Dore Gold: “Wir gaben den Amerikanern etwas, woran die meisten Israelis glauben”
Ariel Kahana/Israel HaYom
“Lassen Sie mich zunächst Dore und seinem ganzen Team meinen Dank aussprechen für drei Jahre ausgezeichneter Zusammenarbeit und Beratung. Dore und ich haben unzählige Male über diese Themen gesprochen und ich habe viel dabei gelernt. Ich hoffe, er konnte auch etwas von mir lernen, wer weiß, mit Sicherheit war es weit jedoch weniger.” Mit diesen Worten verriet der US-Botschafter in Israel – möglicherweise nicht ganz beabsichtigt – die Identität des vielleicht wichtigsten Israelis beim Entwurf des Friedensplans der Trump-Administration – des ehemaligen Diplomaten und Beraters Dore Gold.
Die Bemerkungen Friedmans fielen letzte Woche im Rahmen einer Präsentation im Jerusalem Center for Public Affairs unter dem Titel “Der Trump-Plan: der neue amerikanische Vorstoß”.
In seiner Rede bot der amerikanische Abgesandte Hintergrundinformationen darüber, wie der Trump-Plan zustande kam, welche Prinzipien und Erwägungen seine Architekten geleitet und was sie aus vergangenen Plänen gelernt hätten.
Obwohl Friedman von einigen als “Botschafter der Siedler” geschmäht wird, so wurde aus seinen Bemerkungen deutlich, dass die Trump-Administration darum bemüht sei, nicht als parteiisch wahrgenommen zu werden. Trump mag der pro-israelischste US-Präsident sein, mit dem es Israel je zu tun hatte, doch er würde sich auch nichts vorschreiben lassen.
Friedman, der als Privatperson sehr wohl die Siedler unterstützt, war sich von Anfang an darüber im Klaren, dass er seinen persönlichen Ansichten zu keiner Zeit eine Rolle in dieser politischen Position zukommen lassen durfte. “Unabhängig davon, ob die Siedlungen rechtens sind oder nicht, es ist eine Tatsache, dass sie existieren”, lässt er häufig wissen. Dass er Botschafter sei, würde er nie als Mittel sehen, die Siedlungen zu fördern.
Während seiner ganzen Rede unterstrich Friedman immer wieder, dass der Trump-Plan auf Realismus basiere.
“Von Beginn an haben wir uns der Frage mit größter Demut genähert, ausgehend von der Tatsache, dass wir nicht intelligent genug sind zu wissen, was in dieser Region morgen geschehen wird, in einem Jahr, in 10 Jahren”, so Friedman. “2005 lebten achttausend Israels in Gaza, so weit, es geht, von Zentralisrael entfernt. Ich war damals zum vielleicht fünfzigsten Mal in Israel. In Gush Katif war ich einmal, aber in allen fünfzig Malen dachte ich, dass, wenn es einen Ort gäbe, von dem man leicht achttausend Leute evakuieren könnte, dann würde dies Gaza sein. Doch es war nicht leicht. Es war alles andere als leicht. Ich sah diese Videos von Soldaten, die mit den Bewohnern weinten und die enormen Kosten, die es der israelischen Gesellschaft zufügte. Wieso sollten wir je wieder wünschen, Israel dies zuzufügen? Ganz besonders in einer Dimension, die um so vieles größer wäre als damals in Gaza?”
Angesichts der Grenzen habe das amerikanische Team versucht, realistisch zu bleiben. Anders als von vielen behauptet, sei der Referenzpunkt tatsächlich identisch gewesen mit dem früherer US-Administrationen: das Israel sich aus den eroberten Gebieten im Prinzip zurückziehen solle.
Während der Präsentation letzte Woche machte Friedman klar, dass man verstanden hätte, dass Israel wesentliche Zugeständnisse machen müsse.
“Was wir akzeptieren ist, dass mehrere Millionen Menschen, die in Judäa und Samaria leben, die israelische Herrschaft ablehnen oder dies zumindest behaupten; deren Leben suboptimal ist angesichts der Sicherheitslage und die Besseres verdient haben. […] Ich möchte den Mut nicht unterschätzen, den es braucht, die Karte eines Palästinenserstaates zu zeichnen. Sie wissen, dass man den Leuten, die sagen, er sei nicht groß genug, entgegenhalten kann, er sei doppelt so groß wie Gaza und verbinde zudem die beiden. Ich kann bestätigen, dass es eine Menge Leute in Israel gab, die die Karte sahen, schlucken mussten und fragten, was soll das da sein, das ihr da in die Mitte von Israel setzt.”
“Wir haben dann betont, dass es ein System von Gesetzen braucht, die Menschenrechte, Religions- und Pressefreiheit schützen und eine echte demokratische Gesellschaft schaffen. Wieso? Weil schließlich nur diese Gesellschaften bestehen werden.”
Doch das amerikanische Friedensteam kam nicht von allein zu diesen Einsichten. Trotz zahlreicher jüdischer Mitglieder, von denen die meisten in New York leben, atmen diese nicht in der komplexen Realität des Nahen Ostens.”
