Völkerrecht als Waffe im Kampf gegen Israel

Völkerrecht als Waffe im Kampf gegen Israel

Robbie Sabel

Es gehört inzwischen zum Standard des antiisraelischen Kampfes, Israel als Staat zu stigmatisieren, der das Völkerrecht bricht. Obgleich es keinen Staat gibt, der dahingehend völlig fehlerfrei ist, erweist sich Israels Bilanz bei der Einhaltung des Völkerrechts als auffallend stark. Israelische Gerichte setzen das Völkergewohnheitsrecht als Teil des Landesrechts durch. In einer langen Reihe von Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof Israels die israelische Regierung, Armee und die Sicherheitsdienste angewiesen, ihre Politik zu verändern, wenn sie nach Meinung des Gerichts im Konflikt mit dem Völkergewohnheitsrecht stand. Vermutlich ist es im internationalen Vergleich sogar einmalig, dass sich dieses Gericht in tatsächliche Kampfhandlungen eingemischt hat. Und die israelische Regierung kann ein nahezu vorbildliches Zeugnis vorweisen, wenn es darum geht, ob sie den Anordnungen des Gerichtshofes Folge geleistet hat.

Eine persönliche Anekdote des Autors mag dies unterstreichen: in einer privaten Diskussion ließ ihn ein alles andere als freundlich gesinnter ägyptischer Unterhändler wissen, dass, obwohl Verhandlungen mit Israel „die Hölle“ seien, er sich dessen bewusst sei, dass Israel sich an Abmachungen zu halten pflege.

Vielleicht liegt es daran, dass die Kritiker Israels dies genau wissen, dass sie sich darum bemühen, das Völkerrecht so zu manipulieren, so dass Regeln daraus entstehen, die nur auf Israel anzuwenden sind und nicht etwa auf andere Staaten und andere Situationen. Zu diesen billigen Manipulationsversuchen gehören:

Resolutionen der UN-Vollversammlung

Gemäß der UN-Charta kommt den Resolutionen der Vollversammlung lediglich der Status nicht-verbindlicher Empfehlungen zu.[1] Sie schaffen kein Völkerrecht und kein Staat kann sich der Verletzung solcher Resolutionen „schuldig“ machen. Resolutionen der Vollversammlung sind politische Erklärungen, diktiert von gleich welcher Staatengruppe, die in der Lage ist, zur gegebenen Zeit zum gegebenen Sachverhalt eine Mehrheit aufzubieten. Ein prominentes Beispiel wäre die UN-Vollversammlungsresolution 194 (II) von 1948, in der Maßnahmen zur Lösung des arabisch-israelischen Streits über Flüchtlingsfrage vorgeschlagen wurden.[2] Alle arabischen Mitgliedstaaten der UN stimmten damals gegen die Resolution, da sie die Anerkennung Israels ablehnten.[3] Die Vollversammlung verabschiedete in Folge nur den Teil der Resolution, der sich mit den Flüchtlingen befasst.[4]

Die juristische Interpretation der palästinensischen Seite ist hingegen, dass sich diese Entscheidung auf wundersame Weise in einen verpflichtenden Teil des Völkerrechts verwandelt hat. Die Realität sieht hingegen so aus, dass, egal, wie oft die UN-Vollversammlung diese Resolution wiederholt, sie dadurch nicht verbindlich wird. Oder wie es ein führender französischer Jurist ausdrückt: „Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass mittels Wiederholung nicht normative Resolutionen durch eine Art Beschwörung in positives Recht verwandelt werden könnten.“[5] Es gibt keinen Staat, von dem zu hören wäre, dass er Resolutionen der Vollversammlung als solche für verbindlich halten würde. Dennoch wird immer wieder behauptet, dass Israel Resolutionen der UN-Vollversammlung „verletzen“ würde. Ganz offensichtlich gibt es Interpretationen der UN-Charta, die nur auf Israel anwendbar sind.

