Trump und das iranische Atomabkommen

Trump und das iranische Atomabkommen

BrigGen (Res) Yossi Kuperwasser

 

 

Während des Wahlkampfes betonte Donald Trump wiederholt, dass er im Falle eines Einzugs ins Weiße Haus unmittelbar das "desaströse" und "fürchterliche" Atomabkommen mit dem Iran neu verhandeln würde. Sein designierte Vize Mike Pence sprach sich damals dafür aus, den Iran-Deal "in der Luft zu zerreißen". Seit seinem Wahlsieg hat sich  Mr. Trump noch nicht zu dem Thema geäußert und viele glauben, dass er seine Haltung geändert haben mag – oder, um es in den Worten israelischer Politiker zu sagen: "Aus Regierungsperspektive stellen sich Dinge anders dar als während des Wahlkampfes."

 

Der designierte Präsident hat im Wesentlichen drei Möglichkeiten:

 

1. Das Abkommen unangetastet zu lassen, doch seine Einhaltung durch den Iran schärfer zu überwachen (mit Hilfe der Nachrichtendienste und durch deutliche Entschlossenheit, sollte der Iran versuchen, die Grenzen amerikanischer Geduld auszuloten). Zu den Befürwortern dieser Option gehören auf der einen Seite die, welche das Abkommen für das beste aller möglichen halten (und von denen einige tatsächlich glauben, es könne den Iran vom Erwerb von Atomwaffen abhalten). Aus ihrer Perspektive würden die USA durch eine Neuaufnahme der Verhandlungen die internationale Einigkeit aufheben, die für das Abkommen nötig war und dies zu einem Zeitpunkt, an dem Europäer, Russen und Chinesen ihre wirtschaftlichen Beziehungen zum  Iran zu verbessern. Auf der anderen Seite unterstützen aber auch jene diesen Ansatz, die davon ausgehen, dass gesteigerte Kontrolle des Iran dessen Zuwiderhandeln aufdecken würde. Auf diese Weise wäre eine erneute Verhängung der Sanktionen möglich, ohne dass die Vereinigten Staaten das Abkommen aufkündigen müssten.

 

2. Desweiteren könnte die Trump-Administration das Abkommen zwar unangetastet lassen, gleichzeitig jedoch Sanktionen auf nicht-nukleare Bereiche legen. Ziele könnten dabei sein, die Fähigkeiten des Iran zur Produktion von Langstreckenraketen zu behindern und es Teheran zu erschweren, das von der Obama-Administration gelobte Abkommen dazu zu nutzen, den Einfluss in der Region auszudehnen. Zusätzliche Sanktionen könnten sich auf die Unterstützung von Terrorismus oder Menschenrechtsverstöße des Iran gelegt werden. Teheran wäre so gezwungen, problematisches Verhalten einzuschränken. Wahrscheinlich würde der Iran sich provoziert fühlen und dabei das Atomabkommen verletzen, was den Vereinigten Staaten wiederum die Chance gäbe, es aufzukündigen, ohne für das Scheitern die Verantwortung zu tragen.

 

