Der geheime Syrien-Krieg der Hisbollah

Der geheime Syrien-Krieg der Hisbollah

Dr. Jacques Neriah

· Der syrische Bürgerkrieg hat den Libanon erreicht und bedroht das brüchige religiöse Gleichgewicht des kleinen Landes. Grenzgefechte sind zur Regel geworden. Die syrische Armee beschießt libanesische Dörfer, von denen sie behauptet, dass sie syrischen Rebellen Zuflucht bieten würden.

· Gegenüber dem nordlibanesischen El Hermel liegt auf syrischer Seite eine Reihe von schiitischen Dörfern, die sich Gefechte mit den mehrheitlich sunnitischen Dörfern liefern, welche in der Gegend von Qusayr um Homs die syrischen Oppositionskräfte unterstützen. Unter dem Vorwand, diese Dörfer zu schützen, greift die Hisbollah dabei direkt und militärisch ein und behauptet, gegenwärtig 18 Dörfer im breitesten Teil des Orontes-Flussbeckens zu kontrollieren.

· Die französischen Mandatsbehörden hatten die libanesisch-syrische Grenze in den Jahren nach der Gründung des Großlibanon gezogen, doch diese Grenze nie fertiggestellt. Was stattdessen zu geschehen scheint ist eine Art Demarkation, in der die Hisbollah in einer Reihe von schiitischen Dörfern präsent ist und sie so für den Libanon annektiert, während die Anwesenheit der Freien Syrischen Armee in den meisten sunnitischen Dörfern diese faktisch für Syrien einnimmt.

· Die Hisbollah scheint dabei einen 20-Kilometer-Korridor in zu der Enklave der syrischen Alawiten an der Mittelmeerküste zu formen, um so mit der strategischen Kontrolle der Orontes-Beckens in Syrien und dem Libanon einen zusammenhängenden alawitisch-schiitischen Ministaat zu schaffen. Doch auch ein derartiger schiitischer Gürtel wäre auf beiden Seiten seiner Grenze mit sunnitischen Kräften konfrontiert.

· Damit „exportiert“ die Hisbollah auf Teherans Bestreben hin, Assad zu stützen, ihr militärisches Know-How und ihre Kampfkraft zum Einsatz gegen ihre arabischen Nachbarn. Auf diese Weise entfremdet sie sich jedoch von der sunnitischen Mehrheit in Syrien und den Sunniten des Libanon. Die Einschätzung liegt also nahe, dass im Falle eines Sturzes Assads die Hisbollah im libanesischen Kontext um ihr Überleben kämpfen müsste.

· Seit Jahren kämpft die Hisbollah darum, sich als glaubwürdige libanesische Kraft zu erweisen. Doch in ihrem Kampf auf Seiten des syrischen Alawiten-Regimes zeigt sie nun ihr wahres Gesicht – sie ist nur eine weitere libanesische Miliz, eine Schiitenarmee, die ihren Sponsoren und Schutzherren in Teheran dient.

Der Syrienkonflikt erreicht den Libanon

Die Lage in Syrien hat sich verschärft. Der syrische Bürgerkrieg hat den Libanon erreicht und bedroht das brüchige religiöse Gleichgewicht des kleinen Landes, während innenpolitische Auseinandersetzungen wieder an blutiger Schärfe gewinnen. Auch wenn die Zusammenstöße sich bislang auf die schlecht gezogenen Grenzgebiete und die nordlibanesische Stadt Tripoli reduzieren, wurde der jüngste Autobombenanschlag – der erste seit 2008 – am 19. Oktober in Beirut verübt und zielte auf den hochrangigen libanesischen Geheimdienstbeamten Wissam al-Hassan, einst verantwortlich für die Untersuchung der Ermordung des ehemaligen Premierministers Rafik Hariri, welche eine Beteiligung Syriens und der Hisbollah nachwies. Auch dieser Anschlag war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Resultat der Zusammenarbeit zwischen dem Assad-Regime und der Schiitenmiliz und könnte den Anfang einer Ausweitung des libanesischen Konfliktes zwischen Anhängern und Gegnern des syrischen Diktators darstellen. Hassan war der führende Kopf hinter einer Operation, die einen geplanten Bombenanschlag aufdeckte, was im August 2012 zur Verhaftung und Anklage des ehemaligen libanesischen Ministers Michel Samaha führte, eines Verbündeten Assads. Dies galt als Rückschlag für Damaskus und seine libanesischen Unterstützer, einschließlich der Hisbollah.

