Atomgespräche als Machtmittel: Wie der Iran die Verhandlungen regional ausnutzt

Atomgespräche als Machtmittel: Wie der Iran die Verhandlungen regional ausnutzt

Michael Segall

• Der Iran bemüht sich um eine symmetrische Beziehung zu den Vereinigten Staaten. Er will der Welt zu zeigen, dass sich seine Macht – ähnlich der amerikanischen – weit über die eigenen Grenzen erstreckt.

• Die einzige amerikanische Politik, die bislang erfolgreich war – eine Verschärfung des Sanktionsregimes – ist nunmehr am zerfallen. Die internationale Legitimation des Iran ist im Aufwind, während die Israels zunehmend entwertet wird. Aus iranischer Perspektive schaffen die Atomgespräche eine Atmosphäre, in der der wirtschaftliche Druck nachlässt, während der Iran Zeit bekommt, die fehlenden Teile seines Atomprogramms zu beschaffen.

• Dabei gewinnt die iranische Außenpolitik an Fahrt. Sie möchte die Golfstaaten dazu bringen, sich mit Teheran zu verbünden und unter den iranischen Schutzschirm zu rutschen, solange dies noch friedlich möglich ist. Der Iran hofft darauf, über den gesamten islamischen „Ereignishorizont“ in der Zeit nach dem „Arabischen Frühling“ bzw. – wie der Iran ihn nennt – dem „Islamischen Erwachen“ Macht auszuüben.

• Die Atomgespräche gestatten dem Iran, jene Teile seines Atomprogramms zu entwickeln – im Wesentlichen seine militärischen Elemente – über die er noch nicht abschließend verfügt, hingegen Konzessionen auf jenen Gebieten wie dem der Urananreicherung einzugehen, wo er seine Stärke bereits bewiesen hat. Der Iran schreitet strategisch also voran.

• Zur gleichen Zeit gestattet der Mangel direkter Gegner auf der geostrategischen Ebene dem Iran, die Atomgespräche im entspannten Tempo zu führen. Dieser Ansatz wurde durch die offensichtliche und anhaltende Schwäche der Vereinigten Staaten und des Westens bei der Lösung der syrischen Krise weiter ermutigt. Folglich sieht der Iran keine wesentliche Gefahr auf dem Weg zu seinem strategischen Ziel.

Das Interimsabkommen der Atomgespräche: Eine Sache der Auslegung

Am 18. Februar 2014, drei Monate nach der Unterzeichnung des Atomabkommens zwischen dem Iran und den P5+1-Staaten, begannen in Wien die Gespräche für ein endgültiges Abkommen. Sowohl der Iran als auch die westlichen Akteure bekundeten Pessimismus, während sich die Berichte mehrten, dass das zum Abschluss eines vollständigen Abkommens veranschlagte halbe Jahr nicht ausreichen würde.

Von Beginn des Interimsabkommens bis zur Eröffnung der Wiener Gespräche hatten sich der Iran und die Vereinigten Staaten einen verbalen Schlagabtausch darüber geliefert, wie die verschiedenen Bedingungen der Vereinbarung und die zukünftigen Implikationen für das iranische Programm interpretiert werden könnten. Es kam dabei nicht überraschend, dass Washington versuchte, eine erfolgreiche Eindämmung des Atomprogramms hervorzuheben, während der Iran angesichts heimischer Kritik an den Konzessionen wiederum betonte, man hätte „einer Demontage nicht zugestimmt“ und dass kein Wort davon im Text des Abkommens zu finden sei. Der Iran habe lediglich eingewilligt, die Urananreicherung auf fünf Prozent zu limitieren. Die Löcher und semantischen Unschärfen des Atomdeals haben es dem Iran gestattet, die darin enthaltenen Forderungen auf ihm genehme Art und Weise zu interpretieren, während wesentliche Fragen blockiert oder vermieden wurden wie z.B. die der Überwachung einzelner Elemente des Programms oder des Status der Forschung-und-Entwicklungs-Segmente, sobald ein dauerhaftes Abkommen unterzeichnet wird.

Mediale Täuschungskampagne

In der Zwischenzeit hat der Iran sich weiter ins Zeug gelegt, die Charmeoffensive auszudehnen, die von seinen zwei neuen „Superstars“ angeführt wird – Präsident Hassan Rouhani und Außenminister Mohammed Dschawad Sarif. Jene standen auf der diesjährigen Konferenz des Weltwirtschaftsforums in Davos und der Münchener Sicherheitskonferenz im Mittelpunkt des Interesses. Beide gaben der westlichen Presse umfassende Interviews. Die westlichen Medien beginnen sie als Abgesandte einer neuen iranischen Politik zu präsentieren, die mit der Wahl Rouhanis zum Präsidenten eingeleitet worden sei. Der Iran widmet sich einer ausgeklügelten medialen Täuschungskampagne, während Rouhani weiter am Atomprogramm arbeitet. Der ehemalige Atomunterhändler von 2003 ist seit letztem Jahr zum Präsidenten aufgestiegen und bereit, den Iran zum nuklearen Ziel zu führen.