UN-Sicherheitsratsresolutionen

Jene Taktiker des „völkerrechtlichen“ Kampfes gegen Israel, die sich dessen bewusst sind, dass UN-Vollversammlungsresolutionen nicht verbindlich sind, versuchen Israel des Bruchs von UN-Sicherheitsratsresolutionen zu beschuldigen. Auch an dieser Stelle ignorieren die Kritiker die ausdrücklichen Regeln der UN-Charta. UN-Sicherheitsratsresolutionen sind nur dann verbindlich, wenn der Rat in Übereinstimmung mit Kapitel VII der Charta entscheidet, dass es sich um einen Akt der Aggression durch einen Staat handelt, oder dass die Handlungen eines Staates eine Gefahr für den Weltfrieden darstellen.[6]

Der Sicherheitsrat hat jedoch niemals eine derartige Erklärung bezüglich Israels abgegeben, im Übrigen auch nicht hinsichtlich der arabischen Aggression gegen Israel. Wie die UN-Vollversammlung handelt es sich beim Sicherheitsrat um eine politische Institution und seine Stellungnahmen sind politischer Natur, keine rechtskräftigen Urteile. Die Mitgliedsstaaten der UN haben sich nur dann darum bemüht, Resolutionen des Sicherheitsrates umzusetzen, wenn es sich um unter Kapitel VII verabschiedete handelte. Trotz dieser in der Charta begründeten Bedingung wird Israel vorgeworfen nicht verbindliche Sicherheitsratsresolutionen „verletzt“ zu haben.

„Illegale“ Militärbesatzung

Es existiert eine berechtigte Debatte darüber, ob die Gebiete des Westjordanlands tatsächlich das Territorium eines souveränen Feindstaates sind und folglich unter die Regeln für militärische Besatzungsregime fallen. Doch weit über diese Debatte hinaus findet sich bei nahezu allen antiisraelischen Publizisten die Redewendung, die israelische Militärbesatzung an sich sei „illegal“.[7] Natürlich gestattet das Völkerrecht in einem bewaffneten Konflikt militärische Besetzung. Auch der UN-Sicherheitsrat hat die israelische Besatzung interessanterweise niemals als illegal bezeichnet, und das liegt nicht etwa in einer Sympathie mit der Politik Israels begründet, sondern im Bewusstsein, dass im Falle eines militärischen Konfliktes Besatzung vollständig legal ist.[8]

Die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates haben zweifelsohne die alliierte Besetzung Deutschlands und Japans nach dem Zweiten Weltkrieg vor Augen, die mit dem Kriegsrecht vereinbar ist. Auch die amerikanische Besetzung des Irak nach dem letzten Golfkrieg gilt als rechtmäßig und wurde ausdrücklich vom Sicherheitsrat anerkannt.[9] Die Anwendung militärischer Besetzung für das Westjordanland mag Israel in Sachen Öffentlichkeitsarbeit nicht viele Punkte eingebracht haben, doch sie ist legal und die Alternative, d.h. eine Ausdehnung israelischer Gerichtsbarkeit auf die Gebiete wäre einer Annexion gleichgekommen. Der Umstand, dass Israel sich an dieser Stelle rechtmäßig verhalten hat, hat seine Ankläger nicht davon abgehalten, für israelische Aktivitäten ein neues völkerrechtliches Konzept zu erfinden – das der „illegalen Besetzung“.

Das „Rückkehrrecht“ der arabischen Flüchtlinge

Im Rahmen des Völkerrechts muss ein Staat seine Angehörigen auf sein Territorium lassen und so ist es möglich, vom „Rückkehrrecht“ Staatsangehöriger in ihren Heimatstaat zu sprechen. Internationale Verträge, die auch Israel unterzeichnet hat, beziehen sich auf das Recht von Personen mit einigen Einschränkungen „in ihr Heimatland“ zurückzukehren.[10] Die wesentlichen Menschenrechtsverträge der Region stellen klar, dass „in ihr Heimatland“ sich nur auf Staatsbürger eines solchen Landes bezieht.[11] Unter manchen Akademikern gibt es die Meinung, dass dieses Recht sich auch auf Einwohner mit dauerhaftem Aufenthaltsstatus beziehen sollte,[12] doch bislang ist dieser Position anscheinend kein Staat gefolgt und so interpretieren Regierungen die Regelung als nur auf Staatsangehörige anwendbar.

