Die Palästinensische Autonomiebehörde und die Heiligen Stätten des Judentums im Westjordanland: Testfall Rachels Grab

  • Rachels Grab liegt am nördlichen Stadtrand von Bethlehem, ca. 460 Meter südlich der Jerusalemer Stadtgrenze. Seit mehr als 1700 Jahren gilt es als das Grabmal der Stammmutter Rachel. Das Bauwerk mit Kuppel und Olivenbaum ist ein jüdisches Symbol und erscheint auf tausenden Zeichnungen, Fotografien, Kunstwerken und den Einbänden heiliger Bücher des Judentums. Heute ist der kleine Kuppelbau eingefasst von verstärktem Beton mit Schießscharten, Schützengräben und Tarnnetzen.

  • Im Waffenstillstandsabkommen vom 3. April1949 verpflichtete sich Jordanien, Israel “freien Zugang zu den Heiligen Stätten und kulturellen Einrichtungen, sowie die Verwendung des Friedhofs auf dem Ölberg” zu gestatten. Tatsächlich kam Jordanien dieser Zusage nicht nach und für 19 Jahre, bis 1967, war es Juden nicht erlaubt, die Klagemauer, Rachels Grab, die Höhle der Patriarchen in Hebron, Josephs Grab in Shechem (Nablus) oder andere für Juden heilige Orte zu besuchen, die sich in jordanischer Hand befanden.

  • Im Gaza-Jericho-Abkommen vom Mai 1994 heißt es: “Die Palästinensische Autonomiebehörde verpflichtet sich, freien Zugang zu allen heiligen Stätten von Gaza-Streifen und dem Jericho-Gebiet zu gewährleisten.” Das israelisch-palästinensische Interimsabkommen, unterzeichnet am 28. September 1995 vor dem Weißen Haus, regelte den Status von dreiundzwanzig heiligen Orten des Judentums. Die Palästinenser versicherten Zugangsfreiheit zu diesen Stätten. In der Realität wurde der Zugang von ihnen aber extrem erschwert oder völlig unmöglich gemacht.

  • Im Oktober 2007 wurde das Joseph-Grab in Nablus angegriffen, angezündet und entweiht. Der drusischen Grenzpolizei-Unteroffizier Yusef Madhat verblutete am 4.Oktober, da die palästinensische Seite seine Evakuation verweigerte. Die “Shalom al Israel” Synagoge von Jericho wurde ebenfalls angegriffen. Heilige Bücher und Reliquien wurden verbrannt und das antike Mosaik der Synagoge zerstört.

  • Nach Jahrhunderten der Anerkennung der Stätte als Rachels Grab begannen Muslime im Jahr 2000, sie als “Bilal ibn Rabah Moschee” zu bezeichnen – ein Name, welcher seitdem in den nationale Diskurs der Palästinenser eingeflossen ist. Dieser palästinensische Anspruch ignoriert den Fakt, dass ottomanische firmans (Dekrete) den Juden im Land das Recht auf Zugang zu der Stätte seit Beginn des 19. Jahrhunderts gaben. Die israelischen Erfahrungen seit dem Osloer Abkommen haben gezeigt, dass die Verantwortlichkeit für die heiligen Stätten der Juden sowie die Zugangswege in israelischen Händen bleiben sollte.

Die Befestigung des Rachels Grab

Im September 1997 wichen die israelischen Medien von ihrer Nachrichtenroutine Sicherheit und Gesellschaft betreffend ab und für einige Tage waren sich Presse, Radio- und Fernsehstationen einig in ihrer harschen Kritik dessen, was am Grab Rachels, der Mutter des jüdischen Volkes, als architektonische Katastrophe erschien. Schriftsteller, Dichter, Intellektuelle und Journalisten beklagten den Verlust des pittoresken Anblicks: des kleinen Steinbaus mit Kuppel, dem angefügten Raum und dem alten Olivenbaum. Außer sich protestierten sie gegen die neue Sicht: einen gigantischen Betonbau umgeben von Gewehrstellungen und Wachtürmen, welcher den Blick auf den antiken, traditionellen Bau, wie er in der kollektiven Erinnerung Israels verankert ist, verdeckt.[1]

Die architektonische Logik hinter dieser Befestigung basiert auf Sicherheitserwägungen: es hatte hunderte von Zwischenfällen gegeben, in welchen Palästinenser aus Bethlehem und benachbarten Flüchtlingslagern Steine und Molotowcocktails gegen jüdische Pilger und israelische Soldaten geworfen oder sogar auf sie geschossen hatten.