In einem Interview mit dem deutschen Fernsehen deutete Sarif an, dass, sollten die Palästinenser mit Israel ein Abkommen schließen, der Iran bereit wäre, es zu akzeptieren und sogar Israel anzuerkennen. Diese Worte wurden der Welt dann als ein weiteres Zeichen für die Neuausrichtung in der iranischen Außenpolitik verkauft. Doch während Sarif vor der deutschen Öffentlichkeit Süßholz raspelte, leugneten er und andere iranische Politiker die Bedeutung dieser Worte und bekräftigte, dass es keinen neue Politik gegenüber dem „zionistischen Regime“ geben würde – Aussagen, die die Weltpresse geflissentlich ignorierte.

„Die iranische Position hinsichtlich der Weigerung, das zionistische Regime anzuerkennen, hat sich mitnichten verändert und meine Äußerungen lassen sich auch nicht dahingehend deuten […] Ich habe mich in den Interviews bemüht zu erklären, dass die fortgesetzte Krise im Nahen Osten in der Missachtung der fundamentalsten Rechte des palästinensischen Volkes begründet liegt, v.a. im Hinblick auf das Recht, die eigene Zukunft zu gestalten, eine unabhängige Regierung zu bilden und in ihre Heimat zurückzukehren, aus der sie vertrieben wurden. Wir haben auf diese Rechte in allen Verhandlungen und Interviews bestanden und gefordert, dass man keine Entschuldigungen für die Verbrechen des zionistischen Regimes suchen sollte […] Natürlich sind dessen verbrecherischen Taten nicht ungewöhnlich bedenkt man die Tatsache, wie verzweifelt die Zionisten angesichts der aktiven iranischen Außenpolitik sein müssen. Man sollte aber von einheimischen politischen Kreisen und Medien erwarten, dass sie keine Gerüchte verbreiten.“

Der Vizeaußenminister Hassan Qashqavi wies ebenso Presseberichte über Sarifs Äußerungen zurück und sagte: „In meinem Telefonat mit Mr. Sarif bestritt er mit Entschiedenheit die ihm zugeschriebenen Aussagen und erklärte, dass die iranische Haltung gegenüber dem [zionistischen] Regime vom ganzen diplomatischen Apparat des Landes wiederholt worden sei und sich zu keiner Zeit verändert habe.“ Mitglieder des iranischen Parlaments wollten Sarif vorladen und ihn zu seinen Interviews in deutschen Medien Anfang Februar verhören, in denen er den Holocaust als „schreckliche Tragödie“, die sich „nie wiederholen dürfe“, bezeichnet hatte. Abgeordneter Qasem Dscha’fari behauptete, dass Sarifs Äußerungen, „die Frage der Anerkennung Israels habe mit dem Iran nichts zu tun“, den politischen Prinzipien des Iran widersprechen würden, „da der Imam Khomenei das zionistische Regime als Krebsgeschwür bezeichnet und der Oberste Führer [Khamenei] es einen Bastard genannt hat. Das islamische politische System hat hohe Kosten nicht gescheut, die Anerkennung dieses Regimes zu verhindern.“ Sarif erschien jedoch nicht vor dem anberaumten Verhörtermin des parlamentarischen Komitees für nationale Sicherheit und Außenpolitik.

Historische Feindseligkeit

Kurz vor Beginn der Wiener Atomgespräche bekundete der Oberste Führer Ayatollah Khamenei Pessimismus – wie bereits kurz vor dem Interimsabkommen im November –, sagte aber, er sei nicht grundsätzlich gegen die Verhandlungen. Erneut griff Khamenei die Vereinigten Staaten an und ihr „historische Feindseligkeit“ gegen den Iran, die sich seiner Meinung nicht geändert hätte. Ähnliches war bereits am 11. Februar zum 35. Jahrestag des Ausbruchs der Iranischen Revolution von ihm zu vernehmen gewesen. Immer wieder hatten Khamenei und einige Sprecher des Außenministeriums darauf verwiesen, dass die Atomfrage nichts anderes wäre als ein Vorwand der USA, die, sollte diese Frage gelöst werden, irgendeinen anderen Grund für ihre Feindseligkeit suchen würden. Er sagte, die Mission des Außenministeriums, d.h. die Atomgespräche, würden fortgesetzt und der Iran würde auch seine Versprechen nicht brechen, er selbst aber könne nur sagen, die Gespräche seien überflüssig und würden „nirgendwohin führen.“ Khamenei nutzte die Gelegenheit, um die Massenbeteiligung der Iraner an den Demonstrationen zum Jahrestag der Revolution zu preisen und zu behaupten, dies sei ein „vernichtender Schlag“ für die amerikanische Politik und ihre Ziele und würde deren „wahres Gesicht“ zeigen, einschließlich der Tatsache, dass Amerika seiner Feindseligkeit und seinem Hass gegen den Iran nie abschwören würde.

