Den Zusammenbruch der Israelisch-Palästinensischen Verhandlungen verstehen

Die erklärten Ziele der palästinensischen Autonomiebehörde

Der zweite Camp David-Gipfel (Juli 2000) war der Höhepunkt von nahezu zehn Jahren politischen Dialoges zwischen Israel und den Vertretern der Palästinenser, und von fast sechs Jahren Interimsabkommen seit der gegenseitigen Anerkennung durch Israel und die PLO. Dennoch resultierte aus Camp David II keine israelisch-palästinensische Friedenvereinbarung, um den langwierigen Konflikt zwischen der palästinensischen nationalen Bewegung und der jüdischen nationalen (zionistischen) Bewegung zu beenden. Die Verhandlungen zwischen Israels Premierminister Ehud Barak und dem Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) Yasser Arafat (der auch Führer der PLO und der Fatah-Bewegung ist), unter der Leitung von US-Präsidenten Bill Clinton, hoben eher die großen Unterschiede zwischen den zwei Seiten in den wesentlichen Fragen des Konfliktes hervor.

Trotz vieler Ideen und Vorschläge, die (nach deren eigenen Aussagen) viele Zugeständnisse gegenüber der Position der Palästinenser enthalten, blieb die palästinensische Haltung in Grundsatzfragen kompromisslos fordernd, nämlich: Einwilligung zu allen UN-Entscheidungen als den rechtmäßigen Grundlagen einer Lösung des „Palästina-Problems“; ein vollständiger israelischer Rückzug aus den 1967 besetzten Territorien, einschließlich Jerusalems; die Errichtung eines vollständig souveränen palästinensischen Staates; und die Lösung des palästinensischen Problems auf der Basis der UN-Resolution 194, die von Israel fordert, Verantwortung für das Flüchtlingsproblem anzuerkennen, den Flüchtlingen und ihren Nachkommen zu erlauben, nach Israel zurückzukehren und ihre Wohnungen und ihr Eigentum innerhalb ihres Territoriums wieder in Besitz zu nehmen und sie zu entschädigen.

Der Gipfel von Taba (Januar 2001) und die politische Initiative von Präsident Clinton, die im Schatten des gleichzeitig stattfindenden palästinensischen „Unabhängigkeits- und Rückkehrkrieges“ statt fanden, stellten einen letzten Versuch der Regierung Israels und der US-Administration dar, eine Lösung am Vorabend von Wahlen in beiden Ländern zu erzielen. Selbst diese führten nicht zu einer Mäßigung der grundlegenden politischen Haltung der PA.

Die politisch unüberbrückbare Differenz zwischen der PA und Israel, die in den Verhandlungen für eine dauerhafte Lösung zutage trat, ist zuallererst der fundamentale Gegensatz zwischen den Vorstellungen der Hauptverantwortlichen des Konflikts und dem eigentlichen Ziel der Verhandlungen. Aus israelischer Sicht bestand der Konflikt im Wesentlichen zwischen den zwei politischen Gemeinwesen, die jetzt bereit sein könnten, einen historischen Kompromiss zu erreichen, der dann zu einer wahren Koexistenz zwischen zwei unabhängigen Staaten führen würde. Der historische Kompromiss basierte auf Israels Vorstellung vom Traum auf „das ganze Land“ abzurücken, d.h. von „ganz Eretz Israel“ einerseits und jenem von „ganz Palästina“ andererseits. Diesem Ansatz zufolge war das Ziel der Verhandlung, eine Formel zu erreichen, die die Unterschiede zwischen den beiden Seiten überbrücken würde (zum Beispiel, Israels Anerkennung eines palästinensischen Staates und ein Kompromiss bezüglich Jerusalem, im Gegenzug eines palästinensischen Zugeständnisses in der Flüchtlingsfrage). Aus Israels Sicht war das letztgültige Ziel des ganzen Prozesses der Abschluss einer endgültigen Vereinbarung, die das Ende des Konflikts und die Einstellung weiterer palästinensischer Forderungen bedeutete, besonders von Forderungen, die die ganze Voraussetzung der Vereinbarung ändern könnten (wie die Rückkehr von Flüchtlingen nach Israel, oder die Rückgabe privaten und öffentlichen palästinensischen Eigentums in Israel).

Der palästinensische Ansatz unterschied sich grundsätzlich von dem Israels, sowohl in seiner Grundwahrnehmung des Kerns des Konfliktes als auch in den Verhandlungszielen. Aus der Sicht der PA (und ebenso aus der Sicht der Fatah und der PLO), ist das vorliegende Thema keine Frage politischer Konfrontation zwischen palästinensischen und israelischen Kontrahenten über ein bestimmtes Paket des Territoriums, sondern ein Kampf zwischen zwei Zivilisationen, die einander in ihren grundsätzlichen Weltanschauungen und nationalen Erwartungen gegenüber stehen. Der 100 Jahre andauernde Kampf zwischen Zionismus und der palästinensischen nationalen Bewegung (Arafat kennzeichnet den ersten Zionistenkongress in Basel als den historischen Wendepunkt) fügte den Palästinensern eine „Katastrophe“ (nakba) zu. Diese Katastrophe, die die „erzwungene Ausweisung der Palästinenser von ihrem Land“ 1948 und 1967 mit sich brachte und seitdem ihre Abhängigkeit „vom Besatzungsjoch“, ist „ein historisches Unrecht“. Diesem Grundsatz zufolge sind Israelis „Eindringlinge“ in ein Land, das ihnen nicht gehört, wo sie ein Gemeinwesen geschaffen haben, das ein ausländischer Fremdkörper innerhalb arabischen und muslimischen Lebensraumes ist und welcher als ein Brückenkopf für „Imperialismus“ und westliche Zivilisation dient. Zudem ist es ein existentieller Kampf zwischen der zionistischen Bewegung und dem palästinensischen nationalen Vorhaben.1

Eine solche Wahrnehmung dient zudem als Fundament der „revolutionären“ ideologischen Plattform der Fatah-Bewegung, die von Arafat geführt wird. Diese Plattform ist seit der letzten allgemeinen Ratssitzung 1989 nicht revidiert worden und dies trotz einer Hinwendung zum Dialog mit Israel. Zahlreiche offizielle PA- und Fatah-Veröffentlichungen zeigen, dass, soweit es sie betrifft, diese Position noch immer gültig ist. Sakher Habash, ein Mitglied des Zentralrats der Fatah, einer ihrer Gründer und ihr anerkannter Chef-Ideologe, bezog sich in einer Rede im Namen Arafats auf das Wesen der israelisch-palästinensischen „kulturellen Konfrontation“:2

Erfahrung lehrt uns, dass ohne die Errichtung eines palästinensischen Staates im ganzen Land,3 kein Frieden erreicht werden kann. Wir stehen in einem Kampf, durch den wir die zionistische Gesellschaft zwingen können, Zionismus loszuwerden, weil es keine Koexistenz zwischen Zionismus und der palästinensischen nationalen Bewegung geben kann. Die Juden müssen den Zionismus loswerden, der sie regiert, der sie von einem Konflikt in den anderen zwingt, und der ihren Interessen nicht dient. Sie müssen Bürger eines Staates der Zukunft werden, dem demokratischen palästinensischen Staat.

