Die erste Runde in Irans Krieg gegen den Westen

Die erste Runde in Irans Krieg gegen den Westen


Dore Gold


•    Seit dem Libanonkrieg von 1982 hat der UN-Sicherheitsrat wiederholt gefordert, dass alle ausländischen Streitkräfte libanesisches Gebiet verlassen. Dieser Abzug aller ausländischen Armeen und terroristischer Gruppen wurde zu Recht als Vorraussetzung gesehen für eine Befriedung der unbeständigen israelisch-libanesischen Grenze und der Wiederherstellung der libanesischen Souveränität.
•    Dass UN-Generalsekretär Kofi Annan Hisbollah-Führer Scheich Hassan Nasrallah bei einem Besuch Beiruts am 20. Juni 2000 die Hand schüttelte war beunruhigend. Die UN-Strategie bestand darin, der Hisbollah Anerkennung zu verleihen und als Gegenleistung von ihnen gemäßigtes Verhalten zu bekommen.
•    2002 berichteten die libanesischen Medien von dem Eintreffen iranischer Revolutionsgarden, die kamen, um die Hisbollah im Umgang mit Fajr-3- und Fajr-5-Mittelstreckenwaffen zu trainieren.  Diese haben eine Reichweite von 70 km und wurden im Südlibanon installiert und auf nordisraelische Städte ausgerichtet. Als Gegenleistung für den Abzug aus dem Libanon bekam Israel also eine gestärkte Hisbollah sowie iranische Kämpfer, welche direkt an der Grenze Stellungen errichteten.
•    Die Hauptziele der ganzen westlichen Allianz – einschließlich Israels – im gegenwärtigen Konflikt sind: volle Durchsetzung der UN-Sicherheitsratresolutionen, welche eine vollständige Entwaffnung der Hisbollah verlangen sowie eine Stationierung der libanesischen Armee entlang der israelisch-libanesischen Grenze; und eine Entfernung aller iranischen Kräfte und ihrer Ausrüstung sowie jeglicher fortdauernder syrischer Präsenz von libanesischem Territorium.
•    Iran in seiner Eröffnungsrunde dieses Nahostkrieges zu besiegen, war nicht nur im israelischen Interesse, sondern im Interesse der ganzen zivilisierten Welt. Israels Strategie basiert auf der Isolierung der Hisbollah-Bewegung im Libanon von jeglicher Verstärkung durch Iran und seinen Verbündete zur Luft, zu Land und zur See.

Die UN und Libanon

Seit dem Libanonkrieg von 1982 hat der UN-Sicherheitsrat wiederholt gefordert, dass alle ausländischen Streitkräfte libanesisches Gebiet verlassen. Dieser Abzug aller ausländischen Armeen und terroristischer Gruppen wurde zu Recht als Vorraussetzung gesehen für eine Befriedung der unbeständigen israelisch-libanesischen Grenze und der Wiederherstellung der libanesischen Souveränität. Als die israelische Regierung ihren Rückzug aus der Sicherheitszone des Südlibanons 2000 vollendet hatte, war eigentlich zu erwarten, dass diese internationalen Prinzipien durchgesetzt worden wären von konzentrierten UN-Massnahmen, um den Libanon von der syrischen Armee und anderen ausländischen Streitkräften zu befreien – vor allem jenen des Iran.

Unglücklicherweise wurde die Situation im Libanon völlig vernachlässigt und eine verhängnisvolle Entwicklung setzte ein. Israels Rückzug zu der von der UN so bezeichneten „Blauen Linie“ wurde von Generalsekretär Kofi Annan als vollständiger israelischer Abzug von libanesischem Territorium anerkannt. Dieses Anerkennen wurde vom UN-Sicherheitsrat am 27. Juli 2000 mit der Annahme der Resolution 1310 bestätigt. Doch die vom Iran gestützte Terrorgruppe Hisbollah behauptete, dass Israel tatsächlich mehr Land an den Libanon zu geben habe. Insbesondere verlangten sie ein kleines Stück der Golanhöhen, genannt Shebaa-Farmen, welche ein Streitfall zwischen Israel und Syrien sind.