1700-jährige Tradition

Rachels Grab liegt am nördlichen Stadtrand von Bethlehem, ca. 460 Meter südlich der Jerusalemer Stadtgrenze. Seit mehr als 1700 Jahren gilt es als das Grabmal der Stammmutter Rachel. Eine breite Masse an Literatur – jüdischer, christlicher wie islamischer Pilger – dokumentiert diese Stätte als den Ort von Rachels Bestattung.[2]

Juden sind seit Generationen zu diesem Platz gekommen um zu beten, zu flehen und Hilfe zu erfragen. Die Stätte ist eine Art Klagemauer en miniature geworden, an dem bittende Juden ihr Herz ausschütteten und ihr Leid in den Armen der geliebten Mutter klagen konnten, wo sie Trost und Heilung finden konnten.

Jüdischer Tradition zufolge haben Rachels Tränen Wunderkräfte,[3] weshalb jene, welche ihr Grab besuchen, sie bitten zu weinen, um so mit Gott zu vermitteln. Laut Genesis 35: 16-19 starb Rachel bei der Geburt Benjamins “und wurde begraben an dem Wege nach Efrata, das nun Bethlehem heißt,” und ist damit die Mutter, deren Tränen nach jüdischer Tradition und Geschichte, biblischer Interpretation und Essenz besondere Funktion zukommt.[4] Schriftsteller, Dichter und Exegeten haben ihre Tränen mit nahezu jeder Katastrophe identifiziert, welche das jüdische Volk heimsuchte.

Besucher von Rachels Grab verbanden sie und ihre Tränen mit dem Grabmal an sich.

Das Bauwerk mit Kuppel und Olivenbaum wurde ein jüdisches Symbol.[5] Der dem Bauwerk von Sir Moses Montefiore 1841 hinzugefügte Raum diente nur zur Betonung dieser Beziehung. Das Grabmal ist seitdem auf tausenden Zeichnungen, Fotografien, Kunstwerken und den Einbänden heiliger Bücher des Judentums erschienen. Wer es allerdings heute besucht wird Schwierigkeiten haben, den Ort so zu erkennen, wie er in Herzen und Erinnerung der Juden vorhanden ist. Der kleine Kuppelbau – Erinnerung und Grabmal der Matriarchin Rachel – wurde eingefasst von verstärktem Beton mit Schießscharten, Schützengräben und Tarnnetzen.

Entsprechend eines israelischen Regierungsbeschlusses vom 11. September 2002 wurde Rachels Grab, welches Millionen Juden seit dem Sechstagekrieg besucht haben, vom israelischen Sicherheitszaun eingeschlossen. Dadurch wurde der Anblick weiter verschandelt. Nicht nur, dass sich das Grabmal in der Befestigung befand, auch die kurze Zufahrtsstraße – wenige hundert Meter von Jerusalem entfernt – wurde durch Betonmauer und Schießstellungen abgeschottet.

Das Schicksal heiliger jüdischer Stätten

Seit seiner Gründung wurde der Staat Israel immer wieder massiv enttäuscht nach Abkommen, durch welche heilige jüdische Stätten unter die Obhut benachbarter arabischer und palästinensischer Herrschaft gestellt wurden. Am 3. April 1949 unterzeichnete Israel einen Waffenstillstand mit Jordanien. Nach Paragraph 8, Artikel 2 der Vereinbarung,

verpflichtete sich Jordanien, Israel “freien Zugang zu den Heiligen Stätten und kulturellen Einrichtungen, sowie die Verwendung des Friedhofs auf dem Ölberg” zu gestatten. Tatsächlich durften Juden nicht nur nicht zu den Gräbern ihrer Angehörigen auf dem Ölberg, sondern die Stätte wurde auch massiv entweiht. Jüdische Grabsteine wurden zerschmettert, einige als Pflaster- oder Mauersteine verwendet.[6] Jordanien gestattete Juden keinen Zugang zu ihren heiligen Stätten. Für 19 Jahre, bis 1967, war es ihnen nicht erlaubt, die Klagemauer, Rachels Grab, die Höhle der Patriarchen in Hebron, Josephs Grab in Shechem (Nablus) oder andere für Juden heilige Orte zu besuchen, die sich in jordanischer Hand befanden.[7]

