Das Iran-Abkommen: Massive Schwächen und positive Elemente

Das Iran-Abkommen: Massive Schwächen und positive Elemente

Yossi Kuperwasser und Amb. Alan Baker

 

Angesichts der zentralen Bedeutung der Debatte über den am 14. Juli 2015 zwischen dem Iran und den P5+1 ausgehandelten gemeinsamen, umfassenden Aktionsplan (JCPOA – Joint Comprehensive Plan of Action)(1) soll hier versucht werden, die massiven Schwächen des Abkommens wie auch einige seiner positiven Elemente zu analysieren. Im Anschluss werden einige der im Abkommen verwurzelten Dilemmata und ihre Auswirkungen diskutiert.

Mängel des Abkommens

Allgemein

Das Abkommen ermöglicht dem Iran, die wesentlichen Hindernisse beim Erwerb eines Atomwaffenarsenals und dem Aufstieg zur regionalen Hegemonialmacht sicher, legal und ohne wirtschaftliche Nachteile zu überwinden. Dank des Abkommens wird der Iran legal über die Fähigkeit verfügen, innerhalb der nächsten 10-15 Jahre ein solches Arsenal aufzubauen (einschließlich der Produktion des spaltbaren Materials, der Trägersysteme sowie verbesserter militärische Schutzmöglichkeiten für das Atomprogramm), so dass es praktisch unmöglich wird, ihn zu stoppen. Im Gegenzug dafür erhält man eine fragwürdige und kaum zu verifizierende iranische Verpflichtung, keine Waffen herzustellen und begrenzte Beschränkungen des Atomprogramms für die nächsten 10-15 Jahre zuzulassen.

Sich auf die Versicherungen des Irans zu verlassen, er werde weder nach Atomwaffen streben, noch sie entwickeln oder sie sich anderweitig beschaffen, ist vertrauensselig und sogar naiv, führt man sich die bisherigen iranischen Täuschungsmanöver in der Atomfrage vor Augen, seine regelmäßige Todesdrohungen gegen die Vereinigten Staaten und Israel sowie die messianischen Ambitionen des Regimes.

Das Abkommen scheitert trotz der Beschränkungen Urananreicherung für 10-15 Jahre darin, der internationalen Gemeinschaft die Mittel in die Hand zu geben, die den Iran davon abhalten, jene Schwelle zu überschreiten, eine Atomwaffe zu produzieren. Der Iran könnte dies auf verschiedenen Wegen erreichen: Erstens durch eine gezielte "Break-Out"-Politik. Anders als von der amerikanischen Regierung behauptet, benötigt der Iran nicht ein Jahr, sondern lediglich sechs Monate, um das notwendige Material zu erhalten. Zweitens durch eine "Sneak-Out"-Politik, denn die atomaren Entwicklungen des Iran, die jenseits der offiziell deklarierten Anlagen stattfinden, können nicht effektiv – wenn überhaupt – überwacht werden. Auch die iranische Kooperation mit Schurkenstaaten wie Nordkorea wird nicht wirklich kontrolliert.

Zusammengefasst heißt dies, dass das Abkommen dem Iran einseitig und ohne Bedingungen alles bietet, was er bezweckt hat ohne dass er zu einer nennenswerten Gegenleistung der internationalen Gemeinschaft gegenüber verpflichtet wäre. Da dieser Deal dem Iran den Weg ebnet, ein Arsenal von Atomwaffen durch Urananreicherung aufzubauen bevor die 10-15 Jahre vorbei sind und danach – ganz sicher auch durch die Produktion und Verarbeitung von Plutonium – stellt das Abkommen eine Bedrohung der Weltordnung und der Zukunft des Nahen Osten, sowie der amerikanischen Interessen und der Sicherheit Israels dar.