Für die Politiker und die Öffentlichkeit sind diese Ereignisse alarmierend. Das Bewusstsein wächst, dass die militärische Situation eskalieren und das Land selbst in einen Bürgerkrieg darüber stürzen könnte, weil sich syrische Oppositionsgruppen innerhalb der eigenen Grenzen gegenüberstehen.

Seit Beginn des syrischen Aufstands hat das Assad-Regime den Libanon wiederholt aufgefordert, seine Grenzen gegen Schmuggel zu schließen – ohne Erfolg. Folglich sind Grenzgefechte zur Regel geworden. Die syrische Armee beschießt libanesische Dörfer, von denen sie behauptet, dass sie syrischen Rebellen Zuflucht bieten würden. Die syrische Armee hat ihre Stellungen an der nordöstlichen Grenze des Libanon ausgebaut, um Waffenschmuggel und das Eindringen von Kämpfern zu verhindern. Tatsächlich hat die syrische Opposition dieses äußerst durchlässige Territorium für sich zu nutzen verstanden. Viele, die vor den Kämpfen flohen oder in der Gewalt verletzt wurden, sind über die Grenze in den Libanon gebracht worden. Doch auch syrische Sicherheitskräfte sind in verschiedene Grenzstädte und -dörfer eingedrungen, um die von ihnen als „bewaffnete Terrorgruppen“ bezeichneten zu jagen.

Die libanesische Regierung hat darüber bei den syrischen Behörden Beschwerde wiederholt eingelegt, doch die Einfälle haben nicht nachgelassen. Der libanesische Präsident Michel Suleiman hatte seinen Außenminister im Juli 2012 damit beauftragt, dem syrischen Botschafter in Beirut ein offizielles Beschwerdeschreiben zu schicken, doch das Ansinnen blieb in dem Netz konfessioneller und regionaler Allianzen hängen – ein gängiges Problem libanesischer Politik. Adnan Mansour, der Außenminister des Libanon, ist ein Mitglied von Amal, einer politischen Partei der Schiiten, die wichtige Unterstützer des syrischen Regimes sind. Der von ihm schließlich an den syrischen Botschafter übermittelte Brief war weit weniger als eine formelle Beschwerde.[1]

Die nordöstliche Grenze des Libanon zu Syrien galt früher als ruhige Gegend mit regelmäßigem Schmuggel von Nahrungsmitteln und Treibstoff zwischen den beiden Ländern. Doch jetzt zeichnet sich eine ganz andere Dynamik ab. Statt Konsumgütern gelten nun Waffen und Kämpfer als heiße Ware und in einstmals ruhigen Grenzdörfern kommt es zu häufigen Scharmützeln. Die Kämpfer der Freien Syrischen Armee (FSA) kommen leicht ins Land und bewegen sich unbehelligt, um Operationen durchzuführen oder Männer und Waffen zu transportieren. Das dichtbewaldete Territorium begünstigt dies mit Sichtschutz und die sunnitischen Einwohner sind den Zielen der FSU im Allgemeinen wohlgesinnt.

Gegenüber dem nordlibanesischen El Hermel liegt jedoch auf syrischer Seite eine Reihe von schiitischen Dörfern, die sich Gefechte mit den mehrheitlich sunnitischen Dörfern liefern, welche in der Gegend von Qusayr um Homs die syrischen Oppositionskräfte unterstützen. Zwischen den beiden Gruppen kam es mehrfach zu wechselseitigen Entführungen. Unter dem Vorwand, diese Dörfer zu schützen, greift die Hisbollah dabei direkt und militärisch ein. Dazu hat sie ihre Kämpfer in die Dörfer Tfeil und Maaraboun geschickt sowie Männer in Zabadani und Sarghaya stationiert, wo es regelmäßig zu Kämpfen zwischen den Rebellen der Freien Syrischen Armee und Assads Truppen kommt. In 23 schiitischen Dörfern, die im Wesentlichen von Angehörigen der Hamadeh, Jafaar und Zeaiter-Clans bewohnt werden und deren Einwohnerzahl früher zwischen 21 000 und 30 000 lag, sind nur noch die Hälfte der Menschen verblieben, der Rest ist geflohen oder wurde vertrieben. Die Hisbollah-Truppen haben den Auftrag, das Orontes-Flussbecken zu schützen und zu kontrollieren – ein strategisch wichtiges Gebiet, welches das syrische Hinterland und den Hafen Tripoli im Nordlibanon miteinander verbindet. Eine schiitische Kontrolle dieser Region würde die FSA daran hindern, Waffen, Munition und Kämpfer vom Libanon nach Syrien zu schmuggeln.