Im Mai 1994 unterzeichnete Israel das Gaza-Jericho-Abkommen in Kairo. Laut Annex II, Artikel 15 verpflichtet sich die “Palästinensische Autonomiebehörde … freien Zugang zu allen heiligen Stätten von Gaza-Streifen und dem Jericho-Gebiet zu gewährleisten,” und erwähnt dabei die Naaran Synagoge, den jüdischen Friedhof in Tel Sammarat, die “Shalom al Israel” Synagoge in Jericho, sowie die Synagoge in Gaza-City.[8]

Am 28. September 1995 wurde vor dem Weißen Haus das israelisch-palästinensische Interimsabkommen unterzeichnet, durch welches den Palästinenser die Verantwortung für zivile und Sicherheitsangelegenheiten in zusätzlichen Gebieten des Westjordanlandes übertragen wurde. In Erfüllung dieser Vereinbarung zog Israel aus sechs palästinensischen Städten sowie einem Teil Hebrons die israelischen Streitkräfte sowie die zivile Verwaltung ab. Zusätzlich zog sich Israel aus 450 Dörfern, Städten, Flüchtlingslagern sowie anderen Gebieten im ganzen Westjordanland zurück.

Die heiligen Stätten in diesen Gebieten, wie auch in anschließenden Regionen (Zugangswege welche durch palästinensische Gebiete oder nahe an ihnen vorbei führten) wurden als “Orte religiöser Bedeutung” oder “archäologische Stätten” klassifiziert. Das Abkommen regelte zudem den Status von dreiundzwanzig heiligen Orten des Judentums, einschließlich der Grabmäler biblischer Figuren, Ruinen antiker Synagogen und Friedhöfe. Die Palästinenser versicherten Zugangsfreiheit zu diesen Stätten.[9] In der Realität wurde der Zugang von ihnen aber extrem erschwert oder völlig unmöglich gemacht.

Im Oktober 2007 wurde das Joseph-Grab in Nablus angegriffen, angezündet und entweiht. Der drusischen Grenzpolizei-Unteroffizier Yusef Madhat verblutete am 4.Oktober, da die palästinensische Seite seine Evakuation verweigerte. Es wurde hochgradig schwierig für Juden andere, weniger bekannte Orte, wie das Grabmal Avner ben Ners nahe Hebron[10] oder ähnliche Stätten zu erreichen, ganz zu schweigen von der Synagoge in Gaza. Allein bei der “Shalom al Israel” Synagoge von Jericho hielten sich die Palästinenser im Allgemeinen für eine Weile an das Abkommen, bis sie ebenfalls beim Ausbruch der Zweiten Intifada im Herbst 2000 angegriffen wurde. Heilige Bücher und Reliquien wurden verbrannt und das antike Mosaik der Synagoge zerstört.[11] Bedauerlicherweise ist es 2007 zu einer weiteren merklichen Verschlechterung der Behandlung jüdischer heiliger Stätten von Seiten der Palästinenser gekommen, einschließlich des Grabmals Joshua bin Nuns in Kefel Hares.[12] Im November 2007 begann die Palästinensische Autonomiebehörde mit Aufräumarbeiten am Josephs-Grab. Gespräche wurden aufgenommen über die Besuchsmöglichkeiten für Juden für diese Stätte.

Petitionen oberster jüdischer Geistliche für “Mutter Rachel”

Als 1995 bekannt wurde, dass der israelische Ministerpräsident Yitzhak Rabin seine Zustimmung dazu gegeben hatte, dass den Palästinenser die volle Verantwortung für zivile und Sicherheitsangelegenheiten an Rachels Grab übertragen werde, provozierte diese massive Reaktionen in der jüdischen Welt. Der oberster Rabbi Israels, Israel Meir Lau traf sich mit Premier Rabin mit der Botschaft, dass man sich nicht von “seiner Mutter” trenne. In einer emotionsgeladenen Szene brach der hoch betagte Knessetabgeordnete der ultra-orthodoxen Yahadut Hatorah Partei, Menachem Porush, an der Schulter Rabins in dessen Büro in Tränen aus. Er gab Rabin keine Ruhe, bis er seine Entscheidung änderte.[13] Rabbis, politische Parteien, jüdische Organisationen und viele bedeutende Persönlichkeiten engagierten sich in dieser Frage bis Rabin und Shimon Peres, zu dieser Zeit Außenminister, eine neue Übereinkunft mit Yassir Arafat erzielt hatten: Rachels Grab und die Zugangsstraße würden unter israelischer Kontrolle verbleiben.