Willkommene Lösung aller iranischen Sorgen

Um ein nukleares Arsenal aufzubauen, muss der Iran hinreichende Mengen spaltbaren Materials (auf 90 Prozent angereichertes Uran oder verarbeitetes Plutonium) und die Fähigkeit entwickeln, das Material zu einer Waffe zu machen ("Weaponization"), sowie ein Trägersystem konstruieren, v.a. für Langstreckenraketen. Zusätzlich muss er in der Lage sein, seine Atomanlagen vor einem Angriff zu schützen, so dass die heikle Zeitspanne ("Threshold") beim Aufbau des Arsenals abgesichert ist, solange noch keine Atomwaffe vorhanden ist.

Das Abkommen löst die iranischen Sorgen dahingehend, sofern er bereit  ist 10-15 Jahre zu warten. Die "Threshold"-Zeit, die Schwelle zur Bombe wird dann praktisch auf null reduziert. Der Iran wird auch nicht effektiv daran gehindert, dass Abkommen schon eher zu brechen und sein Ziel bereits zu erreichen, wenn er zur Auffassung gelangt, dass die Bedingungen es rechtfertigen.

Urananreicherung – Break Out, Sneak Out, Wait Out

Prinzipiell stehen dem Iran drei Wege offen, die Urananreicherung für ein Atomwaffenarsenal abzusichern. Ein offizielles Durchbrechen der Schwelle, ("Break Out"), ein heimliches ("Sneak Out"), oder ein Abwarten ("Wait Out"), bis sich die im Abkommen vorgesehenen Auflagen für das Atomprogramm nach 10-15 ihrem Ende zuneigen.

Es muss betont werden, dass der Iran keinerlei Gründe hat, für seine zivilen Zwecke ein derart gewaltiges Atomprogramm zu unterhalten – etwas, das die Vereinigten Staaten und die EU erkannt haben. Insofern fällt die gesamte Logik des Abkommens bereits in sich zusammen und widerspricht dem gemeinsamen Handlungsplan (JPOA) vom 24. November 2013, in dem gefordert wurde, dass sich die Anreicherungsfähigkeiten des Iran nach seinen zivilen Bedürfnissen zu richten habe.

Break Out:

Anstatt den Iran darin zu hindern, Uran auf das atomwaffenfähige Niveau anzureichen, gestattet das Abkommen dem Land, dies innerhalb von sechs Monaten zu erzielen, sollte es sich dazu entscheiden, das Abkommen zu brechen und Inspekteure auszuweisen. Die wiederholt von der US-Administration angegeben Zeitspanne von einem Jahr ist falsch. Durch die Aktivierung der 13,000 Zentrifugen und anderer Maschinen, die lediglich demontiert werden und nicht etwa zerstört und aus dem Iran entfernt (das Abkommen verlangt vom Iran lediglich, die Maschinerie von der IAEO überwachen zu lassen), benötigt der Iran nur 6 Monate zur Produktion von hinreichend genügend Spaltmaterial für eine Atombombe.

Das Abkommen legt zudem nur geringe Auflagen fest für die fortgesetzte Entwicklung von hoch entwickelten Zentrifugen und gestattet dem Iran, damit fortzufahren. Ein Teil der Zentrifugen könnte in der unterirdischen Anlage in Fordo installiert werden. Obschon Präsident Obama erklärt hat, dass es keinerlei Rechtfertigung für die militärische Anreicherungsanlage in Fordo gäbe – deren einziger Zweck waffenfähiges Uran ist –, gibt es im Abkommen keinerlei Forderung, dass Fordo stillgelegt und abgebaut wird.

Das Abkommen legt auch keinerlei Grenzen fest für die Lagerung nicht angereicherten Urans, das letztlich als Rohstoff für den Anreicherungsprozess auf waffenfähiges Niveau dient.

Sneak Out:

Selbst wenn der Iran sich an die Bedingungen des Abkommens halten würde, könnte er den verlangten Zeitrahmen nutzen, um allmählich atomwaffenfähig zu werden, z.B. durch:

1. die Verwendung einer geheimen, offiziell nicht bekannten und daher nicht inspizierter Anlage. Das Abkommen beinhaltet keine Vorkehrung, Inspektionen "jederzeit, an jedem Ort" durchzuführen. Die Prozedur, eine iranische Einwilligung für die Inspektion neuer Orte zu erhalten, dauert mindestens 24 Tage und dürfte nicht erteilt werden. Zum einen, weil die Iraner klar gemacht haben, dass sie Inspektionen von militärisch und sicherheitspolitisch relevanten Anlagen nie zustimmen werden, zum anderen, weil im Rahmen des Abkommens die IAEO dem Iran Informationen bietet müsste, woher sie von diesen geheimen Anlagen Kenntnis hat. Da dies wiederum für die Geheimdienste heikel wäre, wird dies nicht geschehen. Allerdings ist es auch außerordentlich schwierig, diese Informationen selbst zu beschaffen.