Die Hisbollah setzt dabei in der Gegend von Qusayr schwere Waffen wie Artillerie und Raketen ein, um die FSA-Truppen aus Abu Hori, Al Nahiyah, Sakarjah und Al Burhaniyah zu vertreiben und zu verhindern, dass die FSA über ein mit dem Libanon zusammenhängendes Territorium verfügt. Berichten zufolge gelang es der Hisbollah, dort syrische Dörfer und Städte wie Zeyta, Hawik, El Hamam, Al Safsafah, Al Fadiliyah und die Berghänge von Al Nazariyah unter ihre Kontrolle zu bringen. Zudem behauptet sie, gegenwärtig 18 Dörfer im breitesten Teil des Orontes-Flussbeckens zu kontrollieren: Bab al-Hawa, Wadi Hanna, Rabla, Matraba, Al Jadaliyya, Balluza, Al Huwayik, Ghawgharan, Al Summaqiyyat, Al Hamam, Al Safiyyah, Zeita, Al Fadiliyya, Al Qarniyya, Al Misriyya, Dibbin, Al Suwayidyya und Al Hush. Tatsächlich konzentriert sich ein Großteil der Aktivitäten der Hisbollah auf dieses Gebiet, v.a. aber rund um die Grenzstadt von Al Qusayr.[2]

Die syrischen Rebellen haben dagegen die Bewohner vertrieben, um einen Schmuggelkorridor zwischen der Region um Homs und dem Wadi Khaled und dem Nordlibanon zu schaffen, der dazu neigt, eher den Aufstand in Syrien zu unterstützen. Diese Zwangsvertreibungen hat die Hisbollah dazu gebracht, die syrische Opposition mit schweren Waffen anzugreifen und die FSA dazu zu nötigen, ihre Schmuggelaktivitäten in das Gebiet von Masharih al-Qaa und das obere Aarsal zu verlegen.

Hisbollah-Vertreter haben wiederholt geleugnet, dass ihre Truppen auf syrischem Gebiet operieren. Am 9. Oktober sahen sie sich jedoch mit einer unvorhergesehenen Situation konfrontiert: Ali Hussein Nassif (auch Abu Abbas genannt), Kommandeur und Koordinator der Hisbollah-Truppen in Syrien wurde in Qusayr getötet, weit auf syrischem Territorium, was Anlass für weitere Spekulationen über die Rolle der Miliz im syrischen Bürgerkrieg gab. Berichten zufolge, hatte die Hisbollah schwere Verluste durch die FSA hinnehmen müssen, der es gelang, sowohl Angriffe der Hisbollah als auch der Syrischen Luftwaffe gegen die strategisch wichtige Stadt Joussiyeh zurückzuschlagen.

Abu Abbas wurde wie ein Märtyrer in seiner Heimatstadt Boudiyah nahe der syrischen Grenze mit einer feierlichen Begräbniszeremonie geehrt. In seiner Grabrede verkündete Mohammad Yazbek, Vorsitzender des Justizrates und der Shura (dem obersten Entscheidungsgremium der Hisbollah), dass Abu Abbas in Syrien bei der Verteidigung der dort lebenden (!) libanesischen Bürger gefallen sei. Yazbek bezeichnete diese Libanesen als „unterdrückt und vom libanesischen Staat und der Regierung im Stich gelassen“ – eine klassische von libanesischen Schiiten auf sich selbst bezogene Floskel.[3]

Quellen aus der Gegend um Homs zufolge verfügen sowohl die Hisbollah als auch die syrische Opposition über jeweils 5000 Kämpfer vor Ort. Beide Seiten haben jeweils Angehörige der Gegenseite entführt. Seit September 2011 kam es mindestens zu drei schweren Gefechtsrunden zwischen den Dörfern. Die Freie Syrische Armee hat die Hisbollah beschuldigt, syrische Dörfer besetzt zu haben – einschließlich Joussiyeh und Al Qusayr, wo der Hisbolla-Kommandeur seinen Tod fand.

