Die militärische Infrastruktur der Hisbollah auf dem Golan
Die militärische Infrastruktur der Hisbollah auf dem Golan
Brig.-Gen. a.D. Dr. Shimon Shapira
Der Kommandeur der iranischen Al-Quds-Brigaden Quasem Soleimani mit seinem Protegé Jihad Mughniyeh.
Die jüngst auf dem nördlichen Golan entdeckte militärische Infrastruktur der Hisbollah bringt die Entschlossenheit des Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah zum Ausdruck, eine weitere Front im Krieg gegen Israel zu eröffnen – neben der an der libanesischen Grenze – und dies trotz der wirtschaftlichen Zwangslage der Organisation. Die Hisbollah betrachtet den Aufbau einer Golan-Front als strategische Notwendigkeit für den nächsten Krieg. Bis dahin soll sie als Alternative zu Aktivitäten an der libanesischen Grenze zur festgesetzten Zeit dienen, für Defensivoperationen oder Racheaktionen für israelische Angriffe auf iranische Ziele in Syrien.
Karte der Hisbollah-Infrastruktur
(Veröffentlicht vom Büro des IDF-Sprechers)
Als Teil dieses Plans hat die Hisbollah seit Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien beträchtliche Anstrengungen unternommen, eine operative Infrastruktur auf dem nördlichen Golan aufzubauen. Wie wichtig dieses Unterfangen – genannt “Akte Golan”- ist, zeigt sich in der Auswahl des damit beauftragten Führungspersonals. Als allererstes wurde dafür Jihad Mughniyeh ernannt, der junge Sohn des 2008 getöteten hochrangigen Militärkommandeurs der Hisbollah Imad Mughniyeh. Jihad Mughniyeh erhielt geheimdienstliche und operationelle Unterstützung von den obersten Rängen der Iranischen Revolutionsgarden (IRGC), allen voran von Qasem Soleimani, dem Kommandeur der al-Quds-Brigaden, der ihn adoptierte und wie einen eigenen Sohn behandelte. Entsprechend überrascht nicht, dass bei der Tötung des jüngeren Mughniyahs im Januar 2015 während einer Patrouille auf dem Golan zwei hochrangige iranische Offiziere, einer davon ein General der IRGC zugegen waren, die ebenfalls getötet wurden.
Der Oberste Führer des Iran Khamenei empfängt Jihad Mughniyeh nach dem Tod seines Vaters.
Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah mit dem jungen Jihad Mughniyeh
Samir Kuntar im Libanon. Die Hisbollah übertrug ihm das Gouvernement Quneitra in Südsyrien. Er wurde im Dezember 2015 getötet. (AFP Photo/Ramzi Haidar)
Jihad Mughniyeh wurde von Samir Kuntar ersetzt, der 1979 bei einem Terrorangriff in Nordisrael drei Israelis brutal ermordet hatte – einschließlich einen Vater und seine Tochter. Kuntar nutzte seine drusische Herkunft, um die Infrastruktur auch in den drusischen Dörfern des syrischen Teils des Golan zu etablieren. Kuntar wurde im Dezember 2015 getötet.
Die Hisbollah setzte ihre Anstrengungen auf dem nördlichen Golan ungemindert fort. Der Iran unterstützte diese Mission nach Kräften und eskalierte seine Bestrebungen, Kämpfer seiner schiitischen Fremdenlegion in dieses Gebiet zu verlagern, die gerade ihre Kampfeinsätze in Syrien beendet hatten. Monatelang baute der Iran verschiedenste Militärlager tief im Territorium des Golans mit der Absicht, sie zu regulären Kämpfern für schiitische Truppen aus dem Irak, Pakistan und Afghanistan zu machen, die in der schiitischen Fremdenlegion organisiert sind. Die Lager wurden jedoch von der israelischen Luftwaffe zerstört und so verblieben die Kämpfer im syrischen Landesinneren. Das stoppte die iranischen Bemühungen um den Golan nicht. In den vergangenen Monaten übernahm der Hisbollah-Kommandeur Ali Mussa Daqduq (der Kampfname Abu Hussein Sajeds) – bekannt für sein operationelles Talent – das Kommando.
Profil Ali Mussa Daqduqs, nach seiner Verhaftung durch Koalitionstruppen in Basra, Irak, März 2007.
Die erwähnte “Quds-Truppe” bezieht sich auf die iranisch geführte Brigade innerhalb des IRGC. (Foto: US Army)
Daqduq gehört zur Gründergeneration. Er schloss sich 1983 der Bewegung an und wurde über die Jahre ein enger Vertrauter Imad Mughniyehs. 2006 wurde er von ihm in den Irak geschickt – als Teil eines Gemeinschaftsprojektes von Hisbollah und den Al-Quds-Truppen, die “Irakische Hisbollah” zu organisieren und schiitische Milizen im Dschihad gegen die US-geführte Koalition im Irak zu trainieren. Daqduq selbst blieb im Iran, wo er als “Chefausbilder” betrachtet wurde und trainierte die schiitischen Kämpfer in Sprengstoffanschlägen und Entführungen, wie sie Hisbollah im Libanon gegen Israel anwendete.
Im Januar 2007 war Daqduq federführend in der Planung einer ausgeklügelten Aktion gegen amerikanische Truppen in Karbala, bei der fünf US-Soldaten geknidnappt und hingerichtet wurden. Im März 2007 wurde Daqduq von einer britischen Spezialeinheit in Basra gestellt und der US-Army übergeben.
Gefälschte Identitätspapiere Daqduqs 2007
Die gefälschten Ausweise Daqduqs bei seiner Festsetzung 2007 gaben aus, er sei Iraker. Monatelang tat er so, als sei er stumm, um seinen libanesischen Akzent zu verschleiern.
Daqduq blieb für fünf Jahre in Haft, doch aus politischen Gründen – im Spiel waren Fahrlässigkeit oder Pflichtverletzung – zogen ihn die Amerikaner nicht zur Rechenschaft. Erwägungen, ihn in die Vereinigten Staaten oder Guantanamo zu überführen, wurden abgelehnt. Nachdem die amerikanischen Truppen 2011 den Irak verlassen hatten, wurde Daqduq den Irakern übergeben. Politischer Druck von Seiten des Iran und der Hisbollah erzwangen die Freilassung und Ausreise Daqduqs in den Iran, von wo aus er in den Libanon zurückkehrte und in die Sonderoperationen der Hisbollah einstieg.
Die Enttarnung der Infrastruktur Daqduqs im Nordgolan schickt nun ein Signal an die Hisbollah und Syrien – eine Fortsetzung der Operation wird zu ihrer Zerstörung führen.