2. die Beschaffung der nötigen Rohstoffe aus dem Ausland sowie die Unterhaltung geheimer Anreicherungsanlangen außerhalb des Landes. Das Abkommen sieht vor, dass die Kooperation mit ausländischen Institutionen durch das Kontrollkomitee gebilligt werden muss, doch es gibt keinerlei Mittel für die IAEO oder der P5+1, solche Aktivitäten zu kontrollieren.

Wait Out:

Der Iran könnte auch bis zum Verstreichen der zehnjährigen Begrenzung seiner Zentrifugenzahl warten, nach der ihm gestattet wird, die Zahl der installierten und einsatzbereiten Zentrifugen ohne Auflagen zu erhöhen und sogar bessere in Gang zu setzen, mit denen Uran noch schneller angereichert wird. Auf diese Weise könnte er in kürzester Zeit – von wenigen Wochen – hohe Mengen waffenfähigen Materials produzieren.

Der Iran kann natürlich auch das Auslaufen der 15-jährigen Beschränkung der Urananreicherung abwarten. In diesen 15 Jahren darf der Iran nur auf ein Niveau von 3.67 Prozent anreichern, was bereits 40-50 Prozent der Zeit verlangt, die gebraucht wird, um Uran auf 90 Prozent anzureichern. Danach wird das Land in der Lage sein, hoch angereichertes Uran zu produzieren und nach dem Verstreichen der 20-Jahremarke sieht es sich auch keinerlei Obergrenze mehr gegenüber, wie viel hoch angereichertes Uran es besitzen darf. Von da an kann der Iran sich innerhalb einer Woche oder noch weniger atomwaffenfähiges Uran besorgen. Jegliche Schwelle wäre sofort verschwunden und keinerlei militärische Bedrohung gegenüber dem Iran wäre noch glaubwürdig.

Plutoniumproduktion

Dem Iran wird gestattet einen Schwerwasserreaktor in Arak zu unterhalten – ein deutlicher Widerspruch zur ursprünglichen Forderung, den vorgeblich für zivile Zwecke genutzten Schwerwasserreaktor durch einen Leichtwasserreaktor zu ersetzen. Details über die genaue Bauweise des neuen Reaktors sind noch nicht bekannt, doch solange der Reaktor ein Schwerwasserreaktor bleibt, können an ihm Veränderungen so vollzogen werden, um genügend atomwaffenfähiges Plutonium zu produzieren.

Nach der 15-Jahresfrist wird dem Iran gestattet, zusätzliche Schwerwasserreaktoren zu erwerben, die die Produktion von Plutonium deutlich steigern würden. Das Wegfallen aller relevanten Restriktionen ermöglicht dem Iran dann die Weiterverarbeitung von Plutonium für den Atomwaffenbau.

Inspektionen, Überwachung und Waffenproduktion

Die Vorkehrungen des Abkommens im Hinblick auf Inspektion und Überwachung von inoffiziellen Anlagen bieten keinerlei Möglichkeiten, festzustellen, ob der Iran verbotenen Aktivitäten nachgeht. Das Beschaffen unwiderlegbarer Beweise, die für eine nachdrückliche Inspektion dieser Anlagen nötig wäre, dürfte schwierig werden.

Das Abkommen beinhaltet auch keinerlei klare Definition der Schwere verschiedener Verstöße, womit es möglich wird, jeden Verstoß des Iran als Geringfügigkeit schön zu reden.