Deswegen war von Anfang an in dem Prozess klar, dass lokale Experten hinzugezogen werden müssten.
Einer von ihnen war Dore Gold, der ehemalige UN-Botschafter Israels, vormals Generaldirektor des israelischen Außenministeriums und langjähriger enger Berater von Premierminister Benjamin Netanyahu, Präsident des Jerusalem Center for Public Affairs.
Im Unterschied zu den vorherrschenden Ansätzen in akademischen und militärischen Kreisen haben die Analysten des JCPAs seit Jahren ihren Fokus darauf gerichtet, dass ein Friedensabkommen verteidigungsfähige Grenzen für Israel beinhalten sollte.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt, der Gold zu einem weltweit anerkannten Experten in seinem Gebiet machte, war die Jerusalem-Frage. Sein Buch “The Fight for Jerusalem” diskutiert die Bestrebungen der arabischen Welt, die Bindung des jüdischen Volkes an seine Hauptstadt zu bestreiten.
Es wurde vielfach übersetzt, einschließlich ins Chinesische, wurde ein Bestseller in den Vereinigten Staaten und jedes amerikanische Kongressmitglied bekam ein Exemplar davon ausgehändigt.
Gold hat dieses Ringen um Jerusalem zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Immer wieder ist er durch die ganze Welt gereist, um darzulegen, welche Konsequenzen es hätte, wenn man Jerusalem teilen würde – nicht nur für Israel, sondern auch für die Heiligen Stätten der Christen. Vor einigen Jahren begann auf diese Weise die Zusammenarbeit mit dem aktuellen Friedensteam der Vereinigten Staaten.
Noch bevor Trump gewählt wurde, hatte Gold so als Generaldirektor des israelischen Außenministeriums Kontakt zu Friedman aufgebaut, der den zukünftigen Präsidenten im Wahlkampf zum Thema Israel beriet. Er traf sich insgeheim mit Friedman und präsentierte seine nennenswertesten Studien: “Verteidigungsfähige Grenzen für Israel” und “Der Kampf um Jerusalem.”
Nachdem Wahlsieg Trumps begann das amerikanische Team an einem Friedensplan zu arbeiten und die Zusammenarbeit mit Gold wurde stärker. Nur eine Handvoll von Leuten aus dem Umfeld Golds wussten von seiner Ratgeberrolle für die US-Administration. “Er spielte eine bedeutsame Rolle in dem ganzen Prozess und war, wie ich meine, darin unersetzlich. Dore, du hast meine Dankbarkeit und die der Vereinigten Staaten für alles, was du geleistet hast.”
Im März 2018 erschien Gold vor Kongressabgeordneten im Capitol und präsentierte seine Studie zu Jerusalem. Der Event sorgte für großes Interesse in Washington und führte schließlich dazu, dass Gold ins Weiße Haus eingeladen wurde.
Auf Bitten zweier der Architekten des Friedensplans, Jared Kushner und Jason Greenblatt, durfte er in ihren jeweiligen Büros die Präsentation wiederholen. Das Treffen dauerte 90 Minuten und führte zu einer langen und nicht öffentlichen Beziehung zwischen beiden Seiten bis der Plan schließlich vorgestellt wurde.
Gold erstattete gelegentlich Netanyahu Bericht über die Fortschritte der Gespräche, die er mit der US-Administration führte und erhielt von diesem grünes Licht, damit fortzufahren.
“Einige dieser Treffen fanden in Israel statt, aber auch nicht wenige im Weißen Haus.” so Gold.
Gold machte das amerikanische Team mit einem ehemaligen hochrangigen israelischen Politiker bekannt, der in verschiedenen Fragen weiterhalf. Um wen es sich dabei handelte, wollte Gold nicht sagen. Gegenwärtige wolle er nur einen kleinen Teil all der Verhandlungen der letzten drei Jahre mit den Amerikanern bekannt geben.
Doch auch die wenigen Informationen, die er Israel HaYom mitgeteilt hat, offenbaren einiges. Als Experte für den Wahhabismus, der radikalislamischen Theologie, die Saudi-Arabien dominiert, unterrichtete Gold die US-Vertreter darüber, dass die Jerusalem-Fokussierung der Muslime eine Konsequenz der “Imitation des Judentums” wäre.
Da nun die Vereinigten Staaten Saudi-Arabien als einen der wichtigsten Akteure bei der Umsetzung des Friedensplans betrachten, machte diese Information die Arbeit des US-Teams leichter.
Gold berichtete weiter, dass während der ganzen Gespräche über den Plan immer wieder der Vorschlag auftauchte, den Ölberg unter palästinensische Souveränität zu stellen. “Ich betonte dagegen, dass der Ölberg nicht nur ein alter jüdischer Friedhof wäre, sondern ebenso eine stark frequentierte Stätte des Christentums von großer historischer Bedeutung. Diese aufzugeben würde zu Unzufriedenheit unter evangelikalen Christen führen, die wiederum Trumps wichtigste Wählerbasis stellen.”