In ähnlicher Form hält ein internes Papier des obersten Ausschusses der Fatah in der Westbank fest:

O ihr Fatah-Kämpfer und Helden, … da ist kein Weg zurück, da ist keine Rückkehr zur Grossen Sünde,4 zu den Fehlern und dem Abweichen vom richtigen Weg. Groß-Palästina wird nicht als der kleine Rettungsschwimmer an den Stränden von Tel Aviv fungieren. Palästina, das aus Blut und Macht der getroffenen Entscheidungen entsteht, wirft heute die Kleider der Knechtschaft ab … Und jetzt rückt der zionistische Mythos von seinen Positionen ab, dieser Mythos wird kapitulieren, und sie werden aus unserem Land verschwinden, sie werden Gilo, Ofra und Beitar verlassen, sie werden aus ihrem falschen Mythos herauskommen, und wir werden auf unsere Intifada zumarschieren, um eine Wiedergeburt zu erreichen … Dieses Jahr werden wir Beistand gegen den Feind finden, während wir die äußere Haut ihres künstlichen Mythos wegschälen werden und es unserem Willen zufolge umformen werden … Dann werden die Grenzen von Palästina Gestalt annehmen: Von jedem Haus, von jeder Brust, von jedem Schrei, von jedem Tropfen Blut entstehen die Grenzen Palästinas … Da wird keine Versöhnung zwischen Dir Yassin5 und der Haganah sein, auch nicht zwischen Dalal al Maghrabi6 und Barak, noch zwischen unserer Diaspora und was als Friedensprozess und die Wiederansiedlung der Flüchtlinge bezeichnet wird. Dies ist die Intifada der Rückkehr zum Primat des Dorfes, der Heimat und dem Schlüssel7…. Die Fatah-Bewegung hat ihre Bedingungen für Frieden proklamiert, als da sind: das Recht der palästinensischen Flüchtlinge auf Rückkehr in ihre Häuser, gemäss UN-Resolution 194, sowie ihrem Recht auf Entschädigung, ein totaler israelischer Rückzug auf die Grenzen von 1967, die Rückkehr Jerusalems unter arabisch-palästinensische Souveränität, das Recht auf Selbstbestimmung und Schaffung eines Staates, Auflösung der Siedlungen, Vertreibung aller Siedler und das Ende der Besatzung in all ihren Formen… Wenn diese Ziele nicht erreicht werden, ist der Weg, dem die Fatah folgen wird, klar – ein Ringen und Kämpfen mit allen Mitteln und auf jede Art, um diese Rechte zu erwirken.8

Der Unterschied zwischen einer politischen Lösung und einer historischen Lösung

Hinsichtlich der Lösung des palästinensischen Problems unterscheiden die PA, die Fatah und die PLO eindeutig zwischen einer „politischen Lösung“ und einer „historischen Lösung.“9 Diese Unterscheidung bezieht ihre Inspiration und Rechtmäßigkeit aus den Entscheidungen der 12. Vollversammlung des palästinensischen Nationalrates (PNC) von 1974, allgemein als die „Phasendoktrin“ bekannt. Damals drückte diese Doktrin eine wesentliche Änderung in der Strategie der PLO aus, einen Übergang von der starren Doktrin kompromisslosen bewaffneten Kampfes zur Befreiung von ganz Palästina [auf einmal], hin zur Annahme eines allmählichen Befreiungsprozesses wie es die vorherrschenden politischen und militärischen Zustände erlauben, aber ohne die Prinzipien des „bewaffneten Kampfes“ aufzugeben und ohne einen Zentimeter von Palästina aufzugeben. Im Folgenden sind einige der Entscheidungen der 12. Vollversammlung des PNC aufgeführt, die den Weg für Arafats Rede vor der UNO-Vollversammlung ebneten und das politische Engagement der PLO in Gang setzten:

  • Art. 2: Die PLO wird mit allen Mitteln kämpfen, zuallererst durch den bewaffneten Kampf, um das Land Palästina zu befreien und die unabhängige Herrschaft der kämpfenden Nation auf jeden Teil Palästinas zu errichten, das befreit werden wird … dies wird eine große Veränderung im Kräfteverhältnis zugunsten unserer Nation und ihres Kampfes bringen.
  • Art. 3: Die PLO wird gegen die Einsetzung jeglichen palästinensischen Gemeinwesens kämpfen, das palästinensische nationale Rechte auf Rückkehr und Selbstbestimmung auf seinem nationalen Territorium aufgibt.
  • Art. 4: Jeder Schritt, der zu Befreiung führt, muss im Rahmen der (großen) PLO-Strategie erfolgen, den demokratischen Staat Palästina zu errichten, wie er von vorangegangenen PNC-Entscheidungen festgelegt ist.
  • Art. 10: Die Revolutionsführung wird die Taktiken für das Erreichen unserer Ziele innerhalb des Rahmens dieses Planes festlegen (d.h. diese Strategie).10

Die politische Lösung ist also eine Taktik, die einer Strategie dient. Die palästinensische Wende zu einer politischen Lösung rührt von der Anerkennung der vorläufigen Schwäche der palästinensischen Seite im Kräfteverhältnis gegenüber Israel her und dient zur Erreichung einer allmählichen Verbesserung in seiner relativen Position durch politische Vereinbarungen, die schließlich zur historischen (und aus palästinensischer Sicht unvermeidlichen) Umkehrung des Kräfteverhältnisses zugunsten der Palästinenser führen wird. Solche politischen Vereinbarungen erlauben es den Palästinensern, ihre Prioritäten zu wählen, um Zwischenziele und strategische Ziele zu erreichen, jedoch kündigen diese nicht das Ende der Konfrontation mit Israel und dem Zionismus an.11

Es besteht breite Übereinstimmung auf palästinensischer Seite, dass kein Palästinenser ermächtigt ist, ein Jota von den Grundprinzipien abzuweichen, die die Lösung des palästinensischen Problems bestimmen.12 Der Entwurf zur palästinensischen Verfassung, Arafat Mitte 2000 zur Zustimmung vorgelegt, besagt, dass „Palästina das Erbe der palästinensischen Nation über alle Generationen hinweg ist, und seine nationalen Rechte in Palästina das gemeinsame Vermächtnis aller Palästinenser ist. Es ist ihre Pflicht, sie zu schützen und sie von einer Generation zur nächsten weiterzugeben.“13 Dies bedeutet, dass „die Tore der Konfrontation“ für die Palästinenser für alle Generationen geöffnet bleiben, bis zu der Zeit wenn die „historische Lösung“ verwirklicht ist.