Trotz dieser Angriffe auf die Vereinigten Staaten veröffentlichte der Oberste Führer per Twitter und Facebook wie zur Unterstützung der diplomatischen Bemühungen eine Zusammenfassung seiner Statements, in denen Atomwaffen als Verstoß gegen das Islamische Recht bezeichnet werden. Der Iran behauptet sogar, dass Khamenei ein Fatwa gegen den Besitz und die Anwendung solcher Waffen erlassen hätte. Doch dabei handelt es sich nur um eine diplomatische Öffentlichkeitskampagne des Landes. Khamenei hat eine solche Fatwa nie erlassen. Zu diesen Erklärungen gehört ein Facebook-Post von Khamenei, der behauptet:

Atomwaffen – Atomwaffen schaffen weder Sicherheit, noch dienen sie der Stärkung politischer Macht, sondern gefährden vielmehr beides. Die Ereignisse der Neunziger Jahre haben gezeigt, dass der Besitz solcher Waffen Regime wie das der Sowjetunion nicht retten konnten. Auch heute kennen wir Länder, die von fatalen Sicherheitskrisen heimgesucht werden, obwohl sie über Atomwaffen verfügen.“

Inmitten all der Euphorie über eine mögliche Verbesserung der amerikanisch-iranischen Beziehungen seit Unterzeichnung des Interimsabkommens hat die iranische Führung allerdings klargestellt, dass sie gegen die Einführung zusätzlicher Fragestellungen in die Gespräche sei und dass eine Erneuerung des Verhältnisses nach Washington nicht einmal auf der Agenda stehe. Ebenso betont der Iran, dass die Gespräche mit dem Westen sich allein um die Atomfrage drehen würden. Themen wie das Raketenprogramm oder Menschenrechtsfragen seien darin nicht enthalten. Menschenrechtsorganisationen, die sich mit dem Iran befassen, haben einen dramatischen Anstieg von Hinrichtungen verzeichnet, seitdem Rouhani gewählt wurde.

Symmetrie mit einer Supermacht

In den vergangenen Wochen wurde im Rahmen des nationalen Diskurses des Iran immer wieder darauf verwiesen, dass das Land eine vielversprechende Alternative zur langjährigen amerikanischen Präsenz in der Region darstellen würde. Der Iran bemüht sich also um – wenn auch nur symbolische – Symmetrie in seinen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und macht somit klar, dass die iranische Macht – ähnlich der amerikanischen – weit über die eigenen Grenzen hinausreicht. Der Iran hat sogar eine „Kampfgruppe“ von Schiffen in Richtung amerikanischer Hoheitsgewässer geschickt. Der Kommandeur der iranischen Nordflotte Admiral Afshin Reza’i-Haddad sagte dazu: „Die iranische Flotte bewegt sich auf die Vereinigten Staaten zu und diese Bewegung ist eine Botschaft […] Zum ersten Mal nähert sich die iranische Nordflotte der amerikanischen Seegrenze.“ Die „Kampfgruppe“ bestand aus einem Zerstörer und einem Versorgungsschiff mit Helikoptern.

Vertreter der Iranischen Revolutionsgarden haben schon seit einer Weile die strategische Rolle des Iran betont zusammen mit seiner Stabilität im Vergleich zu anderen regionalen Staaten, die vom Arabischen Frühling – oder dem „Islamischen Erwachen“ wie der Iran ihn bezeichnet – betroffen waren. Der stellvertretende Kommandeur der Garden Hassan Salami verkündete jüngst in einer Reihe von Interviews, dass der Iran an einem historischen Wendepunkt stünde, und sich mit Herausforderungen konfrontiert sähe, die ihn selbst und die islamische Welt beträfen. Geostrategische und geopolitische Entwicklungen auf internationaler und regionaler Bühne erschütterten die alte vom Westen geschaffene Weltordnung. Salami bekräftigte, dass die neue Ordnung in der islamischen Ideologie gründe, welche die westlich-kapitalistische verdrängen werde. Als Beispiel führte er die Hisbollah an als „Organisation durchdrungen von Glauben und Ideologie […] Heute kann im Nahen Osten keine Rechnung ohne die Hisbollah gemacht werden.“ Auf der anderen Seite, so seine Behauptung, verlören die Vereinigten Staaten ihren Rückhalt in der Region, v.a. in Afghanistan und im Irak. Der Iran werde, so Salami weiter, das meiste aus seinem geopolitischen Status herausholen. „Ein potentieller und günstig gelegener Ort wie der Persische Golf ist in den Händen des Iran und dieser Umstand flößt unseren Feinden Furcht ein und schreckt sie ab […] Wir haben die Möglichkeit, das Denken unsere Feinde zu beeinflussen. […] Jedes Mal wenn wir unsere Fähigkeiten und unseren geopolitischen und geostrategischen Status erwähnen, zittert die Welt.“