Libanesisch-syrische Grenze nie endgültig demarkiert

Ein weiterer Grund für den Grenzkonflikt ist zweifelsohne der Umstand, dass der Grenzverlauf an vielen Stellen strittig ist. Auch der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan musste feststellen: „es scheint keinerlei offizielles Dokument über ein formelles internationales Grenzabkommen zwischen dem Libanon und der Syrischen Arabischen Republik zu existieren.“ Die anhaltende Unbestimmtheit der libanesisch-syrischen Grenze resultiert aus der Gleichgültigkeit, die der libanesische Staat seinen verarmten Grenzregionen zukommen lässt, und dem syrischen Widerwillen einen unabhängigen Libanon anzuerkennen. Für Syrien war der Libanon immer nur eine seiner Provinzen.

Der Großlibanon war einst von Frankreich als „sicherer Hafen“ für die maronitische Bevölkerung des Libanongebirges gegründet, enthielt aber auch islamische Regionen. Die Flagge des Staates war eine Mischung aus der französischen Trikolore und der Zeder des Libanon. Die französischen Mandatsbehörden hatten die libanesisch-syrische Grenze in den Jahren nach der Gründung des Großlibanon gezogen. Die Grenze folgte den Umrissen von vier ehemaligen Provinzen des Osmanischen Reiches: Akkar im Norden, Baalbek im Osten, Hasbayya und Rashayya im Südosten. Aus Bequemlichkeit wurden diese Grenzen durch die geografischen Eigenschaften des Territoriums bestimmt – durch den Nahr al-Kabir-Fluss im Norden und die Gipfel des Antilibanon-Gebirges und des Hermon im Osten.[4]

Doch diese natürlichen Grenzen kollidierten häufig mit Eigentumsrechten und der Demografie vor Ort, so dass eigentlich libanesisches Land auf syrischer Seite landete und umgekehrt. So liegt das Dorf Tufayl der Länge nach östlich von Zentraldamaskus, wird aber durch eine schmale Landzunge libanesischen Territoriums, die über das Antilibanongebirge östlich in die Halbwüste nördlich der syrischen Hauptstadt hineinreicht, mit dem Bekaa-Tal verbunden. Tufayl wurde aufgrund seiner schiitischen Bevölkerung dem Libanon zugeschlagen, da es so mehr mit den Glaubensgenossen des Bekaa in Beziehung steht, als mit den unmittelbaren sunnitischen und griechisch-katholischen Nachbarn in Syrien.[5]

Die Muslime des Großlibanon lehnten den neuen Staat schon mit seiner Gründung ab. Die fortgesetzte muslimische Forderung einer Wiedervereinigung mit Syrien führte schließlich 1958 zum bewaffneten Konflikt zwischen Muslimen und Christen, als die Führer der libanesischen Moslems sich der neuen Vereinigten Arabischen Republik (Syrien und Ägypten) anschließen wollten, während die Christen entschieden dagegen waren.

In den Jahrzehnten nach der Unabhängigkeit beider Staaten in den vierziger Jahren, schufen der Libanon wie Syrien verschiedene Komitees, welche sich der Lösung der Grenzfrage widmeten, doch alle damit scheiterten,[6] so dass die notorisch durchlässige Grenze Gegenstand von Spannungen zwischen beiden Ländern blieb:

· Mindesten 420 Quadratkilometer des Libanon sind von Syrien besetzt.

· Es gibt Dutzende von aktuell benutzten Schmuggelrouten, die alle der Einfuhr von Gütern und der Infiltration mit ausländischen Kämpfern und Waffen dienen.

· Auf libanesischem Territorium befindet sich eine Reihe von Lagern der syrischen Armee.[7]

Interessenskonflikt zwischen Hisbollah und Freier Syrischer Armee

2008 trafen Libanon und Syrien die historische Entscheidung zum ersten Mal diplomatische Beziehungen aufzunehmen, auch wenn die Grenzfrage ungelöst blieb. Der Aufstand gegen Assad verunmöglichte aber eine Kooperation in dieser Frage.

Mangels einer Alternative haben sich die FSA und die Hisbollah entschlossen zu handeln, um ihre Interessen zu schützen. Was also vor Ort geschieht, darf folglich als eine faktische Demarkation gesehen werden, in der die Hisbollah in einer Reihe von schiitischen Dörfern präsent ist und sie so für den Libanon annektiert, während die Anwesenheit der Freien Syrischen Armee in den meisten sunnitischen Dörfern diese faktisch für Syrien einnimmt. Die Kämpfe finden daher in jenen Dörfer statt, die gemischt sind oder strategisch von Vorteil, um eine geografische Homogenität von sunnitischen und schiitischen Gebieten zu bewahren. Nach dem Ende der Kämpfe dürfte die dann demarkierte Grenze durch das gegenwärtige Geschehen ermöglicht worden sein.

