahren durch Palästinenser erdulden mussten. Dazu gehören jene Stätten, die sich auf palästinensischen Gebieten befinden oder daran grenzen als auch jene auf israelischem Territorium. Im letzten Fall konnte die israelische Kontrolle das Problem beherrschen, es ganz auszuschließen gelang aber nicht.

Zu den sich unter israelischer Kontrolle befindlichen Heiligen Stätten zählen der Tempelberg, die Klagemauer, der Ölberg, Rachels Grab, Josephs Grab und die antike Shalom-Al-Yisrael-Synagoge in Jericho. Das Oslo-2-Abkommen legte zudem weitere 23 jüdische Gebetsstätten fest, zu denen die Palästinenser freien Zugang gestatten sollten. Tatsächlich wurde der Zugang von ihnen aber erschwert oder völlig unmöglich gemacht. Auch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass in den letzten zehn Jahren jeder Versuch, die Sicherheit des Tempelberges für einige Tage der PA zu überlassen, gescheitert ist und zu Ausschreitungen und Angriffen auf Juden, die an der Klagemauer beten, geführt hat.

3. Was christliche Heiligtümer angeht, so finden sich zahlreiche Zeugnisse der Belästigung der christlichen Bevölkerung unter PA- oder Hamas-Herrschaft, weshalb viele der palästinensischen Christen nach Europa, Südamerika oder die Vereinigten Staaten ausgewandert sind, wie es sich auch in anderen islamischen Ländern des Nahen Ostens ereignet hat wie Syrien, Ägypten, Libanon oder dem Irak. Mit dem Aufstieg von Organisationen wie dem IS dürfte sich diese Situation nur verschlimmern.

4. Die fortgesetzten islamistischen Angriffe auf jüdische und christliche Gebetsstätten sind nicht nur Resultat der Intoleranz, sondern von der grundlegenden religiösen und ideologischen Feindseligkeit gegen die vom Islam als "unterlegen" bezeichneten Religionen inspiriert. In zahlreichen Äußerungen islamischer Geistlicher wurden Judentum und Christentum in den letzten Jahren als Gegner des Islam bezeichnet.

5. Die Palästinenser haben einige christliche Heiligtümer benutzt, um ihren bewaffneten Kampf gegen Israel zu führen. Während der Ersten Intifada wurden christliche Gebetsstätten entweiht. Während der Operation Schutzschild, mit der sich Israel gegen die Zweite Intifade verteidigte, verschanzten sich palästinensische Terroristen in der Geburtskirche in Bethlehem. Auch die Schussangriffe von Beit Jalla geschahen manchmal aus Kirchen heraus, um Israel die Reaktion zu erschweren.

6. Israel hat seinerseits den freien Zugang und Gottesdienst an allen Heiligen Stätten Jerusalems gewährleistet. Christen und Muslime können von dieser Freiheit umfänglich Gebrauch machen, es sei denn, es kommt zu Unruhen oder Terroranschlägen. Juden wiederum haben freien Zugang zu ihren Heiligen Stätten mit der einzigen Ausnahme des Tempelbergs, der Moslems heilig ist. Die Besuche von Juden sind dort beschränkt. Es ist ihnen dort nicht gestattet, dort zu beten. Der Respekt Israels vor den Heiligen Stätten der Moslems in Jerusalem ist so groß, dass israelisches Recht nur begrenzt auf dem Tempelberg angewendet wird. Während des Unabhängigkeitskriegs ging David Ben-Gurion soweit, den israelischen Truppen zu untersagen, vom Tempelberg kommendes Feuer zu erwiedern, selbst als die Zivilbevölkerung des jüdischen Viertels beschossen wurde.

Die städtische Struktur

1. Doch auch auf der praktischen Ebene wäre eine Teilung Jerusalems nahezu unmöglich. Die Stadtbevölkerung hätte eine hohen Preis für eine Spaltung zu zahlen, da zahlreiche städtische Strukturen, die entstanden sind, zerstört werden müssten und das Stadtnetz in mehrfacher Hinsicht beschädigt werden würde.

2. Zeitgleich mit dem politischen und religiösen Konflikt über die Stadt haben sich in den Jahren zahlreiche "Mischformen" und Muster in der jüdisch-arabischen Zusammenarbeit im Bereich von Handel, Beschäftigung, Tourismus, Wirtschaft, Gesundheitswesen und Freizeit ausgeprägt. Trotz deutlicher Ungleichverteilung von Infrastruktur und Dienstleistung zwischen den verschiedenen Stadtteilen, kann das heutige Jerusalem auf gemeinsame infrastrukturelle Netzwerke in Verkehr, Wasser- und Stromversorgung, Kommunikation, Abwasser und Gesundheitswesen blicken.