3. Schließlich könnte die kommende US-Regierung vom Iran verlangen, denn Vertrag neu auszuhandeln. Aus rechtlicher Perspektive besteht dabei kein Problem, da die amerikanische Verpflichtung zum Abkommen auf einem Dekret Obamas beruht. Aus amerikanischer Perspektive ist der Plan damit kein verbindlicher internationaler Vertrag, da er von beiden Seiten nicht unterzeichnet wurde. Der neue Präsident Trump könnte erklären, dass eine iranische Weigerung zur Wiederaufnahme der Verhandlungen dazu führt, dass Washington ihn ablehnt und die ausgesetzten – also nicht aufgehobenen – sekundären Sanktionen, die vom Kongress jüngst um zehn Jahre verlängert wurden, wieder in Kraft setzt. Das hieße, dass die Vereinigten Staaten die wirtschaftlichen Beziehungen zu allen Institutionen einfrieren würden, die mit dem Iran Geschäfte machen. Europäische Firmen und Banken würden ihren Handel dann einstellen. Aus dieser Perspektive wird das Abkommen als gefährlich betrachtet, weil der Iran bei Einhaltung des in 9-14 Jahren ein umfangreiches Atomprogramm und -arsenal aufbauen könnte. Doch eine derartige Aufhebung des Abkommens würde unmittelbar zu einem Streit mit den Europäern, Russland und China führen, die Spannungen mit dem Iran verschärfen oder sogar eskalieren lassen, zumal das Land dann versuchen könnte, so schnell es geht Atomwaffen zu produzieren. Zeigte sich die neue US-Regierung an dieser Stelle jedoch entschlossen, dann könnte dies sicherlich die Iraner abschrecken, denn gegenwärtig sind sie wieder weiter vom nuklearen Durchbruch entfernt als vor der Unterzeichnung des Abkommens (eine Einschätzung, die von Unterstützern und Gegnern des Abkommens geteilt wird).

 

"Der schlechteste Deal aller Zeiten"

 

Wofür dürfte sich Trump entscheiden? Seine Haltung scheint die dritte Option nahezulegen – die Neuverhandlung des Abkommens, das er – m.E. nicht zu Unrecht – den "schlechtesten Deal aller Zeiten" bezeichnet hat, der einen "nuklearen Holocaust" nach sich ziehen könnte. Eine solche Entscheidung wäre auch in Übereinstimmung mit anderen Aspekten seiner Außenpolitik im Allgemeinen, der Nahostpolitik im Besonderen. Obama hatte seinerseits vermieden, die politische Macht der USA als Druckmittel zu verwenden. Stattdessen behandelte er realexistierende islamistische Extremisten wie bevorzugte Partner – dazu gehörten Rouhani und sein schiitisches Lager sowie die Muslimbrüder bei den Sunniten. Diese Akteure haben im Moment kein Interesse an einer direkten Konfrontation mit dem Westen. Stattdessen warten sie darauf, die Weltordnung dann zu verändern, wenn es ihnen möglich wird (z.B. nach dem Erwerb von Atomwaffen).

 

Trump dürfte hingegen bemüht sein, die traditionellen Partner der Vereinigten Staaten in der Region, v.a. Israel und die pragmatischen arabischen Staaten – Ägypten, Saudi Arabien und Jordanien – zu stärken. Er dürfte ebenso versuchen, unnötige Reibung mit Russland zu vermeiden. Ganz sicher ist er aber bereit, wesentliche amerikanische Interessen in der Region zu verteidigen (so z.B. die Atomarisierung des Iran zu verhindern und seine Aktivitäten in Nahost einzuschränken) und unter Beweis zu stellen, dass die USA die einzige Supermacht sind (wofür sein Wahlkampfmotto "Make America Great Again" steht). Seine bisherigen Personalentscheidungen für die Regierung verstärken die Annahme, dass er sich für die dritte Möglichkeit entscheidet und nicht für die erste.

 

Die Gespräche zwischen der neuen US-Administration und Israel, deren erster Höhepunkt das vereinbarte Treffen zwischen Trump und Netanyahu im Februar darstellt, werden diese Optionen im Blickpunkt haben und die israelische Position klarstellen. Trumps Entscheidung dürfte sich jedoch schlussendlich nach amerikanischen Interessen und nicht nach israelischen richten.

 

Der Iran gibt sich derweil Mühe, so viel es geht aus den letzten Tagen der Obama-Amtszeit herauszuholen. Dazu gehörte der schnelle Abschluss internationaler Geschäftsvereinbarungen, die seine Ölindustrier wieder herstellen. Dazu gehört aber auch die Unterstützung der Eroberung Aleppos durch Assad-Anhänger und die Verstärkung von Waffenlieferungen an die Hisbollah. Für Israel bedeutet dies zu handeln.