Diese ungelöste Klage, welche international keinen Rückhalt hatte, diente als Rechtfertigung für Hisbollahs fortgesetzten Krieg gegen Israel. Anstelle nachdrücklich die Position der Hisbollah zurückzuweisen, begannen verschiedene Einrichtungen der UN die Organisation als legitime Partei im israelisch-libanesischem Konflikt zu behandeln. Dass UN-Generalsekretär Kofi Annan Hisbollah-Führer Scheich Hassan Nasrallah bei einem Besuch Beiruts am 20. Juni 2000 die Hand schüttelte, war beunruhigend. Die UN-Strategie bestand darin, der Hisbollah Anerkennung zu verleihen und als Gegenleistung von ihnen gemäßigtes Verhalten garantiert zu bekommen. Noch schlimmer war, dass UNIFIL, die UN-Friedenstruppe, Verbindungsoffiziere zur Hisbollah schickte. Diese Herangehensweise legitimierte damit eine Organisation, welche vor dem 11. September 2001 weitgehend als gefährlicher als al-Kaida eingeschätzt wurde.

Was die Entscheidung der Hisbollah, den Konflikt mit Israel aufrechtzuerhalten, so gefährlich machte, war die Entscheidung des Iran, Mittelstreckenraketen im Südlibanon zu stationieren, gerichtet auf nordisraelische Städte. 2002 berichteten die libanesischen Medien von dem Eintreffen iranischer Revolutionsgarden. Sie kamen, um die Hisbollah im Umgang mit Fajr-3- und Fajr-5-Mittelstreckenwaffen zu trainieren, die eine Reichweite von 70 km haben. Als Gegenleistung für den Abzug aus dem Libanon bekam Israel also eine gestärkte Hisbollah sowie iranische Kämpfer, welche direkt an der Grenze Stellungen errichteten.

Auf unheimliche Art und Weise erinnert diese Situation an die Kubakrise von 1962. Damals war die Sowjetunion lediglich im Besitz von unzuverlässigen Interkontinentalraketen für einen Angriff auf die Vereinigten Staaten. Deshalb stationierte sie Raketen geringerer Reichweite im naheliegenden Kuba. Heute besitzt Iran die Shahab-Raketen mit 1.300-km Reichweite, um Israel anzugreifen und arbeitet fieberhaft daran, die eigenen Fähigkeiten auszudehnen. Gleichzeitig wird in Langstreckenraketen investiert, mit denen Europa angegriffen werden kann. Teheran spekuliert zweifellos darauf, dass es mit seinem libanesischem Arsenal Israel als Geisel halten kann für den Fall, dass der Westen Maßnahmen gegen sein Atomprogramm ergreift. Der Unterschied zwischen 1962 und 2006 ist, dass während Präsident Kennedy in der Lage war, die Sowjets zum Rückzug zu bringen, die internationale Gemeinschaft jedoch bisher nichts gegen die drohende Raketenbedrohung aus dem Libanon gemacht hat.

2005 zog der Libanon erneut die internationale Aufmerksamkeit auf sich, als Ministerpräsident Rafiq Hariri von syrischen Agenten ermordet wurde und die „Zedernrevolution“ folgte. Der UN-Sicherheitsrat forderte ein weiteres Mal (in Resolution 1559), dass alle nicht-libanesischen Streitkräfte das Land zu verlassen hätten. Dieses Mal wurde zusätzlich verlangt, dass alle libanesischen und nicht-libanesischen Milizen aufgelöst werden sollten, und die Forderung an die libanesische Regierung von 2004 wiederholt, „ihre alleinige und vollständige Autorität auf den gesamten Süden auszudehnen und dort auszuüben […] durch die Entsendung einer ausreichenden Anzahl libanesischer Streit- und Sicherheitskräfte.“ Der UN-Sicherheitsrat wollte, dass die libanesische Armee an der israelisch-libanesischen Grenzen Stellungen halte, nicht die Hisbollah.

Wären diese UN-Resolutionen durchgesetzt worden, dann wären in diesem Monat keine israelischen Soldaten in Nordisrael entführt worden und Hisbollahs Raketen würden nicht auf israelischen Zivilisten in Haifa, Naharija, Safed und Tiberias fallen.