Am 1. Dezember 1995, nach Rabins Ermordung, gelangte Bethlehem mit der Ausnahme der Grabmals-Enklave unter die vollständige Kontrolle der palästinensischen Autonomiebehörde. Rachels Grab ist seitdem ein Außenposten an Jerusalems Südgrenze. Es wurde massiv befestigt. Juden können es nur noch in kugelsicheren Fahrzeugen unter militärischer Begleitung besuchen.

Gründe für die Befestigung

Im Februar 1996 gab es den allgemeinen Verdacht, dass es von palästinensischer Seite zu Terror- und Selbstmordanschlägen gegen Rachels Grab geben würde, wie es sie an anderen Orten in Israel gegeben hatte. Die IDF befürchteten, dass das Grabmal ein leichtes Ziel sein würde, da es an der Verbindungsstraße zwischen Jerusalem und Hebron lag, welche zu diesem Zeitpunkt sowohl von Arabern als auch Juden gut befahren wurde. Dies führte zu der Entscheidung, das Grab zu befestigen.

Zum ersten Mal seit 1967 begannen die Palästinenser zu behaupten, dass Rachels Grab “auf islamischem Gebiet” sei.[14] Ende September 1996 kam es zu palästinensischen Krawallen nach der Eröffnung eines antiken Tunnels in Jerusalem. Nach einem Angriff auf Josephs Grab und seine Stürmung durch Palästinenser, begannen hunderte von Einwohnern Bethlehems und des Flüchtlingslagers Aida, Rachels Grab anzugreifen. Es wurde das umgebende Gerüst angezündet und versucht einzubrechen. Die Randalierer wurden angeführt von dem durch die PA ernannten Gouverneur Bethlehems Muhammad Rashad al-Jabari. Die IDF zerstreuten den Mob mit Schüssen und Blendgranaten. Es kam zu dutzenden Verletzten. Eine von ihnen war Kifah Barakat, Kommandeur der Force 17 PA-Elitetruppe von Arafats Präsidentengarde.[15]

In den folgenden Jahren kam es von palästinensischer Seite zu gelegentlichen Störungen von Ruhe und Ordnung, doch die Situation eskalierte Ende 2000 mit dem Ausbruch der zweiten Intifada. Für 41 Tage war es Juden unmöglich, das Grab zu besichtigen, da es unter palästinensischen Gewehrbeschuss stand.[16]

Seit Beginn der Unruhen wurden Schüsse vom zwischen Beit Jala und Bethlehem liegenden Flüchtlingslager Aida auf Rachels Grab abgegeben, sowie von den Dächern von Gebäuden westlich, südlich und östlich. Die Sicherheitskräfte der PA, welche dafür verantwortlich waren, die Ordnung zu bewahren, versagten nicht nur dabei, die Gewalt zu verhindern, sondern nahmen sogar aktiv daran teil. Mit Zunahme der Schüsse auf Soldaten und Besucher sah sich die IDF gezwungen, die Dächer der Häuser zu besetzen. Zwei israelische Soldaten, Shahar Vekret und Danny Dai, starben dabei. Darai wurde von Atef Abayat getötet, einem Tanzim-Mitglied, welcher zu dieser Zeit das größte Terrornetzwerk in Bethlehem leitete.[17] In seinem Buch Permission Given enthüllt der israelische Journalist Ronen Bergman, dass Abayat nicht nur nicht verhaftet wurde, wie es Israel von der PA verlangte, sondern dass Yasser Arafat persönliche Anweisungen gab, ihn zu bezahlen.

Am 4. Dezember 2000 wurde Rachels Grab von Fatah-Mitgliedern und Angehörigen des palästinensischen Sicherheitsdienstes angegriffen. Im Mai 2001 sahen sich fünfzig jüdische Pilger im Grabmal eingeschlossen, als ein Gefecht zwischen palästinensischen Schützen und israelischen Soldaten ausbrach.[18] Im März 2002 übernahm die IDF im Rahmen der “Operation Schutzschild” erneut die Kontrolle Bethlehems und belagerte im April 2002 die Geburtskirche, welche unweit des Grabes von Terroristen besetzt worden war. In den letzten Jahren gab es eine Reihe von weiteren Angriffen auf das Grab (auch wenn die militärische Kontrolle das Maß an Gewalt reduzieren konnte), wie die Bomben vom 10. April 2000 und 27. Dezember 2006, sowie durch Steine werfende Mobs wie jüngsten am 10. Februar 2007.