Im palästinensischen Denken wird die „historische Lösung“ durch das Erreichen von „Gerechtigkeit“ für die Palästinenser offenkundig, nämlich durch die Korrektur des „historischen Unrechts“, das dem palästinensischen Volk durch den Ausbruch des Zionismus angetan wurde. Der in Arafats Reden oft wiederholte Begriff „eines gerechten und dauerhaften Friedens“, (selbst auf dem Höhepunkt der politischen Verhandlungen verwendet), ist ein verschlüsselter Hinweis auf seine strategische Sicht. Diese Sicht betrachtet die Rückkehr der Flüchtlinge in Israels Staatsgebiet (Seite an Seite mit ununterbrochenem nationalem Kampf und einem Versuch, die arabische Welt für eine militärische Kampagne gegen Israel wieder zu vereinen) als ein erreichbares Ziel und als einen Schritt hin zur Schaffung der Bedingungen (einschließlich der demographischen) für die Errichtung eines binationalen Staates in Palästina, nämlich des „Demokratischen Staates von Palästina“, der ein untrennbarer Teil der arabischen und muslimischen Heimat werden wird.14

Die Interimsvereinbarungen innerhalb des Rahmenwerkes der Osloer „Prinzipienerklärungen“ werden von den Palästinensern als Teil der „politischen Lösung“ wahrgenommen, als taktisches Manöver. In seinem Buch Die Historische Gefahr und die Grenzen Nationaler Vollständigkeit, (1994) erklärt Sakher Habash, dass die Zustimmung der Palästinenser zu Oslo im Kontext einer langfristigen, visionären Strategie erfolgte. Seine Worte schließen keine Entschuldigungen ein (wie „wir konnten nicht mehr erreichen als erreicht wurde“) und es gibt keinerlei Hinweis auf irgendeine Absicht, einen „historischen Kompromiss“ mit dem Zionismus oder dem Staat Israel zu erreichen. Habashs Analyse bezieht sich auf die folgenden Dimensionen:

1. Die Quelle der Rechtmäßigkeit des Oslo-Prozesses waren und sind noch immer, die Entscheidungen der 12. Vollversammlung des PNC (d.h. die „Phasendoktrin“)

2. Der Ausgangspunkt für das palästinensische Einschwenken auf eine politische Linie wird bestimmt von der allgemeinen politischen Lage und dem Trend des Niedergangs des zionistischen Unternehmungsgeistes, der sich in der israelischen Bereitschaft ausdrückt, den Traum vom „ganzen Land Israel“ aufzugeben und die 1967 besetzten Gebiete zu räumen.

3. Der Oslo-Prozess modifizierte die Vision oder die Strategie der Palästinenser nicht. Eine gerechte und dauerhafte Lösung des palästinensischen Problems kann nur durch die Verwirklichung des Rechts auf Rückkehr der Flüchtlinge von 1948 und ihrer Nachkommen und durch die Schaffung des demokratischen palästinensischen Staates auf dem ganzen Land von Palästina erreicht werden.

4. Die Verwirklichung nationaler Ziele durch Phasen: Zuerst eine Interimsregelung, durch welche die PA ihre Herrschaft über die Westbank und Gaza errichtet. Erst später wird die „Endlösung“ (sic!) erreicht – die Ausrottung der Besatzung, nationale Unabhängigkeit, parallel mit dem bewaffneten Kampf und der Intifada, um in den „zukünftigen Kampf zu ziehen, der die demokratische Vereinigung des ganzen Territorium Palästinas zum erreichbaren Ziel macht.“

5. Unterscheidung taktischer und strategischer Ziele: Der vollständige Rückzug der Besatzungsmacht aus allen palästinensischen Gebieten einschließlich Jerusalems, ist nur die erste Phase des Kampfes, der durch andere Mittel fortgesetzt wird, die nationalen Ziele umzusetzen.15

Im Winter 2000 analysierte Dr. Kemal el Astal (ein hochrangiger Beamter im palästinensischen Büro für Planung und Zusammenarbeit – einem de facto-Außenministerium) den politischen Prozess zwischen Israel und der PA am Vorabend von Camp David. In einem Artikel, veröffentlicht in der Zeitschrift el Siasa el Falestinia, schrieb er:

Die politische Lösung ist Ausdruck einer vorläufigen Feuerpause … Der arabisch-zionistische Konflikt ist ein kultureller Konflikt, der andauern wird, selbst wenn eine Friedensvereinbarung erzielt ist… Die Region wird weiterhin im Schatten dieser Gleichung leben – ein unvollständiger Frieden und ein endloser Krieg… Die Versöhnung ist nicht historisch… Der Kampf wird in jedem Graben weiter gehen… Wir sind dabei eine politische Vereinbarung zu erzielen, keine historische Versöhnung.16

Der Weg, palästinensische strategische Ziele zu erreichen

Die PA, die Fatah und die PLO setzen ihre Wahrnehmung des „historischen Kampfes“ in brauchbare Werkzeuge in der gesamten Konfrontation des Zionismus um – eine Konfrontation, die durch ihre historische Natur sogar während einer Periode von Verhandlungen und politischen Vereinbarungen andauert. Der palästinensische „Werkzeug-Satz“ schließt eine Vielfalt von Mitteln ein, deren allgemeiner Nenner in der Anstrengung liegt, die Fundamente Israels als zionistischem Staat zu destabilisieren und die palästinensische Seite im Lauf der Zeit zur stärkeren Seite in der Machtbalance zu machen.

Das erste Ziel der Konfrontation, das von der palästinensischen nationalen Bewegung schon erreicht worden ist, war die Ausbeutung des Oslo-Prozesses, um die ersten wenn auch kleinen Gebiete Palästinas zu befreien, was daraufhin erlaubte, den Kampf in die Tiefe des palästinensischen Hinterlandes zu tragen. Die (erwartete) Errichtung eines unabhängigen und völlig souveränen palästinensischen Staates in den Gebieten von vor 1967 wird im Grunde als Bau eines Brückenkopfes wahrgenommen, der darauf abzielte, die palästinensische Diaspora mit Palästina zu verbinden und die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verbindungen mit dem „palästinensischen Hinterland“ in Israel (und auch im haschemitischen Königreich Jordanien) zu vertiefen und die regionale Stabilität in einer Art und Weise zu bedrohen, die den palästinensischen Zielen dienen würde.

