Arafat und der Jüdische Staat: Einige Worte zur Aufklärung
Arafat und der Jüdische Staat: Einige Worte zur Aufklärung
Alan Baker
• Am 13. März 2014 äußerte der amerikanische Außenminister John Kerry gegenüber dem amerikanischen Kongress, dass er die prinzipielle israelische Forderung, Israel sei als jüdischer Staat anzuerkennen für einen Fehler halte. Er begründete das u.a. damit, dass der verstorbene Palästinenserführer Yasser Arafat bereits 1988 und 2004 bestätigt habe, dass „es [Israel] ein jüdischer Staat“ sein werde.
• Tatsächlich glaubte auch die amerikanische Regierung zu den jeweiligen Zeitpunkten nicht daran, dass Arafats Worte für eine faktische Anerkennung des Existenzrechts des jüdischen Staates hinreichend wären. Die Äußerungen Arafats von 1988 kommen dieser geforderten Anerkennung nicht einmal nah.
• Im letzten Quartal von 1988 hatte es intensive Bemühungen gegeben, den diplomatischen Dialog zwischen der PLO und den Vereinigten Staaten herzustellen. Zuvor hatten sich alle amerikanischen Regierungen einem Grundsatz verpflichtet gefühlt, den der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger aufgestellt hatte – mit der PLO werde erst dann Dialog geführt, wenn sie Israel anerkenne, die UN-Sicherheitsratsresolution 242 akzeptiere und dem Terrorismus abschwöre.
• Arafat verabschiedete keine eindeutige Erklärung, in der er Israel als jüdischer Staat anerkannte, doch er griff auf die Wortwahl von UN-Vollversammlungsresolution 181 zurück. Die Vereinigten Staaten schlossen daraus, dass die von Washington gesetzte Bedingung für einen Dialog – die Anerkennung Israels – nicht erfüllt sei, so dass kein Dialog zwischen den USA und der PLO zustande kam.
• Tatsächlich war es der aktuellen israelischen Friedensunterhändlerin Justizministerin Tzipi Livni zu verdanken, die darauf bestand, dass in der offiziellen Stellungnahme Israels zur „Roadmap“ von 2003 „ausdrücklich auf Israels Recht als jüdischer Staat zu existieren“ verwiesen werden sollte.
Bei seinem Auftritt vom 13. März 2014 vor dem Außenpolitischen Komitee des Repräsentantenhauses ließ der amerikanische Außenminister John Kerry – Initiator, Hauptunterstützer und Vermittler des aktuellen israelisch-palästinensischen Verhandlungsprozesses – sich zu einer überraschend einseitigen Aussage hinreißen, die zudem eines der wichtigsten und heikelsten Themen auf dem Verhandlungstisch vorverurteilte – die prinzipielle israelische Forderung, Israel sei als jüdischer Staat anzuerkennen.
Kerry führte aus, dass er die israelische Position „für einen Fehler“ halte, da die Frage des „jüdischen Staates“ von der UN-Vollversammlungsresolution 181 von 1947 bereits hinreichend festgelegt worden sei, die die Errichtung eines unabhängigen arabischen und jüdischen Staates in Palästina empfahl. Er sagte weiter, dass mehr als 30-40 Mal in der Resolution von einem „jüdischen Staat“ die Rede sei und fügte hinzu, dass der verstorbene Palästinenserführer Yasser Arafat bereits 1988 und 2004 bestätigt habe, dass „es [Israel] ein jüdischer Staat“ sein werde.
Kerry hat sich damit einmal mehr – wie schon bei vorangegangenen einseitigen und vorurteiligen Bemerkungen – als entweder schlecht beraten oder vorsätzlich um eine Neutralisierung des Themas in den aktuellen Verhandlungen bemüht gezeigt. Dies tut er, indem er versucht zu zeigen, dass die palästinensische Zustimmung zu einem jüdischen Staat Israel bereits 1988 von PLO-Führer Arafat garantiert wurde und diese heute einzufordern daher überflüssig und unnötig sei.
Dazu zitierte er die fragwürdige Äußerung Arafats vom 7. Dezember 1988, bei der jener sagte, „der Palästinensische Nationalrat hat zwei Staaten akzeptiert: einen Palästinensischen und einen Jüdischen – in Klammern ‚Israel‘[sic].“
Trotz des Willens Kerry und anderer, dies retroaktiv als Zeichen der Bereitschaft einer palästinensischen Anerkennung Israels als jüdischer Staat zu deuten, verhält es sich doch genau anders herum: Tatsächlich glaubte auch die amerikanische Regierung zu den jeweiligen Zeitpunkten nicht daran, dass Arafats Worte für eine faktische Anerkennung des Existenzrechts des jüdischen Staates hinreichend wären.
Die Äußerungen Arafats von 1988, auf die sich Kerry bezieht, kommen der aktuell von Israel, den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Deutschland und vielen anderen in der internationalen Gemeinschaft geforderten Anerkennung nicht einmal nah: die Palästinenser müssen Israel als Nationalstaat des jüdischen Volkes anerkennen.