Der oberste Gerichtshof Israels, welcher häufig palästinensischen Klagen für eine Abänderung des Sicherheitszaunes nachgegeben hat, erkannte die offensichtliche Notwendigkeit eines Schutzes der heiligen Stätte an und wies am 3. Februar 2005 einen palästinensischen Antrag zur Korrektur des Zaunverlaufes an. Das Gericht entschied, dass das Gleichgewicht zwischen der Freiheit der religiösen Verehrung und der Bewegungsfreiheit der Anwohner gewahrt werden müsse.[19]

Erfindung religiöser Ansprüche von palästinensischer Seite

Nach Jahrhunderten der Anerkennung der Stätte als Rachels Grab begannen Muslime im Jahr 2000, sie als “Bilal ibn Rabah Moschee” zu bezeichnen.[20] Mitglieder des Waqf benutzten diesen Namen bereits 1996, doch er ist erst seitdem in den nationalen Diskurs der Palästinenser eingeflossen ist. Bilal ibn Rabah ist der Name eines Äthiopiers, welcher im Hause des Propheten Mohammed als Sklave und erster Muezzin (die Person verantwortlich für das fünfmal tägliche Aufrufen aller Gläubigen zum Gebet) diente.[21] Nach dem Tode Mohammeds kämpfte ibn Rabah in den islamischen Kriegen in Syrien, und starb im Jahr 642 und wurde entweder in Damaskus oder Aleppo begraben.[22] Die Palästinensische Autonomiebehörde behauptete, dass nach islamischer Tradition, die islamischen Eroberer die Moschee am Rachel-Grab nach Bilal ibn Rabah benannten.

Dieser palästinensische Anspruch ignoriert den Fakt, dass ottomanische firmans (Dekrete) zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Juden im Land das Recht auf Zugang zu der Stätte gaben.[23] Ebenfalls ignoriert wird die islamische Tradition, welche Rachel verehrt und die Seite als ihre Grabstätte betrachtet. Entsprechend dieser Tradition kommt der Name “Rachel” von dem Wort “wandern”, da sie während ihrer Wanderung starb und an der Straße bei Bethlehem beerdigt wurde.[24] Ihr Name wird im Koran erwähnt[25] und andere islamische Quellen berichten, dass Joseph am Grab seiner Mutter Rachel niederfiel und bitter weinte als die Karawane mit seinen Fängern vorbeizog.[26] Für Jahrhunderte wurden heilige Männer des Islam (Walis) in Grabmälern ähnlich dem Rachels bestattet.

Und plötzlich wird ohne weiteres diese Verbindung zwischen der selbst von Moslems verehrten Rachel und ihrem Grab geleugnet und der Ort als “Bilal ibn Rabah” Moschee bezeichnet. Der bekannte Orientalist Professor Yehoshua Porat hat diese “islamische Tradition” als “Fälschung” bezeichnet. Ihm zufolge ist der traditionelle arabische Name der Stätte “Dom der Rachel, Platz, an dem die Juden beteten.”[27]

Bis vor einigen Jahren fand sich in offiziellen palästinensischen Publikationen kein Wort über eine derartige Moschee. Gleiches gilt für das von der Arabischen Liga und der PLO 1984 herausgegebene Palestinian Lexicon oder die nach 1996 in Italien publizierte palästinensische Enzyklopädie Al-Mawsu’ah al-Filastiniyah. In dem Buch Palestine, the Holy Land herausgegeben vom Palästinensischen Rat für Entwicklung und Wiederaufbau mit einem Vorwort von Yasser Arafat heißt es schlicht, “an der nordwestlichen Einfahrt zur Stadt [Bethlehem] befindet sich das Grabmal der Matriarchin Rachel, welche bei der Geburt Benjamins” starb. Das Buch The West Bank and Gaza – Palestine bezeichnet die Stätte ebenfalls als das Grab der Rachel und nicht als Moschee des Bilal ibn Rabah.[28] Dennoch hat der gegenwärtige palästinensische Stellvertretende Minister für Stiftungen und religiöse Angelegenheiten Rachels Grab als islamische Stätte bezeichnet.[29]