Ebenso wenig garantiert das Abkommen, dass die IAEO ungehinderten Zugang zu iranischen Wissenschaftlern und Experten erhält, so dass die Organisation sich über deren Aktivitäten ein Bild machen und sie dazu verhören kann. Auf diese Weise bleibt die Organisation ahnungslos – so wie aktuell – gegenüber einem der wichtigsten Elemente des Atomprogramms.

Das Abkommen verlangt vom Iran desweiteren nicht, vollumfänglich Auskunft darüber zu erstatten, was das Land in der Vergangenheit unternommen hat, um Spaltmaterial für Bomben zu entwickeln. In einem Geheimabkommen zwischen dem Iran und der IAEO wird dem Land gestattet, selbst die Beweise für seine Aktivitäten in Parchin zu liefern, ein deutliches Zeichen für die grandiose Fehlleistung der Mitunterzeichner des Abkommens im Hinblick auf die "möglichen militärischen Dimensionen" des iranischen Atomprogramms in der Vergangenheit. Tatsächlich legt das Abkommen alle Verantwortung zur Umsetzung in die Hände des Generaldirektors der IAEO Yukiya Amano, der seinen Bericht Mitte Oktober 2015 vorstellen soll. Es besteht keinerlei Aussicht, dass Amano sich dabei dazu hinreißen lassen wird, zu erklären, dass der Iran nicht alles über seine vergangenen Aktivitäten offengelegt hat – womit die Umsetzung des Abkommens verzögert werden würde. Da dem amerikanischen Kongress und Israel die Details vorenthalten werden, während die amerikanische Regierung in einer merkwürdigen Sprachregelung vorgibt, über alles Bescheid zu wissen, sollte deutlich sein, dass das tatsächliche Ergebnis des Berichts verschleiert werden soll. Auf diese Weise wird die internationale Öffentlichkeit über den realen Fortschritt beim Waffenbau in Unkenntnis gelassen.

Entwicklung und Produktion von Trägersystemen

Im Abkommen sind ebenfalls keine Beschränkungen der iranischen Fähigkeiten enthalten, Boden-Boden-Raketen mit einer Reichweite von 1,700-2,000 Kilometern zu entwickeln, mit deren Hilfe der gesamte Nahe Osten abgedeckt werden kann. Gleichzeitig wird der Iran auch nicht daran gehindert, Interkontinentalraketen mit einer Reichweite von bis zu 10,000 Kilometern zu entwickeln, die atomare Sprengköpfe bis zur Ostküste der Vereinigten Staaten transportieren könnte.

Während der ersten 8 Jahre des Abkommens darf der Iran lediglich keinerlei ausländische Hilfe in Anspruch nehmen, um diese Fähigkeiten auszubauen, im Anschluss daran allerdings schon.

Beschränkungen der Waffenbeschaffung durch den Iran

Das Abkommen verlangt lediglich eine Fünfjahresfrist für den Erwerb von Waffen, einschließlich von Waffen, die zum Schutze der Atomanlagen verwendet werden können. Während dieser fünf Jahre wird es dem Iran jedoch gestattet sein, Verträge mit ausländischen Zulieferern abzuschließen sowie Personal in der Bedienung der zu erwerbenden Waffensysteme zu trainieren, so dass diese unmittelbar nach Ablauf der fünf Jahre einsatzbereit sind und das Abschreckungspotential des Iran augenblicklich massiv verstärken.

Gleich nachdem das Abkommen unterzeichnet worden war, erklärte der Iran bereits, dass er demnächst die hochentwickelten S-300-Luftabwehrraketen von Russland und Kampfflugzeuge aus China erwerben wird – alles Verträge, die schon jetzt die Beschränkungen der Waffenbeschaffung zur Farce machen.

Ausländische Unterstützung beim Schutz iranischer Atomanlagen

Das Abkommen bietet dem Iran stattdessen die Versicherung internationaler Unterstützung beim Schutz seiner Atomanlagen vor allen Versuchen, sie zu schädigen, sowie Zugang für den Iran zur internationalen Kooperation auf dem Gebiet der Sicherung und Sicherheit von Atomanlagen.