Die Manipulation der Regel, wie sie von arabischen Staaten vorgelegt wird, behauptet indes, dass es eine „weit verbreitete völkerrechtliche Praxis sei“, dass alle palästinensischen arabischen Flüchtlinge ein „Rückkehrrecht“ nach Israel hätten, selbst wenn sie weder israelische Staatsbürger noch dauerhafte Bewohner Israels sind.[13]

Die Interpretation des Begriffs „palästinensische Flüchtlinge“ wurde in diesem Kontext sogar auf alle direkten Abkömmlinge ausgedehnt. Die arabische Behauptung geht inzwischen so weit, dass selbst Personen, die in einem anderen Land geboren wurden als Eltern und Großeltern und Staatsangehörige anderer Länder sein könnten, den völkerrechtlichen Anspruch eines „Rückkehrrechts“ nach Israel inne hätten. Schätzungsweise könnten über 5 Millionen Menschen so ein „Rückkehrrecht“ nach Israel einklagen. Ein derartige Interpretation der Begriffe „Flüchtling“ und „Völkerrecht“ hat sich bislang nirgends außerhalb des israelisch-palästinensischen Konflikts ergeben. Und es sollte hinzugefügt werden, dass das Festhalten der palästinensischen Unterhändler an dieser Forderung, Israel solle das „Recht“ anerkennen, viel dazu beigetragen hat, eine pragmatische Lösung des Problems zu verhindern.

„Apartheidsmauer“

Es gibt deutliche Versuche, Israel mit dem hässlichen Phänomen des Rassismus und der Apartheid zu besudeln, indem man versucht, die israelische Sicherheitsbarriere als „Apartheidsmauer“ zu bezeichnen.[14]

Jegliche Grenzanlage dient der Trennung von Gebieten und man mag auf eine Welt ohne Grenzen hoffen. Doch solange Israel mit Terroranschlägen konfrontiert ist, hat es einen berechtigten Grund dafür, so wie andere Staaten eine Barriere zu errichten, die Terrorismus und illegale Grenzübertritte verhindern.[15] Jene, die den Zaun eine „Apartheidsmauer“ nennen, beziehen sich dabei häufig auf eine Stellungnahme des Internationalen Gerichtshofes zu der Frage.[16] Dabei unterschlagen sie, dass jener dabei weder das Wort „Apartheid“ verwendet noch eine Analogie zur „Apartheid“ hergestellt hat. Obwohl das Gericht den Verlauf der „Mauer“ als jenseits der „Grünen“ Waffenstillstandslinie von 1949,[17] kritisiert hat, war es doch sorgsam genug, Israels Recht, einen solchen Sicherheitszaun zu bauen, im Prinzip nicht zu bestreiten.

Apartheid wird als „Politik sozialer und politischer Rassentrennung und Diskriminierung durch ein weißes Minderheitenregime in Südafrika 1948-1994“ definiert.[18] Einem Wörterbuch zufolge handelt es sich dabei um „Rassentrennung; spezifischer: die ehemalige Segregationspolitik sowie politische und ökonomische Diskriminierung gegen nicht-europäische Gruppen in der Republik Südafrika.“[19] Zu den wesentlichen Merkmalen der südafrikanischen Apartheidspolitik gehörten: Verbot von Eheschließung zwischen Weißen und Angehörigen „anderer Rassen“;[20] Verbot außerehelicher Sexualbeziehungen zwischen Weißen und Schwarzen; [21] Verbot von Facharbeit für Schwarze in urbanen Gebieten abgesehen von der für Schwarze vorgesehenen;[22] Streikverbot für Schwarze;[23] Verbot des Erwerb von Bildung für Schwarze, die sie dazu führen könnte, „gesellschaftliche Positionen anzustreben, die ihnen nicht gestattet“ sind.[24] Schwarze Studenten durften wesentliche weiße Universitäten nicht besuchen.[25] In öffentlichen Einrichtungen wie Restaurants, Swimming Pools und öffentlichem Verkehr waren „Nur für Europäer“- und „Nur für Nicht-Europäer“-Schilder aufgehängt, um diese Regelungen durchzusetzen.[26] Selbst Israels schärfste Ankläger müssten sich unwohl fühlen zu behaupten, dass dies der Situation in Israel entspräche.

Angesichts dessen, dass es dem Apartheidsvorwurf gegen Israel an Glaubwürdigkeit mangelt, wurde die Anklage erhoben, dass allein der Umstand, dass Israel ein jüdischer Staat ist, eine „Apartheid ähnliche“ Situation beweise.[27] Auf einer Webseite heißt es, dass „Apartheid ihren Ursprung in Errichtung des kolonialistischen jüdischen Staates“ habe.[28] Der Knackpunkt der Vorwürfe gegen Israel liegt in der oft wiederholten Behauptung, dass der israelische Rassismus „am deutlichsten in der jüdischen Flagge Israels, seiner Hymne und seinen Nationalfeiertagen symbolisiert“ werde.[29] Die Ankläger verlieren natürlich kein Wort an Kritik an den liberalen Demokratien, die christliche Kreuze auf ihren Fahnen tragen, oder die zahlreichen islamischen Staaten mit dem Halbmond des Islam als Staatswappen. Wieder scheint es, eine spezifische juristische Definition von Apartheid zu geben, die nur auf Israel zutrifft.