Am Yom Kippur 2000, sechs Tage nach dem Rückzug der IDF vom Joseph-Grab, veröffentlichte die palästinensische Zeitung Al-Hayat al-Jadida einen Artikel, in welchem das Rachel-Grab als nächstes Ziel bezeichnet wurde. In Auszügen heißt es da: “Bethlehem – ‘Rachels Grab’, bzw. die Bilal ibn Rabah Moschee’, ist einer der Nägel, welche die Besatzungsregierung und die zionistische Bewegung in viele Palästinenserstädte geschlagen hat… Dieses Grab ist falsch und war ursprünglich eine islamische Moschee.”[30]

Schlussfolgerungen

Jenseits religiöser, historischer oder politischer Argumentationen über das Recht, heilige Stätten des Judentums in den Gebieten von Judäa und Samaria zu kontrollieren, hat sich anhand der Situation seit dem Osloer Abkommen gezeigt, dass die Verantwortlichkeit für die heiligen Stätten der Juden sowie die Zugangswege nicht den Palästinenser überlassen werden, sondern in israelischen Händen bleiben sollte.

Die Palästinenser nutzen, wie in der Vergangenheit am Tempelberg oder an der Klagemauer, reale oder angebliche religiöse Interessen, um daraus politisches Kapital für ihre nationale Kampagne zu schlagen. Das Beispiel von Rachels Grab, welches zweitausend Jahre[31] anerkannt als heilige Stätte der Juden, nun “Rachels Festung” geworden ist, dient dabei nur der Illustration.

Nadav Shragai ist Autor von At the Crossroads, the Story of the Tomb of Rachel (Jerusalem Studies, 2005); The Mount of Contention, the Struggle for the Temple Mount, Jews and Muslims, Religion and Politics since 1967 (Keter, 1995); und “Jerusalem is Not the Problem, It is the Solution,” in Mister Prime Minister: Jerusalem, ed. Moshe Amirav (Carmel and the Florsheimer Institute, 2005). Er schreibt seit 1983 für die israelische Tageszeitung Ha’aretz.


[1] Für eine ausführlichere Version dieses Artikels, siehe Nadav Shragai, At the Crossroads, the Story of the Tomb of Rachel, Jerusalem Studies, 2005, S.216-26 (Al em ha-derekh, sipuro shel kever rachel, shaarim le-heker yerushalaim, 2005, 216-26).

[2] Für weitere Dokumentationen, siehe Avraham Yaari, Jewish Pilgrims’ Journeys to the Land of Israel (Gazit, 1946) (Masaot eretz israel shel olim yehudim, Gazit, 1946); Zeev Vilnai, Sacred Tombstones in the Land of Israel (Rav Kook Institute, 1963) (Matzevot kodesh be-eretz israel, Mosad harav kook, 1963); Michael Ish Shalom, Christian Pilgrimages to the Land of Israel (Am Oved, 1979) (Masaot notrzim l’Eretz Israel, Am Oved, 1979); Natan Shor, “The Jewish Settlement in Jerusalem according to Franciscan Chronicles and Travellers’ Letters” (Yad Ben-Tzvi, 1979) (Ha-yeshuv ha-yehudi be-yerushalaim al pi chronickot frantziskaniot ve-kitvei nosim, Yad Ben-Tzvi, 1979); Eli Schiller, The Tomb of Rachel (Ariel, 1977) (Kever Rachel, 1977). Für eine Zusammenfassung dieser und anderer Quellen siehe At the Crossroads, the Story of the Tomb of Rachel, Part I, 1700 Years of Testimony (Jerusalem Studies, 2005) (Al em ha-derekh, sipuro shel kever rachel, helek alef, 1700 shanim shel eduiot, Shaarim le-heker yerushalaim, 2005).

[3] Siehe Zusammenfassung in Gilad Messing, And You Were Better than Us All (Private Publication, 2001), S. 161-4 (Ve-at alit al kulanu, hotzaa pratit, 2001, pp. 161-4).

[4] Als Beispiel, siehe Shragai, At the Crossroads, S. 163-5.

[5] Ibid*.*, S. 14.