Kein Bezug zur iranischen Politik des Terrors, Aufstachelung und Missachtung der Menschenrechte

Im Abkommen finden sich keine Verzögerungsmechanismen oder Auslaufbedingungen, die die Aufhebung der Sanktionen daran knüpfen, dass der Iran von der Unterstützung von Terror- und Aufstandsorganisationen absieht, aufhört, die Vernichtung Israels zu fordern, den Holocaust zu  leugnen oder die Menschenrechte mit Füßen zu treten.

Bruch des Abkommens und  "automatisches Zurück" zu den Sanktionen

Der komplexe Mechanismus des Abkommens, mit dessen Hilfe die internationalen Sanktionen wieder installiert werden könnten("snapback") ist so unrealistisch wie undurchführbar. Die Wiederherstellung des Sanktionsregimes wäre – wenn überhaupt – erst nach langer Zeit dann möglich, nachdem der Iran Milliarden Dollar angehäuft hätte und die Handelsbeziehungen zum Iran bereits diesen Umfang erreicht hätten, dass ein Zurück zu den Sanktionen kaum umzusetzen wäre.

Im Rahmen des Abkommens können die Sanktionen auch gar nicht rückwirkend auf Verträge ausgedehnt werden, die vom Iran bzw. iranischen Bürgern mit irgendeiner Partei vor der Wiedereinführung der Sanktionen geschlossen wurden. (2) Mit anderen Worten – Langzeitverträge, wie sie z.B. über iranische Gas- und Öllieferungen geschlossen werden, und die der Iran recht schnell besiegeln wird, wären immun gegenüber einer Neuauflage der Sanktionen.

Abgesehen von einer theoretisch möglichen Wiederauflage der Sanktionen im Falle eines drastischen Verstoßes gegen das Abkommen bleibt völlig unklar, was die Konsequenzen geringfügiger Verstöße sein sollen. Die US-Regierung hat bereits deutlich gemacht, dass Verstöße gegen den Kauf von Waffen nicht zu einer Neuauflage der Sanktionen führen werden.

Es bleibt auch unklar, was eine amerikanische Entscheidung zur Anwendung militärischer Gewalt hervorrufen könnte, um im Ernstfall eine Atommacht Iran zu verhindern.

Der internationale Status des Iran

Selbst bevor ermittelt werden konnte, wie das Abkommen sachgerecht umgesetzt werden kann, und trotz des Umstands, dass der Iran keinerlei Verpflichtung abgegeben hat, seine extremistische und feindselige Politik zu beenden, hat das Land bereits seine Absicht erklärt, als  Regionalmacht die Weltordnung zu verändern. Die iranische Führung hat bekräftigt, dass sie ihre Verbündeten in der Region zukünftig noch stärker unterstützen werde, d.h. die Hisbollah, das Assad-Regime, die Houthis in Jemen, die palästinensischen Terrororganisationen und die Schiitenbewegung in Bahrain.

Gleichzeitig geben sich die westlichen und andere Länder keine Mühe zu verhehlen, dass sie mit dem Iran zusammenarbeiten, um den Islamischen Staat zu bekämpfen, und die kommerziellen und politischen Beziehungen zum Iran bereits ausbauen.

Auf diese Weise wird dem Land nicht nur gestattet, den ökonomischen Druck und die politische Isolation abzuschütteln, sondern auch immer mehr zur Hegemonialmacht im Nahen Osten aufzusteigen. Für diese Zwecke stehen dem Iran nun neue Mittel zur Verfügung: er wird im Rahmen des Abkommens gewaltige Summen an Geld erhalten, neue Beziehungen zum Westen, und gleichzeitig einen Sieg über den v.a. amerikanischen Druck feiern können, was vielen in der Region die Stärke des Landes ebenso beweist wie die Schwäche des Westens allgemein und der Vereinigten Staaten im Besonderen.

Zusammengefasst ermöglicht das Abkommen dem Iran sein Ziel zu erreichen, zur führenden Hegemonialmacht aufzusteigen, bevor es überhaupt die Atomwaffen erworben hat, die es als Mittel für genau diesen Zweck haben wollte.