Das Hauptwerkzeug, das von der PA ständig genutzt wird, um diese Ziele zu erreichen, ist die Anwendung von Gewalt und Terror gegen Israel. Die Ausbrüche von Gewalt, die die Periode der Interimsvereinbarungen mit Israel begleitete, (der Tempelbergtunnel,17 die Har Homa-Gewalttätigkeit, die „Nakba Tage“, die „Tage des Zorns“) waren weit davon entfernt, spontane populäre Ausbrüche zu sein, wie es die Palästinenser behaupteten. Es waren sorgfältig inszenierte Ereignisse, die von der PA angeordnet wurden und die hauptsächlich die Fatah (in Verbindung mit anderen Organisationen) als Druckmittel benutzte, um auf Israel einzuwirken, damit dieses seine Haltung in bedeutenden Fragen ändern würde.

Die palästinensische Entscheidung, einen „Krieg für Unabhängigkeit und Rückkehr“ zu starten, reifte schon Anfang 2000. Die ersten Anzeichen wurden durch den aggressiven Ton offenbar, den Arafat in Reden in seiner eigenen Umgebung benutzte – bei seinen Treffen mit der Shabiba, der Jugendbewegung der Fatah, in Ramallah und Nablus. In jenen Treffen (im April 2000), nannte Arafat die Fatah-Jugend als „die neuen Generäle“ und drohte „eine neue Intifada zu beginnen“, um Israel zur „Schaffung eines unabhängigen palästinensischen Staates zu zwingen.“18 Marwan Barghouti, Kopf des obersten Rates der Fatah in der Westbank, deutete mündlich an (März 2000), woher der Wind in den Führungsetagen der Fatah wehte:

Wer immer glaubt, dass eine Entscheidung über die Fragen der endgültigen Vereinbarungen – wie den Fragen der Flüchtlinge, Jerusalem, der Siedlungen und der Grenzen – durch Verhandlungen (erreicht werden könnte), der ist ein Tagträumer. In jenen Dingen müssen wir einen Kampf auf dem Feld austragen, gleichzeitig mit Verhandlungen. Ich meine eine Konfrontation. Wir brauchen Dutzende von Kampagnen wie den Al Aqsa-Tunnel (Tempelberg-Tunnel)19… Man bekämpft die Siedlungen nicht durch Flehen, sondern mit Waffengewalt.. Es ist das Recht unseres Volkes, die Israelis in der Westbank, in Gaza und Jerusalem mit allen Mitteln und Methoden zu bekämpfen.20

Zwei Wochen vor Camp David, am 25. Juni 2000, und noch einmal während eines Fatah-Treffens in Nablus, sprach Arafat offen über die mögliche Rückkehr zum bewaffneten Kampf, der die Politik der Fatah und der PLO vor dem Einschwenken auf das politische Gleis war: „Wir werden unsere Seelen für Palästina opfern… Wir kämpfen um unser Land… Wer das vergessen hat, der sei an Karame erinnert (eine IDF-Aktion gegen palästinensische Guerillas innerhalb jordanischen Territoriums, die im palästinensischen Geschichtsbewusstsein als der erste arabische Sieg gegen den IDF gefeiert wird), an die Beirut-Kampagne und sieben Jahre Intifada. Wir sind bereit, alles aufzugeben und wieder ganz von vorne anzufangen.“21

Die endgültige Entscheidung wurde sofort nach Abschluss des Camp David-Gipfels gefällt, es musste nur noch über den Zeitpunkt und die Rechtfertigung entschieden werden. In einem ausführlichen Bericht zu Camp David, veröffentlicht in Al-Hayat Al-Jadida am 20. September 2000, neun Tage vor dem Ausbruch der Intifada, schrieb Sakher Habash, dass „Bruder Abu Ammar22 in der Sprache eines wahren Gläubigen sprach, als ein Mann, der vorher sieht, wem er und das erhabene palästinensische Volk gegenüberstehen – der Möglichkeit der Konfrontation“.

Nach dem Gipfel wurde diese Mitteilung in eine Art Tagesbefehl umgesetzt und an die palästinensischen nationalen Sicherheitskräfte in Gaza verteilt. Danach begannen sie sich für den kommenden Ausbruch einer Gewaltkampagne gegen Israel vorzubereiten. In diesem Dokument mit dem Titel „Der Kampf hat begonnen,“ steht geschrieben:

Ein Aufruf, ein Aufruf, ein Aufruf vom Verhandlungsteam, angeführt vom Kommandanten, dem ehrenwerten Abu Ammar, an unsere heldenhafte palästinensische Nation: Seid bereit, der Feldzug um Jerusalem hat begonnen, dies ist die Bedeutung der Rückkehr (unserer) Mission von Camp David ins Mutterland, ohne in einer der erklärten und grundlegenden palästinensischen Positionen nachzugeben: kein Friede ohne Jerusalem, der ewigen Hauptstadt des palästinensischen Staates; es wird keine Stabilität oder Sicherheit in der ganzen Region geben, solange Israel den rechtmäßigen internationalen Forderungen nicht nachkommt.23

Etwa drei Wochen vor Ausbruch der Intifada wurde das Menetekel offenkundig. In einem Artikel in Al Sabah, der offiziellen Zeitung der PA, bezog sich Yasser Khalil Salah auf das kommende Ereignis und sein Thema – Jerusalem – sowie auf den Beginn des „Jihad und des Intifada-Feldzugs“ gegen Israel. Mit seinen Worten: „Die Verteidigung von Jerusalem fordert Blut. Durch Blut werden wir Jerusalem verteidigen. Die Zeit von Opfer und Sieg ist gekommen… Der Kampf um Jerusalem ist die Mutter der Kriege… Wir werden weitergehen und wir werden eine allgemeine Intifada für Jerusalem ausrufen. Die Zeit der Intifada ist gekommen, ist gekommen, ist gekommen, die Zeit für Jerusalem ist gekommen, Jerusalem ruft.“24

Die Anwendung von Gewalt wird als ein rechtmäßiges Instrument wahrgenommen, das nach palästinensischer Sichtweise auf dem Recht eines Volkes zum Widerstand gründet, um nationale Befreiung und Selbstbestimmung zu erreichen. Um das Schwert der Gewalt jederzeit bereitzuhalten, errichtete die PA die Politische Führungsorganisation, die direkt Arafat untersteht und für die nationale Mobilmachung und die Formung der palästinensischen öffentlichen Meinung auf jeder Ebene verantwortlich ist, von Kindergärten über Jugend-Bewegungen bis hin zu militärischen Offizieren und Staatsbeamten. Die Organisation pflanzte ihre Repräsentanten in jedes staatliche Büro und jede militärische Einheit und ist überall auf dem Gebiet der Propaganda und „der Vorbereitung der Herzen“ aktiv (ihre Offiziere sind eine palästinensische Version der „Politruks“25). Ihre Aktivitäten beinhalten die Veröffentlichung zahlreicher Informationspamphlete, Vorträge vor militärischen Einheiten, Organisation von Sommer-Zeltlagern für Zehntausende von Schülern (wo die palästinensischen Rechte auf ein „Palästina von 1948“ betont werden und Schüler in der Handhabung von Feuerwaffen als legitimem Mittel im Kampf ausgebildet werden), sowie Erläuterung der PA-Politik in Form von Tagesbefehlen.