Das vielleicht deutlichste Zeichen dafür, was sich wirklich hinter dem Vorwurf „israelischer Apartheid“ verbirgt, findet sich auf einer der Webseiten, die dafür werben. Dort heißt es, dass zu den Zielen einer „Verfolgung des Apartheidsverbrechens“ gehöre, „der wahren Mehrheit den Zugang zur Macht in ihrem eigenen Land zu ermöglichen, während gleichzeitig die Rechte ethnischer Minderheiten gewahrt bleiben.“[30] Mit anderen Worten, das wahre Ziel der „Apartheidskampagne“ ist die Delegitimierung des Staates Israel und die Bestimmung, dass die einzige Situation, die für die jüdische Bevölkerung in Israel rechtens ist, die einer „geschützten“ ethnischen Minderheit in einem arabischen Palästinenserstaat wäre.

Der juristische Status der Waffenstillstandslinie

Eine israelische Regierung wird darüber befinden müssen, ob es die 1949 im israelisch-jordanischen Waffenstillstandsabkommen gezogene Linie – als „Grüne Linie“ bekannt – als Ausgangspunkt für Verhandlungen über eine Grenze zwischen Israel und einem zukünftigen palästinensischen Staat wählt. Diese Frage wird meisten dahingehend manipuliert, dass behauptet wird, dass die Grüne Linie bereits den Status einer rechtlich verbindlichen Grenze hätte.

Das israelisch-jordanische Waffenstillstandsabkommen von 1949 bezeichnet die Grüne Line als Demarkationslinie des Waffenstillstandes, [31] und erklärt, dass sie nicht verstanden werden darf als eine „Vorwegnahme einer endgültigen politischen Einigung zwischen den Parteien.“[32] Das Abkommen fährt daraufhin fort, ausdrücklich zu erklären, dass die Demarkationslinie von den Parteien ohne Vorwegnahme zukünftiger Siedlungen und Grenzverläufe oder Ansprüche der beiden Seiten geschlossen wurde.“[33] Weder Israel noch Jordanien haben die Grüne Linie je als internationale Grenze beabsichtigt. Vor 1967 haben Jordanien und andere arabische Staaten sogar darauf verzichtet, die Grüne Linie als eine Grenze anzuerkennen in ihrem Widerwillen, Israel sogar innerhalb dessen zu akzeptieren.

Bei der Unterzeichnung des Friedensvertrages haben Israel und Jordanien gegenseitig die Beendigung des Waffenstillstandsabkommens beschlossen.[34] In Übereinstimmung mit dem Völkerrecht überdauern internationale Grenzen das Auslaufen der Verträge, die sie etablierten. Dies gilt allerdings nicht für Waffenstillstandslinien, die natürlich vorübergehend für die Zeit des Waffenstillstands sind und auslaufen, sobald dieser ausläuft. Insofern gibt es formal keinerlei rechtliche Grundlage für die Grüne Linie.

Die UN-Sicherheitsratsresolution 242, die von allen Konfliktparteien als Rahmen für Friedensverhandlungen betrachtet wird, erwähnt die Grüne Linie nicht. Der israelisch-jordanische Friedensvertrag bezieht sich auf die unter dem Mandat festgelegten Grenzen, nicht jedoch auf die Grüne Linie.[35]

Die UN-Vollversammlungsresolution, die ein Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshof über die „Rechtlichen Konsequenzen der Errichtung einer Mauer auf besetztem palästinensischen Territorium“ einforderte, bezog sich ebenfalls nicht auf die Grüne Linie. Die schriftliche Stellungnahme der Arabischen Liga an den Internationalen Gerichtshof erwähnt in diesem Fall die „Waffenstillstandslinie, die nun die Grenze zwischen Palästina und Israel darstellt.“ Sie fährt aber fort: „Zweck des Waffenstillstandes war nicht die Errichtung oder Anerkennung von territorialen, vormundschaftlichen oder sonstigen Rechten, Ansprüchen oder Interessen der Parteien.“[36] Der jordanische Richter Al-Khasawneh kam in einer unabhängigen Meinung zu dem Schluss, dass es keinen Grund gäbe, die „Grüne Linie als dauerhafte Grenze“ zu betrachten.[37] Selbst in Folge des endgültige Gutachtens des Internationalen Gerichtshofes, das Israel scharf für den Verlauf der „Mauer“ kritisiert, heißt es, dass diese Stellungnahme nicht andeuten soll, dass „die Grüne Linie als endgültige Grenze“ zu betrachten sei.[38]