Innere Stabilität und Mäßigung

Die von der US-Regierung ausgedrückte Hoffnung, dass das Abkommen die extremen Positionen des iranischen Regimes mäßigen würde, sind hingegen nichts als ein naive Illusion und Wunschdenken.

Im Gegenteil dürfte die Stärkung der Position der iranischen Führung, der Aufschwung der iranischen Wirtschaft, die Aufwertung des Landes innerhalb der internationalen Gemeinschaft sowie die Wahrscheinlichkeit, dass das Land irgendwann doch noch Atommacht wird, die Rolle des Regimes nur verbessern und zur Unterdrückung der Opposition das ihre beitragen.

Unrealistisches Verlassen auf Geheimdienstinformationen

Das Vertrauen der US-Administration in das Vermögen ihrer Geheimdienste, eine iranische Umsetzung der Verpflichtungen zu überwachen, ist unangebracht. In der Vergangenheit waren die Erfolge der amerikanischen Geheimdienste, geheime Atomprogramme anderer Länder wie z.B. die Nordkoreas, Irans, Syriens, Pakistans, Indiens und des Irak aufzudecken, eher dürftig. Die verdeckte Natur dieser Programme macht die Beschaffung zuverlässiger Informationen außerordentlich schwierig.

Die Gefahr für die israelische Sicherheit

Israel, das zu den Vertragsparteien des Abkommens gehört, sieht sich daher einer höheren Gefährdung ausgesetzt und ist folglich gezwungen, jede Menge Ressourcen einzusetzen, um seine nachrichtendienstlichen Fähigkeiten und seine Verteidigungsbereitschaft angesichts der realen Bedrohung von Seiten des Irans ausdehnen.

Atomares Wettrüsten für die Region und der Atomwaffensperrvertrag

Angesichts der Tatsache, dass das Abkommen den Iran als nukleares Schwellenland anerkennt, ist es mehr als wahrscheinlich, dass Ägypten, Saudi Arabien und die Türkei sowie weitere Staaten sich ein atomares Wettrüsten liefern werden, um militärisch nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dies wiederum wäre eine direkte Infragestellung des Atomwaffensperrvertrages (NPT) (3) und der regionalen wie globalen Stabilität.

Das Abkommen hält am NPT als internationale Regelung für atomare Aktivitäten fest. Es selbst soll keinen Präzedenzfall für andere Staaten darstellen. Doch wie kann im Anschluss noch von irgendeinem Land verlangt werden, nicht ähnliche Vergünstigungen zu erzielen wie der Iran, der den Vertrag gebrochen hat.

Die internationale Position der Vereinigten Staaten

Die umfassenden Zugeständnisse, die die Vereinigten Staaten dem Iran gemacht haben und durch die sie ihre ursprüngliche Position und Zusagen kompromittieren mussten, haben einen ernstzunehmenden Schatten auf die Zuverlässigkeit der amerikanischen Politik gegenüber ihren Alliierten und Partnern in der Region geworfen.

Schwächung der Rolle von UN-Sicherheitsratsresolutionen

Die Anerkennung des Abkommens durch die UN-Sicherheitsratsresolution 2231 vom 20. Juli 2015, (4) verlangt, dass nach Erhalt der Bestätigung durch die IAEO und durch Betreiben der Vereinigten Staaten und der anderen am Abkommen beteiligten Mächte die komplexen, bedeutsamen und wirksamen Sanktionsmechanismen, die seit 2006 dem Iran auferlegt waren, aufgehoben werden sollen. (5)

Diese Absegnung durch den UN-Sicherheitsrat in Form einer hastigen Annullierung sechs bindender Sicherheitsratsresolution nach Kapitel VII der UN-Charta,(6) schwächt nachhaltig die Effektivität und Bedeutung der ganzen Vereinten Nationen und des Sicherheitsrates insbesondere sowie die Fähigkeit jegliche UN-Institution, die Einhaltung des Abkommens zu überwachen.