Befasst man sich mit den Details des Plans so wird deutlich, dass JCPA-Schlüsselthemen von Gold und seinem Team in die Friedensvision eingearbeitet wurden.
Der Trump-Plan bezieht sich dabei auf eine beinahe in Vergessenheit geratene Studie namens “Israelische Interessenskarte”.
Im Unterschied zu den Vorschlägen der Premiers Ehud Olmert und Ehud Barak, die jeweils beinahe den vollständigen Abzug Israels hin zur Grünen Linie anboten, finden sich in dieser von den IDF in den 90er Jahren entworfenen Karte weit weniger Territorium für die Palästinenser. Premierminister Yitzhak Rabin erwog damals nämlich die Annexion des Jordantals und seiner umliegenden Gebiete sowie kritischer Punkte in Judäa und Samaria.
“Es war von größter Wichtigkeit für mich, ihnen meinen Ansatz zu präsentieren, in dem die sicherheitspolitisch relevanten Gebiete unter israelischer Souveränität zu verbleiben hätten.” Angesichts des finalen Resultats sieht es so aus, als ob Jared Kushner und andere Golds Position vollständig übernommen hätten.
Im Unterschied zu anderen Vorschlägen, gehören alle vom Trump-Plan erfassten israelischen Gemeinden und sicherheitsrelevanten Gebiete unter volle israelische Souveränität.
“Wir gaben den Amerikanern etwas, woran die meisten Israelis glauben”, so Gold. “Wenn Sie das Buch “Jerusalem: Delusions of Division” von Israel HaYom-Kolumnist Nadav Shragai nehmen, dann finden sie darin alle Gefahren, die aus einer Teilung der Stadt erwachsen würden. Die Amerikaner hatten nicht wirklich vor, die Stadt zu teilen, doch das Buch gab ihnen die Gründe, weshalb dies absolut problematisch wäre.”
“Meine Rolle war eher die eines Bibliothekars, der den Amerikaner die relevanten Unterlagen liefern musste, damit sie selbst entscheiden. Gleichzeitig hieß das für mich, dass ich einer wichtigen Aufgabe und meiner Pflicht für mein Land und mein Volk nachkäme.”
Obschon er die Möglichkeit hatte, die Vorkehrungen des Plans zu beeinflussen, und obwohl dessen wesentlichen Zielsetzungen seiner sicherheitspolitischen Perspektive im Großen und Ganzen entsprechen, so machte Gold doch deutlich, dass nicht alle Forderungen Israels übernommen wurden.
Er hätte den Palästinensern sogar noch weniger Territorium zugestanden und ist auch alles andere als begeistert von der Vorstellung, dass eine Palästinenserhauptstadt im östlichen Teil von Jerusalem entstehen soll.
“Der Plan hat einen Preis, doch wir müssen Kosten und Nutzen vor Augen halten. Hätte sich jemand vor einigen Jahren ausmalen können, dass eine amerikanische Administration einen solchen Plan vorschlagen würde – einen Plan, der die israelische Souveränität des Jordantals bestätigt? Ich hätte natürlich bevorzugt, dass wir dies ohne Abstriche erreichen, doch man muss realistisch bleiben.”
Alle anderen amerikanischen Pläne blieben jedoch Papiertiger. Wie kann er sicher sein, dass dieser hier umgesetzt wird?
“Ich bin zu 100% sicher, dass dieser Plan umgesetzt wird, denn das übergreifende Prinzip dieser US-Administration ist es, ihre Versprechen umzusetzen, und Trump hat dies immer wieder unter Beweis gestellt. Israelis müssen daran arbeiten, das schwere Erbe vergangener US-Administrationen zu überwinden, von den ehemaligen Außenministern James Baker bis zu John Kerry. Ich glaube, wir können den Leuten in dieser US-Administration vertrauen. Ich glaube nicht, dass die Umsetzung des Plans von dem, was die Vision vorschlägt, abweisen wird.”
Israel wird also seine Souveränität ausdehnen, doch was wird geschehen, wenn es in einem Jahr oder in fünf Jahren eine neue US-Regierung gibt, die dies nicht anerkennen wird?
“Mit dieser Möglichkeit muss man immer rechnen, doch ich hoffe, dass es irreversibel ist. Tatsächlich wird so eine neue Realität geschaffen, die nicht so leicht aus der Welt geschaffen werden kann. Präsident Dwight Eisenhower hat die Anerkennung Israels durch Präsident Truman auch nicht angenommen.
Botschafter Friedman sagte, dass Israel keine Schritte unternehmen würde, bevor am 2. März in Israel gewählt wurde. Gleiches sagte Jared Kushner. Könnte Israel dennoch schon etwas unternehmen?
“Ich denke, es wäre durchaus möglich, Teilschritte zur Anwendung der Souveränität zu unternehmen. Die Amerikaner würden sich vermutlich nicht dagegenstellen, wenn wir etwas in nächster Zeit unternehmen.”