Nichtsdestotrotz wird die Behauptung immer weiter verbreitet, dass, sofern es Israel betrifft, die vorübergehende Waffenstillstandslinie den rechtlichen Status einer dauerhaften Grenze hätte.

Untersuchungskommissionen

Wenn die Vereinigten Staaten, Großbritannien oder andere demokratische Staaten Untersuchungsausschüsse damit beauftragen, die Rechtmäßigkeit des Vorgehens ihrer Streitkräfte zu überprüfen, dann wird das in der Welt als Zeichen der demokratischen Verfasstheit dieser Staaten wahrgenommen. Dem Autor sind dabei keine Fälle bekannt, bei denen gefordert worden wäre, dass in solchen Kommissionen Ausländer vertreten sein sollten.

Israel hat sich einen guten Ruf für seine unabhängige und unparteiische Judikative erarbeitet. Dennoch wird es damit konfrontiert, dass sobald eine juristische Untersuchungskommission eingerichtet ist, nahezu immer ganz automatisch gefordert wird, dass Nichtisraelis an der Kommission beteiligt sind. Erneut zeigt sich, dass es eine völkerrechtliche Regel für israelische Untersuchungsausschüsse zu geben scheint und eine andere für den Rest der Welt.

Gaza besetzt?

Seit dem einseitigen Rückzug Israels aus Gaza von 2005 gab es keine israelische Kontrolle des Gebietes durch eine israelische Militärverwaltung. Gaza wird von der Hamas regiert. Die dort herrschenden Gesetze, sowohl für das Straf- wie das Zivilrecht, sind Gesetze der Hamas. Die Gruppe kontrolliert die Wirtschaft, die Steuern, die Gerichte, die Polizei und die Gefängnisse. Zudem verfügt sie über ihre eigenen schwer bewaffneten Milizen. Ganz offensichtlich ist die Hamas-Regierung weder von Israel eingesetzt worden, noch untersteht sie der israelischen Kontrolle. In jeglicher juristischer Hinsicht befindet sich Gaza also nicht unter israelischer Besatzung. Israel hält eine Blockade aufrecht, um zu verhindern, dass Waffenlieferungen Gaza erreichen, doch dies stellt keine „Besatzung“ dar. Über die Landgrenze Gazas mit Ägypten hat Israel keinerlei Kontrolle.

Nach Völkerrecht kann nur dann ein Territorium als besetzt gelten, das „tatsächlich der Autorität einer feindlichen Armee unterworfen ist.“[39] Der Internationale Gerichtshof verkündete dazu, dass „ein Territorium […] dann als besetzt [gilt], wenn es tatsächlich der Autorität einer feindlichen Armee unterstellt ist. Besatzung ist nur für jene Gebiete anwendbar, wo eine solche Autorität errichtet wurde und ausgeübt werden kann.“[40] In einem späteren Fall bekräftigte das Gericht diese Entscheidung: „Besatzung verlangt die Ausübung von Autorität durch ausländische Truppen.“[41] Selbst der Bericht des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zu der Frage kommt zu dem Schluss, dass „Besatzung nicht ausgeübt und aufrecht erhalten werden kann durch die Ausübung von Macht außerhalb des besetzten Territoriums. Es braucht dafür eine Anzahl von Truppen vor Ort.“[42] Der Bericht verweist dabei auf die traditionellen Regeln zum Thema Besatzung „mit ihrer starken Betonung einer faktischen und dauerhaften Präsenz von Bodentruppen.“[43]

Aus politischen Gründen möchte die PLO den Status von Gaza als „besetzt“ bewahren.[44] Überraschend ist dabei, dass auch das Rote Kreuz weiterhin behauptet, dass Gaza unter israelischer Besatzung stünde.[45] Erneut zeigt sich, dass es eine ganz einmalige Definition von „Besatzung“ gibt, die nur auf Israel zutrifft.