Entscheidender ist jedoch, dass die Resolution des Sicherheitsrates dazu dient, eine Reihe anderer, nicht minder wichtiger Resolutionen des Rates zu unterminieren, wie die, welche die Staatengemeinschaft zur Unterbindung des Terrorismus aufrufen (Resolution 1566, vom 8. Oktober 2004) (7) oder der Geldströme zur Finanzierung des Terrorismus (Resolution 1373 vom 28. September 2001). (8)

Indem dem Iran vollständige Immunität und Straflosigkeit und damit eine Lizen zur Fortsetzung seiner Politik der Aufstachelung zum Völkermord und zur Vernichtung Israels sowie seiner finanziellen und operationellen Unterstützung von Terrororganisationen und Terroranschlägen in der ganzen Welt gewährt wird, wird grundlegend gegen die UN-Charta verstoßen, v.a. gegen Artikel 2(4), in dem es heißt:

„Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.“

Positive Elemente des Abkommens

Reduktion der Anreicherung

Das Abkommen verlangt vom Iran, seine Produktionsfähigkeit angereicherten Urans mittels der installierten Zentrifugen zu reduzieren und keine weiteren Zentrifugen für 8 Jahre zu produzieren.

Reduktion des im Iran gelagerten angereicherten Uran

Desweiteren muss der Iran seine Vorräte an Uran, das auf Waffenfähigkeit angereichert werden kann, deutlich begrenzen. Er darf über nicht mehr als 300 Kilogramm an UF6 verfügen, das auf 3.67 Prozent angereichert ist, verglichen mit den 7.5 Tonnen, die er im Rahmen des JPOA besitzen durfte und den 12 Tonnen, die er nach Aussagen der US-Regierung tatsächlich besitzt (womit er den JPOA ohne westliche Proteste gebrochen hätte, von zusätzlichen Sanktionen ganz zu schweigen).

Verbesserte Überwachung der offiziellen Anlagen

Das Abkommen verstärkt und verbessert die existierenden Überwachungsmechanismen der offiziell deklarierten Anlagen. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass diese schon seit geraumer Zeit effektiv kontrolliert worden sind.

Reduktion der funktionierenden  Zentrifugen

Das Abkommen reduziert die Zahl der funktionierenden Zentrifugen von 9,000 auf 6,100, von denen 5,600 weiter Uran anreichern dürfen.

Beschränkung der Plutoniumverarbeitung

Das Abkommen beschränkt die Produktion von Plutonium auf die Anlage in Arak und begrenzt damit die Möglichkeiten des Iran, innerhalb der 15 Jahre Laufzeit des Abkommens das Plutonium zur Entwicklung einer Atomwaffe zu beschaffen.

Konsequenzen eines Verstoßes

Trotz der oben dargelegten Schwächen des Abkommens muss der Iran davon ausgehen, dass jeder grundlegende Verstoß dagegen ernsthafte Konsequenzen nach sich zieht, auch eine militärische Intervention ist nicht ausgeschlossen.

Schlussfolgerung und verbleibende Dilemmata

Die Analyse lässt hierbei die politischen Aspekte der Frage, ob das Abkommen ein gutes oder ein schlechtes ist, außer Acht. (10)

Auch soll sich an dieser Stelle nicht mit der grundlegenden Fragestellung auseinandergesetzt werden, ob es eine politisch kluge Entscheidung von der US-Regierung war, Dialog und Zugeständnissen den Vorzug und dem Iran damit die Chance zu geben, das Abkommen als den eigenen Triumph zu verkaufen, anstelle eines iranischen Einlenkens aufgrund des schweren Sanktionsdrucks.

Die Frage, ob die Anwendung militärischer Gewalt den unvermeidlichen iranischen Fortschritt zur Bombe länger hätte hinauszögern können als das Abkommen (und immer noch könnte) bleibt offen. Ganz praktisch gesehen, hätte militärische Gewalt allerdings eine Verzögerung bedeutet. Eine fortgesetzte glaubwürdige Drohkulisse, die wie bisher den Iran davon abschreckt, den Durchbruch als Atommacht zu wagen, würde auch zukünftig den Iran daran hindern, wenn er damit rechnen muss, dass sein Atomprogramm dadurch zerstört würde.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Scheitern des Abkommens im US-Kongress den Iran in Windeseile zur Bombe und damit zum Krieg bringen würde, wie es US-Präsident Obama behauptet, entbehrt jedoch der praktischen Logik.