Das Ziel dieser Aktivitäten ist, die gegenwärtige und die heranwachsende Generation in den wesentlichen und kompromisslosen Werten der Palästinenser auszubilden (Unabhängigkeit, Jerusalem, Rückkehr), Israels Existenzrecht zu bestreiten, das Recht der Juden auf irgendeinen Anteil an Palästina zu leugnen, antisemitische Tendenzen offen zu fördern, sowie zu Istishhad (Märtyrertum) zu ermutigen und zur unmittelbaren Bereitschaft zu Selbstaufopferung, zur Erreichung der palästinensischen Ziele in ihrer Gesamtheit gemäss des Fatah Slogan „Revolution bis zum Sieg“. Der Liedtext der PA-Sommerzeltlager-Hymne von 2001 lauten: „Wir, die Jugend … werden uns für Yasser (Arafat) opfern… Wir trainieren den Gebrauch von Waffen, wir sind die Jugend der Vergeltung… Revolution, Revolution bis zum Sieg.“26

Schritte, Zionismus auszurotten

Für die PA besteht das entscheidende historische Handeln hin zur Ausrottung des Zionismus aus den folgenden Teilbereichen:

Schließe die nationalen und islamischen Kräfte zusammen

Festige die nationale Einheit im palästinensischen Lager, gegründet auf der Übereinstimmung mit wesentlichen palästinensischen Prinzipien. Eine der wichtigsten Errungenschaften im „Krieg um Unabhängigkeit und Rückkehr“ war (und ist es noch) der Aufbau einer Organisation für die Koordination der politischen Bewegungen innerhalb der palästinensischen politischen Bühne, die „die nationalen und islamischen Kräfte“ genannt werden. Dieses Gremium hat die Rolle übernommen (und wurde dazu von der PA ermächtigt), die Intifada zu führen. Es bestimmt die Politik bezüglich der Anwendung von Terror und besteht als ein Machtzentrum, das selbst die PLO in den Schatten stellt (die keine islamistischen Körperschaften repräsentiert) was die Festlegung der politischen Ziele der Intifada und der „Verhandlungs-Kampagne“ angeht27

Die demographische Zeitbombe

Kippe das demographische Gleichgewicht in Palästina durch die Rückkehr von Flüchtlingen, mit dem Ziel, Verhältnisse für den binationalen Staat zu schaffen. Die palästinensische Doktrin – die den Kampf bis zur Erreichung des Rechts auf Rückkehr und das Offenhalten der „Tore der Konfrontation“ bis zur Erreichung der „historischen Lösung“ legitimiert – lässt die Tür offen für fortgesetzte Versuche, die Fundamente Israels auch nach der Erreichung einer „politischen Lösung“ zu untergraben.

Einige Monate vor seinem Tod und im Namen Arafats sprechend, drückte Feisal Husseini,28 ein ranghoher Fatah-Führer, die palästinensische Zuversicht für den schließlichen Triumph über den Zionismus aus, zumindest über den demographischen Faktor. Mit seinen Worten: „Ihre (d.h. der Israelis) Möglichkeiten sind stärker eingeschränkt als unsere. Wir haben jetzt etwas weniger als vier Millionen Palästinenser zwischen dem Fluss (Jordan) und dem Meer (Mittelmeer), im Vergleich zu ungefähr vier Million Nicht-Palästinensern.29 Bis zum Jahr 2010 werden die Zahlen ausgeglichen sein. Bis zum Jahr 2045 werden die Palästinenser 75 Prozent aller Bewohner dieses Landes ausmachen. Wenn wir diesen Punkt erreichen, werden wir den Israelis und dem Staat Israel ein Angebot machen und wenn sie nicht zustimmen, verlieren sie.“30

Bündnis mit israelischen Palästinensern

Ermutige das Bündnis (politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich) zwischen den beiden Bestandteilen des palästinensischen Volkes in Palästina und unterstütze die separatistischen Tendenzen unter den israelischen Palästinensern, um die Fundamente des Staates von innen heraus zu schwächen. Betrachte deshalb die PA-Initiativen der israelischen palästinensischen Führung mit Wohlwollen; sie bemüht sich, den jüdischen Charakter Israels auszulöschen und ihn zu „einem Staat für alle seine Bürger“ zu erklären.

Ein Abbild der politischen Tagesordnung der PA hinsichtlich israelischer Palästinenser kann in der Rede gesehen werden, die Knesset-Mitglied Azmi Bashara vor einem Forum arabischer Politiker und Intellektueller Anfang 1999 hielt. Bashara übernimmt die Terminologie der PA, PLO und Fatah, und stellt fest, dass „die derzeitige Lösung nur eine Zwischenphase sei“. Weiterhin

ist Israel derjenige, der um die Zukunft besorgt sein sollte… So lange Gerechtigkeit ein Prüfstein ist, ist Apartheid (keine Option), (die Option ist) eher ein binationales Gebilde, dessen einziger realisierbarer Ausdruck heute die Stärkung der Verbindungen zwischen den Palästinensern auf beiden Seiten der grünen Linie ist, sowie die Unterstützung der Forderungen der Araber in Israel, den Staat in einen Staat für alle seine Bürger umzuformen. Dies ist das einzige heute existierende Programm, dessen Einfluss dem binationalen Staat näher kommt.31

Auf der anderen Seite des (israelisch-palästinensischen) politischen Lagers engagiert sich Raed Salah, einer der Leiter der islamischen Bewegung in Israel für den Aufbau einer „unabhängigen palästinensischen Gesellschaft“, die sich allmählich von der israelischen Gesellschaft entfernt und sich auf ihre eigenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Institutionen verlässt, was die Stärkung der Bande mit den „Brüdern“ in der Westbank mit sich bringt.32