Was sollten also die Ziele der gesamten westlichen Allianz – einschließlich Israels – in dem gegenwärtigen Konflikt sein? Die Hauptziele sind:

•    Erstens: Volle Durchsetzung der UN-Sicherheitsratresolutionen, welche eine vollständige Entwaffnung der Hisbollah verlangen sowie eine Stationierung der libanesischen Armee entlang der israelisch-libanesischen Grenze.
 
•    Zweitens: Die Entfernung aller iranischen Kräfte und ihrer Ausrüstung sowie jeglicher fortdauernder syrischer Präsenz von libanesischem Territorium.

Ein Regionalkrieg

Gleichzeitig ist es wichtig zu realisieren, dass dies ein Regionalkrieg ist. Iran versucht den Irak zu dominieren, v.a. die südlichen schiitischen Gebiete – die Provinzen, in denen britische Truppen stationiert sind – und hofft darauf, dadurch Israel und die sunnitische Herzregion in der arabischen Welt einzukreisen. Syrien ist dabei Irans arabischer Hauptpartner. Es besteht kein Zweifel an dem iranischen Hauptziel, die ölproduzierenden Gebiete durch Agitation der Schiiten in Kuwait, Bahrain und den östlichen Provinzen Saudi-Arabiens zu dominieren.

Iran in seiner Eröffnungsrunde dieses Nahostkrieges zu besiegen, war nicht nur im israelischen Interesse, sondern im Interesse der ganzen zivilisierten Welt. Israels Strategie basiert auf der Isolierung der Hisbollah-Bewegung im Libanon von jeglicher Verstärkung durch Iran und seiner Verbündete zur Luft, zu Land und zur See. Folglich muss Israel die Landebahnen des internationalen Flughafens von Beirut bombardieren sowie den Beirut-Damaskus-Highway und eine Seeblockade des Libanon verhängen.

Die Gazafront

Schließlich gibt es da noch eine zweite Front in diesem Konflikt: den Gazastreifen. Die Hamas, welche aus den sunnitischen Moslembrüdern hervorging, hat sich entschlossen, gemeinsame Sache mit dem schiitischen Iran und der Hisbollah zu machen. Tatsächlich hat die Hisbollah, kaum dass Israel seine Siedlungen im letzten August aus dem Gazastreifen entfernt hatte, ihr Hauptquartier für die Zusammenarbeit mit den Palästinensern von Beirut nach Gaza verlegt. Iran bezahlt palästinensische Angriffe gegen israelische Zivilisten. Wie die Hisbollah hatte die Hamas ihr militärisches Arsenal in zivilen Gebieten eingebettet.  Israelische Flugzeuge werfen Flugblätter ab, um palästinensische Zivilisten vor bevorstehenden Angriffen zu warnen, selbst wenn damit auch Terroristen gewarnt werden.

Israel muss seine eigenen Zivilisten vor den fortgesetzten Raketenangriffen, vom Libanon wie von Gaza, schützen. Die Hauptpflicht jeder Regierung ist die Verteidigung ihrer Bürger. Dieses Recht Israels ist auch im Artikel 51 der Charter der Vereinten Nationen festgelegt. Internationale Medien, welche sich auf israelische Luftangriffe auf Beirut konzentrieren, vergessen, dass Israel Opfer dieses Konflikts ist. Seine Luftwaffe wäre nicht im libanesischen Himmel und seine Panzer nicht in Nordgaza, wäre Israel nicht zuerst angegriffen worden.

In diesem Kontext liegt die hauptsächliche Verantwortung voll und ganz bei Iran und seinen lokalen Stellvertretern. Unsere gemeinsamen Gegner wollen die Hoffnung auf eine arabische Demokratie durch eine diktatorische Theokratie ersetzen. Die internationale Gemeinschaft sollte also darauf achten, dass die UN-Resolutionen im Libanon durchgesetzt werden und die internationale Sicherheit wieder hergestellt wird. Dies ist der erste Schritt zur Sicherung eines pluralistischen Nahen Ostens, begründet auf repräsentativer Regierung und Respekt für internationales Recht.

Dore Gold ist der Präsident des Jerusalem Center for Public Affairs und war Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen von 1997 bis 1999.

Übersetzung: Alexander Arndt