Die Hisbollah scheint dabei den Notfallplan zu verfolgen, einen 20-Kilometer-Korridor hin zu der Enklave der syrischen Alawiten an der Mittelmeerküste zu formen. Dieses Unterfangen stellt sich für die Hisbollah als riskant dar, da sie im sunnitisch dominierten Nordlibanon über keine Autorität verfügt. Stattdessen scheint sie zu versuchen, durch die strategische Kontrolle des Orontes-Beckens in Syrien und dem Libanon einen zusammenhängenden alawitisch-schiitischen Ministaat zu schaffen. Könnte sie die Wölbung des Flussbeckens kontrollieren, dann hätte sie theoretisch die Möglichkeit, ihre Ressourcen mit denen einer alawitischen Enklave im nördlichen Bekaa zusammenzulegen, während sie gleichzeitig ihre Stellungen im Süden Beiruts und im Südlibanon hält.[8] Doch auch eine solche geplante konfessionelle Festung ist nicht frei von Komplikationen, v.a weil ein derartiger schiitischer Gürtel auf beiden Seiten seiner Grenze mit sunnitischen Kräften konfrontiert wäre. Doch in Notfallplänen gilt es immer auf das Beste zu hoffen und sich auf das Schlimmste vorzubereiten – eine Regel, die die Hisbollah aktuell zu beherzigen scheint.

Die direkte Verwicklung der Hisbollah am syrischen Bürgerkrieg hat einen Präzedenzfall geschaffen. Zum ersten Mal seit ihrer Gründung exportiert die Hisbollah auf Teherans Bestreben hin, Assad zu stützen, ihr militärisches Know-How und ihre Kampfkraft zum Einsatz gegen ihre arabischen Nachbarn. Auf diese Weise entfremdet sie sich jedoch von der sunnitischen Mehrheit in Syrien und den Sunniten des Libanon, welche im Falle eines Sturzes Assads die Hisbollah zur Rechenschaft ziehen werden. Die Zeichen dafür lassen sich bereits in den Medien finden und auch die Hisbollah hat in Erwartung solcher Konsequenzen begonnen, sich im Dahiyah-Gebiet in Südbeirut darauf vorzubereiten. Die Einschätzung liegt also nahe, dass im Falle eines Sturzes Assads die Hisbollah im libanesischen Kontext um ihr Überleben kämpfen müsste. Aus diesen Gründen scheint es also, als sei die Verwicklung der Schiitenmiliz im syrischen Bürgerkrieg von entscheidender Bedeutung. Will sie überleben, muss die Hisbollah den Krieg dort gewinnen.

Seit Jahren kämpft die Hisbollah darum, sich als glaubwürdige libanesische Kraft zu erweisen. Doch in ihrem Kampf auf Seiten des syrischen Alawiten-Regimes zeigt sie nun ihr wahres Gesicht – sie ist nur eine weitere libanesische Miliz, eine Schiitenarmee, die ihren Sponsoren und Schutzherren in Teheran dient. Ihre Ziele sind also weiterhin konfessioneller und nicht nationaler oder supra-nationaler Natur – sie kämpft einen schiitischen Krieg. Damit ist sie aber auch nicht das, was sie behauptet zu sein – eine panislamische Bewegung, die nur gegen Israel und den Westen kämpft.



[1] Babak Dehghanpishch, “Lebanese Worry that Syria Army Might Escalate Attacks,” www.yalibnan.com, 20. Juli 2012

[2] Louai Beshara, “ Hizbullah’s Contingency Planning,” AFP-Stratfor, 18. Oktober 2012.

[3] Rashed Fayed, “Jihad? Ay Jihad!,” Al-Shafaf, 9. Oktober 2012.

[4] Nicholas Blanford, “Border Complications Promise Long Dispute,” Bitterlemons International, 18. September 2008, http://www.bitterlemons-international.org/inside.php?id=1002

[5] Ibid.

[6] Ibid.

[7] “Lebanese-Syrian Borders: Fact-Finding Survey,” Mai 2007, nowlebanon.com

[8] Beshara, op. cit.