[6] Meiron Benvenisti*, The Torn City* (London: Weidenfeld and Nicholson, 1973), S. 78-9.

[7] Ibid., S. 78-81; Shmuel Berkowitz, The Wars of the Holy Places (Jerusalem Institute for Israeli Studies and Hed Artzi, 2000), S. 50, 54 (Milhamot ha-mekomot ha-kedoshim, Machon yerushalaim le-heker israel ve-hed artzi, 2000, S. 50, 54).

[8] Berkowitz, ibid., S. 215.

[9] Ibid., S. 215-21.

[10] Eine biblische Figur, Herrführer in Sauls Armee. Erwähnt hauptsächlich in 2. Samuel.

[11] “Sharm el-Sheikh Fact-Finding Committee – First Statement of the Government of Israel,” Jewish Holy Sites, #233, 28. Dezember 2000. http://www.israel.org/MFA/MFAArchive/2000_2009/2000/12/Sharm%20el-Sheikh%20Fact-Finding%20Committee%20-%20First%20Sta

[12] Jonathan Dahoah Halevi, “A History of Desecrating Holy Sites,” Jerusalem Center for Public Affairs (Hebrew) 29. Oktober 2007. http://www.jcpa.org.il/JCPA/Templates/showpage.asp?FID=416&DBID=1&LNGID=2&TMID=99&IID=9522

[13] Shragai, At the Crossroads, S.198-208.

[14] Danny Rubinstein, “Bethlehem does not want to be Berlin,” Ha’aretz, 16. Februar 1996.

[15] Shragai, At the Crossroads, S. 216.

[16] Ibid., S. 229.

[17] Ibid., S. 235-6.

[18] Ibid., S. 242.

[19] Entscheidung des Obersten Gerichtshofes Israels, 2. Februar 2005.

[20] Shragai, At the Crossroads, S. 230-1.

[21]Danny Rubinstein, “The Slave and the Mother,” Ha’aretz, 9.October 1996, sowie private Interview mit Orientalist Yoni Dehoah-Halevi.

[22] Ibid.

[23] Shragai, At the Crossroads, S. 48-52; Miginzei Kedem, Documents and Sources from the Writings of Pinhas Name, ed. Yitzhak Beck (Yad Yitzhak Ben-Tzvi, 1977), S. 30-32 (Teudot u-mekorot tokh kitvei Pinhas, Miginzei Kedem, Yad Yitzkah Ben-Tzvi, 1977, S. 30-32).

[24] Eli Schiller, The Tomb of Rachel, S. 18.

[25] Ibid.

[26] Ibid.

[27] Yehoshua Porat, “Two Graves, Two Worlds,” Ma’ariv, zur selben Zeit.

[28] Moslems übernahmen dieselbe Taktik für die Klagemauer. Zusätzliche Information findet sich in Dr. Berkowitz’ Werk. Er fand heraus, dass es bis in das elfte Jahrhundert unter islamischen Gelehrten keine Einigkeit darüber gab, wo Mohammed sein geflügeltes Pferd al-Buraq nach seinem Nachtflug angebunden haben soll. Einige identifizierten die Südmauer des Tempelbergs, andere die Ostmauer. Doch kein einziger verwies auf die Westmauer, welche, heilig im Judentum, in der Diaspora als Klagemauer, im Hebräischen als Westliche Mauer bezeichnet wird. Gleichwohl tauchte eine solche Behauptung kurz vor dem Ausbruch der “Wall riots” zwischen Juden und Moslems von 1929 erstmalig auf. Während dieser Unruhen kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen in Jerusalem und auf dem Tempelberg, welche in die benachbarten Gebiete übergriffen und regelmäßige Besuche von Rachels Grab einschränkte. 1929 forderte die Waqf die Kontrolle über das Grab, mit der Begründung, es sei Teil eines nahegelegenen islamischen Friedhofs. Sie forderte außerdem, dass die alte islamische Sitte der Leichenreinigung im Vorbau des Grabmals (gebaut von Montefiori 1841) vorgenommen werden sollte.

[29] Shragai, At the Crossroads, S. 233.

[30] Al-Hayat al-Jadida, 8. Oktober 2000.

[31] Christliche Quellen haben diese Stellen vor nahezu zweitausend Jahren identifiziert. Als Beispiel, siehe NT, Matthäus 2:18.