3. 84 Prozent der Araber Jerusalems wurde in die Realität einer geeinten Stadt hineingeboren und kann sich an eine geteilte Stadt gar nicht erinnern. Das hat dazu beigetragen, dass sie in den vergangenen Jahren "israelisiert" wurden. Immer mehr beantragen israelische Ausweise, israelische Reifezeugnisse oder Zulassung zu israelischen Hochschulen. Immer mehr Ostjerusalemer Araber melden sich freiwillig zum nationalen Dienst. Und in einer repräsentativen Umfrage vor einigen Jahren in 19 Vierteln Ostjerusalems, bekundete die Mehrheit der Araber in Jerusalem, dass sie lieber unter israelischer Souveränität leben als in einen palästinensischen Staat ziehen würden. Dieselbe Umfrage zeigte auch, dass im Falle einer Teilung der Stadt, viele Araber Ostjerusalems nach Israel ziehen würden.

4. Würde man die Stadt entlang der von Präsident Bill Clinton vorgeschlagenen Parameter oder auch gemäßigteren teilen, dann würde Jerusalem sich in eine "Grenzstadt" verwandeln, was nicht nur ernsthafte Sicherheitsprobleme für seine Einwohner aufwerfen, sondern einen wirtschaftlichen Zusammenbruch bedingen würde. Eine Teilung würde Israel die Tourismuseinnahmen rauben, da ein Großteil der wesentlichen religiösen und touristischen Attraktionen auf der palästinensischen Seite verbleiben würde.

5. Die Einwohner Ostjerusalems fürchten zudem, dass sie ihren rechtlichen Status verlieren  würden, sollten sie ausgemeindet werden, weshalb viele von ihnen nach Westjerusalem gezogen sind. Wenn man jedoch die Zugangsbedingungen für einen Einwohnerausweis erleichtert, dann könnte man diesem Trend entgegenwirken.

Rechtliche Aspekte

1. Das Grundgesetz-Referendum, das die Knesset im Jahr 2014 verabschiedete, schränkt die Rechte des Parlaments ein, Gebiete in Jerusalem zu veräußern.

2. Eine Abspaltung der arabischen Viertel kann die arabischen Einwohner nicht davon abhalten, ihr Residenzrecht zu nutzen, um nach Westjerusalem oder irgendwo anders hin in  Israel zu ziehen, bevor es zu einer Teilung käme.

Jüdisches Anrecht auf Jerusalem

Obwohl es in dieser Studie v.a. um die praktischen Erwägungen einer Teilung Jerusalems geht, basiert es auf einer Prämisse von Werten. Jede Diskussion über die Gefahren einer Teilung muss also zuerst die Frage beantworten, wieso an Jerusalem festgehalten werden sollte. Wieso sollten Juden sich so sehr für die Stadt und ihre Einheit stark machen. Man muss sich also vor Augen halten, dass in dem Konflikt es auch darum geht, dass die islamische Seite die jüdische Beziehung und die jüdischen Rechte – religiöse wie historische – an Jerusalem bestreitet. Versucht wird dabei, die Geschichte der Stadt umzuschreiben und so zu tun, als habe der Islam einen Vorrang in der Stadt. So wird von der islamischen Seite die Existenz eines jüdischen Tempels bestritten. Man muss sich das Geflecht von Lügen und Falschheiten vor Augen halten und mit den jüdischen Ansprüchen auf und Sehnsüchten nach Jerusalem kontrastieren. Allein aus Sicherheitsgründen an Jerusalem festzuhalten, reicht dazu nicht aus. Der Anspruch muss, wie viele israelische Regierungen und die zionistische Bewegung deutlich gemacht haben, aus der jüdischen Bindung an die Stadt her erwachsen. Auch wenn die hier vorgetragenen Argumente primär praktischer Natur sind und für sich auf solider empirischer Grundlage stehen, sollte man diese Aspekte nicht unterschlagen.

Zur vollständigen Studie auf Englisch.

Anmerkungen

1  https://jer-zentrum.org/ViewBlog.aspx?ArticleId=168 
2  Lior Lehrs, “Masa u’Matan al Yerushalayim: Iyun b’Tahlichei Hamasa u’Matan ha’Yisraeli-Falestini b’Sugiyat Yerushalayim 1993-2011” (Negotiations on Jerusalem: A Consideration of the Israeli-Palestinian Negotiation Processes on the Jerusalem Issue 1993-2011), Jerusalem Institute for Israel Studies, 2013.
3  Channel 2 News, “Benjamin Netanyahu: Yerushalayim l’Olam Lo Techulak” (Benjamin Netanyahu: Jerusalem Will Never Be Divided), 21. Mai 2009.
4  Barak Ravid, “Netanyahu: Lo Askim l’Hachlalat Yerushalayim b’Heskem Misgeret” (Netanyahu: I Will Not Agree to Jerusalem’s Inclusion in a Framework Agreement), Haaretz, 10. Januar 2014.
5 http://www.ynet.co.il/articles/0,7340,L-4461882,00.html.