Kriegsvölkerrecht

Beim Kriegsvölkerrecht handelt es sich um einen der besser ausgearbeiteten Teile des Völkerrechts. Viele seiner Verträge gehen dabei auf das Völkergewohnheitsrecht zurück. Die demokratischen Staaten, zu denen auch Israel gehört, haben dieses Recht in die Vorschriften und militärischen Handbücher ihrer Streitkräfte eingearbeitet. Was Israel angeht hat man sich aber jüngst bemüht, extra neue Regeln zu erfinden:

· Verhältnismäßigkeit im Gefecht:

Das Kriegsvölkerrecht erkennt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in zwei Kontexten an. Zum einen ist es verboten, ein militärisches Ziel anzugreifen, wenn die Zahl der zu erwartenden zivilen Opfer zu hoch im Vergleich zum zu erreichenden militärischen Vorteil ist.[46] Zum zweiten muss eine Selbstverteidigungsmaßnahme der Bedrohung gegenüber angemessen sein.[47] Für Israel wurde jedoch anscheinend eine weitere Regel eingeführt: Israel darf im Gefecht auf keine Waffen zurückgreifen, die denen ihrer terroristischen Gegner überlegen wären. Für andere Staaten gilt dies natürlich nicht: im Gegenteil, alle Armeen streben danach, ihre Streitkräfte militärisch besser auszustatten als es gegnerische Truppen sind. Dass dies eine universelle militärische Praxis ist, hat auf jene keinen Einfluss, die Israel „unverhältnismäßigen“ Einsatz in Gefechtssituationen vorwerfen.

· Zivile Opfer:

Zivile Opfer sind bedauerlicherweise häufig Teil bewaffneter Konflikte. Dies gilt ganz besonders, wenn feindliche Kräfte ihre Waffen unter Zivilisten verstecken, so wie es die Hamas in Gaza und die Hisbollah im Libanon tut. Es verstößt gegen das Kriegsvölkerrecht, vorsätzlich Zivilisten anzugreifen. Ein Staat kann sich juristisch haftbar machen für rücksichtslose und nachlässige Zielauswahl. Nur für Israel gilt jedoch, dass zivile Opfer in allen Fällen als „Kriegsverbrechen“ bezeichnet werden, auch wenn anerkannt ist, dass Israel umfangreiche Maßnahmen trifft, um zivile Opfer zu vermeiden oder zu minimieren.[48]

Selbstverteidigung nur gegen Staaten

Der vielleicht offenkundigste Versuch, das Völkerrecht gegen Israel zu manipulieren, war die Mehrheitsentscheidung des Internationalen Gerichtshof gegen Israel, dass es kein Recht auf Selbstverteidigung hätte gegen Angriffe, die aus dem Gebiet unter Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde kommen. Das Gericht befand, dass es die Frage, ob Israels Sicherheitszaun einen legitimen Akt der Selbstverteidigung gegen Terroranschläge darstelle, gar nicht erst untersuchen wolle. Das Gericht begründete diese Entscheidung mit seiner Interpretation von Artikel 51 der UN-Charta, in welchem „im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen […] das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung“ anerkannt wird. Das Gericht entschied, dass es sich dabei um einen Angriff von einem ausländischen Staat handeln müsse, auch wenn die UN-Charta davon überhaupt nicht spricht.

Der Gerichtshof entschied somit, dass „Artikel 51 der Charta in diesem Fall nicht anwendbar“ sei[49] und schlussfolgerte, dass Israel keinerlei Recht auf Selbstverteidigung gegen Terroristen hätte, die aus Gebieten der Palästinensischen Autonomiebehörde heraus agieren. Weder die britischen, noch die niederländischen noch die amerikanischen Richter des Gerichtshofes stimmten dieser irritierenden Entscheidung zu,[50] die von anderen Staaten nicht akzeptiert wird. In einem akademischen Artikel dazu heißt es: „Staatliche Praxis legt nachdrücklich nahe, dass die internationale Gemeinschaft das Recht auf Selbstverteidigung gegen nicht-staatliche Akteure auf dem Gebiet eines anderen Staates akzeptiert, wenn dieser nicht zuverlässig den Terrorismus zu verhindern oder zu unterdrücken vermag.“[51]

Schlussfolgerung

Israel hält sich nachweislich sehr wohl an das Völkerrecht und seine Judikative garantiert, dass dies so bleibt. Das Prinzip eines Rechtssystems ist jedoch, dass das Recht für alle gilt. Dieses Prinzip wird von den Feinden Israels unterwandert, um das Völkerrecht gegen das Land zu manipulieren. Indem maßgeschneiderte völkerrechtliche Bestimmungen, die nur für Israel gelten, ersonnen werden, wird das Völkerrecht unterminiert, was einen heimtückischen und zersetzenden Angriff auf die allgemeine Rechtsstaatlichkeit darstellt.