Im letzten Quartal von 1988 hatte es von Seiten des schwedischen Außenministers Sten Anderson intensive Bemühungen gegeben, den diplomatischen Dialog zwischen der PLO und den Vereinigten Staaten herzustellen. Zuvor hatten sich alle amerikanischen Regierungen einem Grundsatz verpflichtet gefühlt, den der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger gegenüber dem israelischen Außenminister Yigal Allon aufgestellt hatte – mit der PLO werde erst dann Dialog geführt, wenn sie Israel anerkenne, die UN-Sicherheitsratsresolution 242 akzeptiere und dem Terrorismus abschwöre. Andersons Bemühungen war es u.a. zu verdanken, dass sich Arafat entschied, am 15.November 1988 auf dem Palästinensischen Nationalratstreffen in Algier die palästinensische Unabhängigkeit zu erklären.
Arafat verabschiedete keine eindeutige Erklärung, in der er Israel als jüdischer Staat anerkannte, doch er griff auf die Wortwahl von UN-Vollversammlungsresolution 181 zurück, die er dazu nutzte, um den Palästinenserstaat auf eine rechtliche Basis zu stellen. Die Vereinigten Staaten schlossen daraus, dass die von Washington gesetzte Bedingung für einen Dialog – die Anerkennung Israels – nicht erfüllt sei, so dass kein Dialog zwischen den USA und der PLO zustande kam.
Ein weiteres Treffen mit ausgewählten Vertretern amerikanischer Juden im Lichte der Öffentlichkeit wurde von Anderson in Stockholm organisiert, wo Arafat eine weitere Erklärung abgab, mit dem Ziel, die amerikanische Zustimmung für die Eröffnung eines offiziellen Dialoges zu gewinnen.
Doch auch dieses Mal lehnten die Vereinigten Staaten ab und auch auf der Sondersitzung der UN-Vollversammlung zur Palästinensischen Frage gelang es Arafat nicht, die von den Amerikanern geforderte Sprachregelung zu erfüllen. Erst nachdem außerordentlicher Druck auf ihn ausgeübt worden war, rückte er widerwillig mit einer Erklärung heraus, die ungefähr dem entsprach, was die Vereinigten Staaten gefordert hatten, die aber auch nicht die Resolution 181 wie ursprünglich wiederholte.
Wichtig ist jedoch festzuhalten, dass die palästinensische Unabhängigkeitserklärung sowie Arafats Äußerungen in Stockholm zu der damaligen Zeit den Anspruch der Vereinigten Staaten für einen diplomatischen Dialog nicht zu erfüllen vermochten. Das heißt, dass Außenminister Kerrys Versuch, die damaligen Äußerungen Arafats als Anerkennung Israels als jüdischer Staat auszulegen, die Geschichte verzerrt. Tatsächlich hatte der Palästinensische Nationalrat Israel nicht als „jüdischer Staat“ akzeptiert. Es wäre falsch, anderes zu behaupten.
Die „Palästinensische Nationalcharta“ – das Gründungsdokument der „gemäßigten“ Fatah, das von der Sechsten Vollversammlung der Fatah der Bewegung im August 2009 in Bethlehem verabschiedet wurde, auf dem auch Mahmoud Abbas zum Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde ernannt wurde – akzeptierte einen Plan, der das Prinzip einer „absolut unwiderruflichen Opposition gegen die Anerkennung Israels als jüdischer Staat“ beinhaltet, „zum Schutz der Rechte der Flüchtlinge und unseres Volkes [die israelischen Araber] jenseits der grünen Linie.“
In verschiedenen Stellungnahmen der letzten Woche haben verschiedene palästinensische Führungspersönlichkeiten und Sprecher getreu ihrer Charta ad nauseam wiederholt, dass sie aus Prinzip Israel nicht als jüdischen Nationalstaat anzuerkennen gewillt sind. Dies ist nicht bloß eine politische Laune, sondern eine strategische Position, die darauf abzielt zu verhindern, dass das mutmaßliche „Rückkehrrecht“ der palästinensischen Flüchtlinge durch eine Anerkennung Israels bestritten werden kann.
Tatsächlich wurde aber dieses Thema bereits in der offiziellen Stellungnahme Israels zur von den Vereinigten Staaten und dem Nahostquartett gesponserten „Roadmap“ vom 30. April 2003 aufgegriffen, bei der Israel „ausdrücklich auf Israels Recht als jüdischer Staat zu existieren“ bestand, womit auch das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtling aufgehoben wurde.
Es war der aktuellen israelischen Friedensunterhändlerin Justizministerin Tzipi Livni – der Partnerin vom Kerry und Abbas in den Verhandlungen – zu verdanken, die diese Stellungnahme verfasste. US-Außenminister Kerry wäre also beraten, zunächst Frau Ministerinn Livni zu konsultieren, bevor er sich zu weiteren Behauptungen in dieser Frage hinreißen lässt.
1. http://www.mfa.gov.il/MFA/ForeignPolicy/Peace/Guide/Pages/UN%20General%20Assembly%20Resolution% 20181.aspx
2. http://www.israelhayom.com/site/newsletter_opinion.php?id=7715
3. http://www.knesset.gov.il/process/docs/roadmap_response_eng.htm