Das iranische Bedürfnis, das Sanktionsregime der Vereinigten Staaten und anderer wesentlicher Staaten abzuschütteln und dessen Neuauflage zu verhindern, sowie die Furcht des Landes vor einer möglichen Militäraktion sind nicht zu unterschätzende Erwägungen, die den Iran in jedem Fall dazu gebracht hätten, mehr zu tun, um ein besseres Abkommen zu erreichen.

Eine ganze Reihe prinzipieller Probleme erwachsen aus diesem Abkommen. In ihrer kompromisslosen Absicht, unbedingt ein Abkommen zustande zu bringen, ohne die massiven Sicherheitsprobleme zu berücksichtigen, die es für Israel aufwirft, scheinen die US-Regierung und ihre internationalen Kollegen die israelische Position als die eines westlichen, liberal-demokratischen Landes, das in Frontstellung gegen die islamischen Radikalisierung steht, wie sie vom Iran befürwortet und praktiziert wird, zu unterschätzen oder gar zu unterminieren.

Die Versuche, Israels ernstzunehmenden Sorgen damit zu beschwichtigen, indem Entschädigungen für die aus dem Abkommen erwachsenden Gefahren angeboten werden, können nicht wirklich das Ausmaß der Bedrohung verkleinern, die vom Iran für Israel ausgeht.

Das Abkommen bezweckt nicht, die fortgesetzte iranische Unterstützung des internationalen Terrorismus, seine Verwicklung darin und seine deklarierte Politik der Vernichtung Israels zu ändern. Vor allem sollte inzwischen allen klar sein, dass keine noch so wohlmeinende Stellungnahme der amerikanischen Regierung oder irgendeine militärische oder anderweitige Kompensation etwas dagegen ausrichten, dass einem Staat der Weg zur Bombe geebnet wird, der immer wieder seine Verpflichtung, Israel auszulöschen, betont.

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1. http://eeas.europa.eu/statements-eeas/docs/iran_agreement/iran_joint-comprehensive-plan-of-action_en.pdf;
http://eeas.europa.eu/statements-eeas/docs/iran_agreement/annex_1_nuclear_related_commitments_en.pdf http://eeas.europa.eu/statements-eeas/docs/iran_agreement/annex_2_sanctions_related_commitments_en.pdf http://eeas.europa.eu/statements-eeas/docs/iran_agreement/annex_1_attachements_en.pdf http://eeas.europa.eu/statements-eeas/docs/iran_agreement/annex_3_civil_nuclear_cooperation_en.pdf http://eeas.europa.eu/statements-eeas/docs/iran_agreement/annex_4_joint_commission_en.pdf http://eeas.europa.eu/statements-eeas/docs/iran_agreement/annex_5_implementation_plan_en.pdf
2. http://www.weeklystandard.com/blogs/enforcing-iran-deal-another-gaping-hole_1018287.html
3. https://www.iaea.org/sites/default/files/publications/documents/infcircs/1970/infcirc140.pdf
4. http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/RES/2231(2015)
5. See resolutions 1696 (2006), 1737 (2006), 1747 (2007), 1803 (2008), 1835 (2008), and 1929 (2010),
6. http://www.un.org/en/documents/charter/chapter7.shtml
7. http://www.un.org/press/en/2004/sc8214.doc.htm
8. http://unispal.un.org/UNISPAL.NSF/0/392A001F254B4B9085256B4B00708233. Salomon Benzimra, “The Iran Nuclear Deal’s Fallout on the United Nations,” American Thinker, 13 August 13, 2015, http://www.americanthinker.com/articles/2015/08/the_iran_nuclear_deals_fallout_on_the_united_nations.html
9. http://www.un.org/en/documents/charter/chapter1.shtml
10. http://jcpa.org/article/questions-and-answers-about-the-iranian-nuclear-agreement/