[1] „Except for certain internal matters, such as the budget, the Assembly cannot bind its members. It is not a legislature in that sense, and its resolutions are purely recommendatory.” “The Assembly is essentially a debating chamber.” Malcolm Shaw, International Law, sixth edition (2008), p. 1212.

[2] UNGA Resolution 194 (III), UN GAOR, 3rd session, part I, 1948, Resolutions, pp. 21-24.

[3] Israel war zu dieser Zeit noch kein UN-Mitglied.

[4] Article 11 of UNGA Resolution 194 (III), UN GAOR, 3rd session, part I, 1948, Resolutions, pp. 21-24.

[5] Prosper Weil, “Towards Relative Normativity in International Law,” 77 American Journal of International Law 413 (1983).

[6] “Most Council resolutions contain only exhortations or recommendations.” “A Chapter VII resolution has therefore become shorthand for a legally binding measure.” Anthony Aust, Handbook of International Law 2005 (2009), p. 214.

[7] Zum Beispiel: “Europe is ultimately taking part in the subjugation of the Palestinians by funding Israel’s illegal occupation.” http://www.counterpunch.org/2013/03/13/funding-and-denouncing-israeli-occupation

[8] http://fr.slideshare.net/fullscreen/yohanntaieb3/decision-de-lacourdappel/1; : http://www.israel-flash.com/2013/04/la-cour-dappel-de-versailles-olp-c-alstom-et-veolia-conclut-que-loccupation-par-israel-nest-pas-illegale/#ixzz2QWVjg6eB

[9] S/RES/1483 (2003). http://daccess-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N03/368/53/PDF/N0336853.pdf?OpenElement

[10] Article 5-(d)(ii), Convention for the Elimination of All Forms of Racial Discrimination 1965, seit 4. Januar 1969, 660 UNTS 195; Article 12(4), International Convention on Civil and Political Rights 1966, seit 23. März 1976, 999 UNTS 171.

[11] American Convention on Human Rights 1969, seit 18. Juli 1978, 9 ILM 673 (1970); European Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms 1950, seit 3. September 1953, 213 UNTS 221; Protocol No. 4 to the European Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms 1963, seit 2. Mai 1968, ETS 46. Siehe auch: “Declaration of Principles of International Law on Mass Expulsion,” 62 International Law Association Conference Report 13 (ILA 1986), Articles 1, 2, 3, 7.

[12] Oriol Casanovas, “La Protection Internationale des Réfugiés et des Personnes Déplacées dans les Conflits Armés,” 306 Recueil des Cours 2003 (2005) 86.

[13] http://www.nad-plo.org/permanent/refugees.html

[14] Die Gegner des Schutzzaunes benutzen den Begriff „Mauer“ obwohl nur ca. 3 Prozent der Barriere eine echte 10 Meter hohe Mauer darstellen. Eine Organisation hat ein 300-seitiges Pamphlet veröffentlich, in dem sie „beweisen“ möchte, dass Israel tatsächlich ein Apartheidsstaat sei. Occupation, Colonialism, Apartheid? A re-assessment of Israel’s practices in the occupied Palestinian territories under international law, Democracy and Governance Programme of the Human Sciences Research Council of South Africa. http://www.hsrc.ac.za/Media_Release-378.phtml

[15] Für andere demokratische Staaten mit ähnlichen Zäunen: http://www.jewishvirtuallibrary.org/jsource/Peace/fence.html

[16] ICJ Advisory Opinion, Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, 9. Juli 2004.

[17] R. Sabel, “The International Court of Justice Decision on the Separation Barrier and the Green Line,” Israel Law Review 38, 1-2 (2005), p. 316.

[18] http://www.africanaencyclopedia.com/apartheid/apartheid.html Das Statut des Internationalen Strafgerichtshof definiert Apartheid als eines der Verbrechen gegen die Menschlichkeit. http://www.un.org/depts/german/internatrecht/roemstat1.html#T27

[19]http://www.merriam-webster.com/dictionary/apartheid

[20] Prohibition of Mixed Marriages Act, Act No. 55 of 1949.