Arafat selbst wandte sich in einer Telefon-Ansprache an eine Versammlung von Anhängern in Galiläa (am 7. Dezember 2001), an die Palästinenser in „Galiläa, dem [arabischen] Dreieck,33 und dem Negev,“ und nannte sie als Teil des heldenhaften palästinensischen Volkes, (ein Teil) das sich nicht ergibt und „Ard-a-Ribat“ befolgt, eine muslimische Vorstellung, die ein Gebiet bezeichnet, in dem sich muslimische Armeen vor einer Schlacht versammeln. Arafat pries die gemeinsame Vision des palästinensischen Volkes, wo immer es lebt, (d.h. einschließlich der israelischen Palästinenser), die sich auf ,„internationaler Rechtmäßigkeit“ begründet, – ein verschlüsselter Hinweis auf alle UN-Resolutionen, die sich auf palästinensische Angelegenheiten beziehen, zuallererst auf das Recht auf Rückkehr.34

Unterstützung durch die arabische Welt

Die Anstrengung, aktive arabische Unterstützung für den palästinensischen Kampf zu erhalten, ist Teil der Doktrin, den bewaffneten Kampf ebenso wie die Bedrohung durch eine vereinte arabische militärische Front, selbst während Verhandlungen, als rechtmäßig zu betrachten. Sie gilt als wesentlich während der Konfrontationsphase über dem Recht auf Rückkehr. Der Kopf des politischen Schulungsapparates, Othman abu Rarbiya, erklärte die betreffende palästinensische Doktrin in einem Artikel in A-Rai, einer offiziellen palästinensischen Zeitung (Dezember 2001). Er schrieb:

Die (arabischen) Nationen und die palästinensische Nation werden fortfahren, den Kampf für die Rechte der Palästinenser und die Rechte der (arabischen) Nationen zu führen … bis zu der Zeit, wo sowohl die Besetzung als auch der Geist der Besetzung ausgemerzt sind. Dieser Geist (d.h. der Geist der Besetzung) führt uns zur Wahl von Macht und Kampf in allen Phasen und in einem historischen Zusammenhang. (Die Option von Macht und Kampf existieren) für die Verwirklichung der historischen strategischen Front in ausreichendem Maß und ausreichender Erfordernis. Sie stützt sich auf drei Fundamente: Irak, Syrien, und Ägypten. Diesen muss man ein viertes Fundament hinzufügen – die Tiefe der Hijaz (d.h. der Golf-Staaten). Diese waren die Fundamente, die historisch betrachtet, die Abwehr der Invasionen in Palästina erreichten.

Ein schärferer Ton wurde von einem Mitglied des Fatah-Zentralkomitees, Abbas Zaki, in Reden angeschlagen, die er im Namen Arafats hielt (April 2001); er drückte die palästinensische Erwartung von Unterstützung durch die arabische militärische Front aus, hauptsächlich durch den Irak, um den historischen Schritt zur Befreiung Palästinas abzuschließen. Er sagte: „Wir beschwören dich, Abu Udai,35 am Weg des Kampfes festzuhalten, bis die irakische Armee dieses Land von der Verunreinigung der Unterdrückung befreit.“36

In einer anderen Rede, in Erinnerung an Abu Jihad,37 lobte Zaki die irakische Regierung und das Volk für die Bereitschaft, sieben Millionen Kämpfer38 zu mobilisieren, „um das Land Palästina zu erreichen und es von seiner Besetzung zu befreien.“39

Schlussfolgerungen und Aussichten auf die Zukunft

Die PA, PLO und Fatah sind in ihrer kompromisslosen Politik hinsichtlich des israelisch-palästinensischen Konfliktes konsequent gewesen, sogar während die Verhandlungen und der Prozess für Interims-Vereinbarungen auf dem Höhepunkt waren. Die Doktrin der „historischen Lösung“ bleibt das Leitmotiv palästinensischer Politik. Sie wird in einer pragmatischen Art gemäss der „Phasen-Doktrin“ umgesetzt, die auf die Erreichung der Zerstörung des zionistischen Gebildes in Palästina zielt.

Israel führte den politischen Prozess mit den Palästinensern aus einer Perspektive, die das Wesen des Konfliktes im Grunde als politisch betrachtet und daher der Konflikt dadurch gelöst werden kann, dass die Bedingungen für Koexistenz geschaffen werden, hauptsächlich durch gegenseitige Anerkennung und Wirtschaftswachstum. Allerdings ignoriert diese Perspektive die palästinensische Vorstellung vom Wesen des Kampfes gegen den Zionismus. Und sie ignoriert die Natur der historischen Ziele der Palästinenser, deren Erreichung diesen jetzt näher scheint, als je zuvor.

Der politische Prozess war ein Trojanisches Pferd, das den Palästinensern erlaubte, verbesserte militärische und politische Stellungen im „Krieg um Unabhängigkeit und Rückkehr“ zu erlangen, – ein Krieg, der dazu bestimmt ist, die Stabilität Israels zu beeinflussen. Die Bedeutung eines Krieges für einen palästinensischen Staat ist nicht bloß ein „Konflikt von geringer Intensität“ (ein Begriff, der häufig vom israelischen Geheimdienst in der Analyse der Konfrontation mit der PA benutzt wird), der sich als „Intifada des Volkes“ kund tut, oder durch unterschiedliche Grade des Terrors. Die PA und ihre zwei Pfeiler – PLO und Fatah – stellen eine personifizierte Gefahr für Israels Existenz an sich dar, eine Gefahr, die nach der Errichtung eines souveränen palästinensischen Staates und der Erlangung voller Kontrolle über seine Grenzübergänge zu Land, See und in der Luft spürbarer würde.

Die Bedrohung Israels als zionistischem und jüdischem Staat und seiner blanken Existenz als unabhängiger Staat wird durch folgende Faktoren verkörpert:

1. Weder wird ein palästinensischer Staat je als endgültige Erfüllung palästinensischer nationaler Ziele verstanden werden; noch wird er die Palästinenser zwingen, die „Tore historischen Kampfes“ zu schließen. Die Palästinenser werden einen politischen Kompromiss als Beweis eines historischen Rückzugs des Zionismus vor der palästinensischen nationalen Bewegung verstehen; auch als Beweis dafür, dass sich das Kräfteverhältnis zu ihren Gunsten verändert, dass sie in einer besseren Ausgangslage sein werden, den Kampf fortzusetzen und zu staatsgefährdenden Initiativen von ihrem (unantastbaren) Territorium (z.B. durch eine „Flüchtlings-Intifada“) oder von Israels Territorium aus zu ermutigen (eine israelisch-palästinensische Intifada).

2. Die Rückkehr von Flüchtlingen in den Staat Palästina, (durchführbar, sobald die Palästinenser Kontrolle über ihre Grenzübergänge übernehmen), wird die Aufnahme von Tausenden palästinensischer Krieger der Fatah, Hamas und anderer bewaffneter Palästinenser-Milizen aus dem Libanon nach sich ziehen. Diese zusätzliche Menschenmenge wird die Truppenstärke innerhalb des palästinensischen Gebiets bedeutend steigern.