[21] South African Immorality Amendment Act, Act No. 21 of 1950; amended in 1957 (Act 23).

[22] South African Bantu Building Workers Act, Act No. 27 of 1951.

[23] South African Native Labour (Settlement of Disputes) Act of 1953.

[24] South African Bantu Education Act, Act No. 47 of 1953.

[25] South African Extension of University Education Act, Act No. 45 of 1959.

[26] South African Reservation of Separate Amenities Act, Act No. 49 of 1953.

[27] “Israel has made itself into a white colonial settler state, mimicking South Africa before the end of apartheid.” Lisa Rofel, Anthropology, UC Santa Cruz. http://www.arabicnews.com/ansub/Daily/Day/060609/2006060907.html

[28] http://www.stopthewall.org/downloads/pdf/4PageFactSheetOctober9.pdf

[29] Daryl J. Glaser, “Zionism and Apartheid: a moral comparison,” Ethnic and Racial Studies 26, 3 (2003), pp. 403-421,403, 408.

[30] http://www.geocities.com/savepalestinenow/internationallaw/studyguides/sgil3k.htm

[31] 1949 Hashemite Jordan Kingdom-Israel General Armistice Agreement, 656 UNTS 304, Article III, paragraph 2.

[32] Article VI, paragraph 8, ibid.

[33] Article VI, paragraph 9, ibid. Article 5(2): “it is not to be construed in any sense as a political or territorial boundary and is delineated without prejudice to rights, claims and positions of either Party to the Armistice as regards ultimate settlement of the Palestine question.”

[34] Obwohl der israelisch-jordanische Friedensvertrag das Waffenstillstandsabkommen nicht ausdrücklich aufhebt, so sind doch beide Abkommen inkompatibel.

[35] Article 3(1), 1994 Treaty of Peace between the State of Israel and the Hashemite Kingdom of Jordan. Annex I (a) Article 2 (A)(7) Teil der Linie, die Jordanien vom Westjordanland trennt wird bezeichnet als: “ administrative boundary between Jordan and the territory which came under Israeli Military government control in 1967.”

[36] Written Statement of the League of Arab States, Januar 2004, paragraphs 1.2, 5.15.

[37] Separate Opinion, Judge Al‑Khasawneh, paragraphs 10, 11.

[38] C/2004/03, paragraph 35.

[39] Article 42 of the 1907 Hague Regulations.

[40] ICJ Advisory Opinion, Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, 9. Juli 2004, paragraph 78.

[41] ICJ, Armed Activities on the Territory of the Congo (Democratic Republic of the Congo v. Uganda), 19. Dezember 2005, Para.173.

[42] ICRC, Occupation and Other Forms of Administration of Foreign Territory, Report prepared and edited by Tristan Ferraro Legal adviser, ICRC, Summary, Article 1. http://www.icrc.org/eng/resources/documents/publication/p4094.htm

[43] ICRC,Occupation and Other Forms of Administration of Foreign Territory, Report prepared and edited by Tristan Ferraro Legal adviser, ICRC, p. 48. http://www.icrc.org/eng/resources/documents/publication/p4094.htm

[44] See on this issue Dore Gold, “Legal Acrobatics: The Palestinian Claim that Gaza is Still ‘Occupied’ Even After Israel Withdraws.” http://www.icjs-online.org/indarch.php?eid=490&ICJS=2394&article=53

[45] http://www.icrc.org/eng/where-we-work/middle-east/israel-occupied-territories/index.jsp

[46] Article 51 (5) (b) of 1977 Additional Protocol I to the Geneva Conventions of 12 August 1949 and Relating to the Protection of Victims of International Armed Conflicts.

[47] The Caroline Case, J. Moore, Digest of International Law 2, p. 412 (1906).

[48] Report of the UN Fact Finding Mission on the Gaza Conflict (A/HRC/12/48) (2009); The “Goldstone” Report.

[49] ICJ Advisory Opinion, Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, 9. Juli 2004, paragraph 139.

[50] Separate opinions of Judges Higgins, Buergenthal, and Owada, ICJ Advisory Opinion, Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, 9. Juli 2004.

[51] Kimberly N. Trapp, “Back to Basics: Necessity, Proportionality and the Right of Self-Defence Against Non-State Terrorist Actors,”56 International and Comparative Law Quarterly, pp. 141, 156 (2007).