3. Das palästinensische Streben, die arabische militärische Front wiederzubeleben, könnte zum Einsatz radikaler regionaler Mitspieler auf dem Territorium des palästinensischen Staates führen – besonders durch Irak, Iran, und die Hizbollah. Dies könnte die unkontrollierte Einschleusung von fortschrittlichen Waffen einschließen, welche die zentralen Gebiete Israels bedrohen könnten; verbesserte Möglichkeiten der Informationsbeschaffung, besonders hinsichtlich bestimmter Ziele; und der Einsatz arabischer Kampfeinheiten, einschließlich Spezialeinheiten (z.B. in der „unschuldigen“ Aufmachung von Studenten) entlang der Berührungslinien. [der Linien, an denen die israelischen und arabischen Truppen sich direkt gegenüber stehen.]

Die andauernde pädagogische Kampagne innerhalb des PA, die die Werte des „Kampfes bis zum Ende“ gegen Zionismus und die Befreiung von „ganz Palästina“ betont, hat ein verpflichtendes Vermächtnis geschaffen, das jegliche palästinensische Initiative delegitimiert, einen historischen Kompromiss zu suchen, einschließlich den zweier getrennter Staaten in Palästina.

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Anmerkungen

1Dieser Standpunkt wird weitgehend und übereinstimmend in der offiziellen Zeitung der palästinensischen Autonomiebehörde, A-Sabah, und in der Zeitschrift A-Rai demonstriert.

2 Al-Hayat Al-Jadida, 30. Januar 2001.

3 Der Ausdruck „das ganze Land“ bezeichnet das Gebiet des historischen Britischen Mandats, das aus dem nationalen Territorium des Staates Israel in seinen Grenzen vor 1967 sowie der Westbank und dem Gaza Streifen besteht. Die Golan-Höhen sind nicht eingeschlossen.

4 Die „Große Sünde“ spielt wahrscheinlich auf die Verhandlung und den Prozess der Interims-Vereinbarungen an.

5 Ein palästinensisches Dorf nahe Jerusalem, wo sich angeblich ein Massaker an örtlichen Bewohnern Anfang des Krieges 1948 ereignete. Interessanterweise war die jüdische Miliz, die des angeblichen Massakers beschuldigt wurde, die Irgun, eine rechtsgerichtete Miliz, und nicht die Haganah, die offizielle Miliz der damaligen linksgerichteten Proto-Regierung des jüdischen Staates.

6 Eine Fatah-Terroristin, die in den späten 1970er Jahren einen Anschlag auf einen israelischen Bus verübte, bei dem Dutzende von Israelis ermordet wurden.

7 Zahlreiche palästinensische Flüchtlinge erwecken den Eindruck, die Schlüssel zu den Häusern zu besitzen, die sie 1948 verließen. Sie tragen diese in Paraden und Demonstrationen gegen Israel zur Schau.

8 PLO, Ta’amim Harki, Ramallah, der Hohe Rat der PLO in der Westbank, Januar 2001, S. 1-5.

9 Die offizielle Zeitschrift A-Rai, veröffentlichte in den Ausgaben 32 und 33 vom Mai/Juni und Juli/August 2000, die Vorträge, die vom Leiter der Abteilung für politische Führung, Otman Abu Rarbiya, vor palästinensischen Offizieren und Soldaten gehalten wurden. Die Vorträge betonten den Unterschied zwischen einer politischen Lösung und einer historischen: die Besatzung ist noch immer der Hauptfeind des palästinensischen Volkes… Wir sind dem allgemeinen Ziel verpflichtet, das in der aktuellen Phase von einem unabhängigen palästinensischen Staat verkörpert wird, dessen Hauptstadt Jerusalem ist und durch das Recht auf Rückkehr. Dieses Ziel ist historisch gesehen nicht das Ende der Reise. Die Phase, die als das Ende der Reise betrachtet wird, ist die geographische, historische, kulturelle und menschliche Integration unseres Heimatlandes Palästina in die nationale arabische und islamische Einheit.

10 Sa’id Al-Hasan, Hrsg., Hawla Itifak Gaza Ariha Awwalan (Jordanien: Dar A-Srok, 1995), S. 51-52.

11 In einem Interview mit der palästinensischen Zeitung Al-Ayyam, Nr. 59, 17. März 2001, schreibt Otman Abu Rarbiya, dass „Resolution 242 rechtmäßig ist, wenn sie das Ergebnis der Aggression von 1967 behandelt“, (mit anderen Worten, die Rückkehr zur vormaligen Situation ohne Frieden zwischen den Völkern). „Internationale Legitimation, die die palästinensische Frage anspricht, sind die Resolutionen 181 und 194“ (soll heißen: die Lösung des palästinensischen Problems wird innerhalb des souveränen Staates von Israel gefunden).

12 Hawla Itifak Gaza Ariha Awwalan, S. 43.

13 Al-Hayat Al-Jadida (PA), 22. Juli 2000.

14 In seinem Buch Al-Tanzim bayna Al-Nazariya wa al-Tatbiq fi Tajribatna (Mai 1999), das eine Art Basisleitfaden für die PLO-Bewegung ist, schreibt Otman Abu Rarbiya, dass „das grundsätzliche Ziel der PLO-Bewegung die Einrichtung eines demokratischen palästinensischen Staates auf dem ganzen nationalen Land bleiben wird, in dem es gleiche Rechte und Verpflichtungen zwischen allen Bürgern ohne Rücksicht auf Religion, Rasse, Geschlecht oder Hautfarbe geben wird. Alle PLO-Aktivität ist diesem Ziel verbunden, entspringt ihm und strebt ihm zu.“ (S. 475).

15 Sakher Habash, Al-Mojazfa Al-Tarikhiya wa Atwaq A-Salama Al-Wataniya, Büro für Bildung und Forschung, 1998 (2. Ausg. Das Buch wurde 1994 geschrieben), S. 45-75. In einem nach seinem Tod veröffentlichten Interview (24. Juni 2000), wurde Faisal Husseini in der ägyptischen Zeitung Al-Arabi zitiert, wonach der Oslo-Prozess ein „Trojanisches Pferd“ sei, mit dem Ziel, die Israelis zu täuschen, ohne dass die Palästinenser ihre strategischen Ziele aufgeben würden.

16 Kamal Al-Astal, „Tabi’a A-Sira’ Al-Arabi Ein-Sihioni Wamanhijatoho Al-Mostaqbaliya,“ A-Siasa Al-filastiniya, Center of Palestinian Research (CPRS), Nablus, Nr. 25 (Winter 2000): S.21-23.

17 Archäologische Ausgrabungen führten zur Entdeckung eines Tunnel, der entlang der Stützmauer des Tempelberges verläuft. Die Öffnung des Tunnels als eine Touristenattraktion im Herbst 1996, führte zu einer Woche des Blutvergießens zwischen militärischen Einheiten von PLO und IDF.

18 Al-Mojahid (Gaza), Nr. 101, 3. April 2000.

19 Barghouti bezog sich auf die gewaltsamen Zusammenstösse, die im September 1996 von der palästinensischen Autonomiebehörde gegen Israel initiiert wurden.

20 Akhbar Al-Khalil (Hebron), Nr. 4, 4. März 2000.

21 Al-Hayat Al-Jadida (PA), 26. Juni 2000.

22 Eine Ehrerbietung für Yasser Arafat. Das Zeugen eines Sohnes ist nach arabischer Tradition eine Quelle des Respekts, also der ehrenwerte „Vater von (Abu) … (der Name des Älteren)“. So bedeutet ‚Abu Ammar’ der Vater von Ammar – allerdings sticht hervor, dass Arafat gar keinen Sohn hat.

23 Al-Shoohada (PA), Nr. 28, 28. Juli 2000.

24 A-Sabah (PA), 11. September 2000. Einer von Arafats Beratern, Mamdooh Nofal, beschrieb in mehreren Zeitungsinterviews und in seinen Memoiren, „Die Al-Aksa Intifada“ – Wie entschieden wurde, sie zu beginnen:

Sie (die Intifada) ist keine von der Autonomiebehörde losgelöste Massenbewegung, oder eine, die spontan begann. Das Gegenteil ist wahr; sie begann aufgrund einer Entscheidung von höchster Stelle der Autonomiebehörde, bevor sie eine Volksbewegung wurde. Sie fing sofort nach Sharons Besuch der Al-Aqsa an. Zu dieser Zeit trafen sich die politischen Gremien und kamen zu einer Entscheidung, die Al-Aqsa zu verteidigen. Arafat betrachtete den Besuch als einen Explosionsfunken, der genügte, um nicht nur das palästinensische Land zu entzünden, sondern auch die Lage außerhalb der Grenzen Palästinas zu beeinflussen. Entscheidungen wurden getroffen, welche sich mit praktischen Vorbereitungen befassten, und die verschiedenen Kräfte in der Behörde hielten Versammlungen ab, in denen bestimmt wurde, diese Kräfte am Freitag in Richtung Al-Aqsa zu bewegen. Außerdem wurde die Sicherheit der Moschee durch zusätzliche Wächter erhöht und den Sicherheitskräften Order erteilt, die Al-Aqsa zu betreten und zu schützen.

Al-Dirasat al-filastiniya, Nr. 47 (Sommer 2001): 44; auch in Nouvelle Observateur (Frankreich), 1. März 2001.

25 Politische Offiziere, die vom entstehenden bolschewikischen Regime jeder militärischen Einheit zugeordnet wurden, um Loyalität zur Partei sicherzustellen. Keine militärische Anweisung war ohne die Gegenzeichnung vom „Politruk“ gültig. Die frühen israelischen Verteidigungskräfte beschäftigten während und kurz nach dem Krieg 1948 pädagogisch geschulte Offiziere, zur Förderung der Moral. Sie wurden in den seinerzeitigen Witzen als „Politruks“ betitelt.

26 Al-Hayat Al-Jadida (PA), 30. Juli 2001.

27 Zur Politik der nationalen und islamischen Kräfte siehe Ausgaben der Zeitung Al-Intifada, die eine permanente Plattform für die politische Linie dieses Gremiums gibt.

28 Feisal Husseini war einer der gemäßigsten palästinensischen Führer, Spross einer alteingesessenen palästinensischen Familie. Viele Israelis glaubten, dass er ernsthaft nach Versöhnung zwischen den beiden Völkern suchte.

29 Diese Rechnung ist eigenartig. Es gibt jetzt mehr als 5 Millionen nicht-arabische Bürger in Israel, die überwältigende Mehrheit von ihnen ist jüdisch. Aber die meisten israelischen Führer sind besorgt wegen des demographischen Trends in den israelisch/palästinensischen Gebieten.

30 In einem Vortrag in Gaza definierte Otman Abu Rarabiya den Begriff „Demographie“ wörtlich als „einen der entscheidenden Punkte des grundlegenden künftigen Kampfes gegen die Besatzungsmacht, um nationale palästinensische Rechte zu erreichen.“ Al-Hayat Al-Jadida (PA), 22. Mai 2000.

31 Der Palästinensische Nationalrat, Al-Dawla Al-filastiniya, Waqi’ Waafaq Moomarsa Al-Istiqlal wal Siyada (Jordanien: Dar Al-Karmel, 2000), S. 36-37.

32 Al-Mojtama (Kuwait), Nr. 1476, 10. November 2001.

33 Der Distrikt Wadi Ara in Israel, südöstlich von Haifa gelegen und vorwiegend arabisch.

34 Al-Hayat Al-Jadida (PA), 8. Dezember 2001.

35 Bezugnehmend auf Saddam Hussein. Udai ist der Name seines ältesten Sohnes.

36 Sawt Al-Jamahir (Ramallah), Sonderausgabe, Mai 2000, S. 23.

37 Die Ehrung von Khalil el Wazir, einem der hochrangigen Führer der Fatah, der von israelischen Kommandotruppen in seiner Residenz in Tunis während der ersten Intifada getötet wurde.

38 Wieder ist die Rechnung eigenartig. Die Gesamtbevölkerung des Irak, einschließlich der Kurden, ist ungefähr 22 Millionen.

39 Al-Hayat Al-Jadida (PA), 22. April 2000. Ziad Rajub, ein Mitglied des Obersten Rats der PLO in Judäa und Samaria, machte seine Hoffnungen auf die Errichtung eines palästinensischen Staates klar, als er sagte, „Die grundlegende strategische Lösung für das Problem von Palästina ist die Errichtung eines islamischen Staates… Die Söhne Palästinas und die PLO als Teil von ihnen, sind nicht ermächtigt, Israel als einen ewigen Staat auf dem Land von Palästina zu akzeptieren.“ Akh-Riegel Al-Khalil, 24. Januar 2000.

Der Autor ist IDF Geheimdienst-Offizier. Diese Jerusalem Viewpoints basieren auf seiner Analyse, die zuerst (auf Hebräisch) in Maarakhot erschien, der IDF-Zeitschrift für militärische Angelegenheiten. Sie erhielt den Preis von IDF Inspekteur Lt. Gen. Shaul Mofaz für Schriften militärischer Angelegenheiten.