Bei einer anderen Gelegenheit machte sich Salami über den schwindenden Einfluss der Amerikaner in der Region lustig und pries die islamische Ideologie des Iran, deren Verbreitung letztlich zum Niedergang der Amerikaner beigetragen habe. Im Hinblick auf die Atomverhandlungen und die Möglichkeit, dass die Vereinigten Staaten den Iran angreifen könnten, sagte er, dass sich der Iran aller möglichen Szenarien eines amerikanischen Angriffs bewusst sei und seine Nachrichtendienste jene Bereiche identifiziert hätten, bei denen die iranische Antwort die Amerikaner schockieren würde.

„Alle operationellen Standorte des Feindes in der Region, gleich welcher Ebene, welchen Ortes, welchen Umfangs, sind in Reichweite unserer Raketen. Wir haben eine absolute Kontrolle über die lebenswichtigen Interessen des Feindes. Wer immer es wagt, unsere Nation zu bedrohen oder zu demütigen, sollte wissen, dass wir keine geografischen Grenzen im Kampf gegen ihn kennen und das Ausmaß unserer Konfrontation vor keiner Staatsgrenze Halt macht. Wir werden angreifen bis sie innerlich zerfallen. Das Verhandlungsteam [von Salami als „Atommänner“ bezeichnet] muss wissen, dass es mit Mächten an einem Tisch sitzt, die offensichtlich geschwächt sind. Daher haben wir keine Angst. Wir fordern, dass unsere Unterhändler standhaft bleiben und mit Glauben, Stärke und der Fähigkeit, unsere nationalen Interessen zu vertreten, ausgerüstet sind. Die militärische Stärke des Iran ist außerordentlich, vernichtend und aggressiv. Dies ist ein enormer Trumpf in unserer Außenpolitik und für unser Verhandlungsteam.“

Salamis Worte sind Teil eines sich entfaltenden iranischen Diskurses, der die Verbesserung des geostrategischen Status zum Thema hat. Im sich gegenwärtig neu aufstellenden Nahen Osten ist es dem iranischen Verbündeten Bashar Assad seit über drei Jahren dank iranischer Hilfe gelungen zu überleben, während der Irak nach dem Abzug der amerikanischen Truppen am Rande der Auflösung steht. Und auch Afghanistan ist instabil – die amerikanischen Truppen sollen dort Ende 2014 abziehen.

Der nächste große Akteur

Der Arabische Frühling hat zudem das sunnitische Lager weiter geschwächt, das sich im Rückzugsgefecht bei der Neuformation des Nahen Ostens befindet. Durch Einsatz der Hisbollah und anderer Faktoren ist es dem Iran gelungen, die Instabilität in Bahrain, Saudi Arabien und anderen Golfstaaten zu verschärfen, sowie in den nordafrikanischen Ländern, die vom Arabischen Frühling betroffen waren. Der Iran hat genügend eigene Probleme, wie z.B. das Überschwappen des syrischen Bürgerkrieges auf den Libanon, die Schäden, die die Hisbollah dabei davonträgt, sowie die Stärkung der globalen Dschihadbewegung der Sunniten wie Al-Qaida an seinen Ostgrenzen und in Syrien und im Irak. Gleichzeitig versucht er jedoch, die sunnitischen Dschihadisten als Druckmittel gegen den Westen zu verwenden, womit Assad und die Hisbollah gestärkt werden.

Der Iran versucht den Umstand hervorzuheben, dass ausländische Konzerne, v.a. auf dem Energiesektor wieder vermehrt auf den iranischen Markt zurückströmen. Der Iran hat die Besuche westeuropäischer Delegationen propagandistisch ausgeschlachtet und verkündet, dass die Sanktionen zusammengebrochen seien. Auf diese Weise verhöhnt das Land die fortgesetzte amerikanische These, dass die „Architektur der Sanktionen“ aufrecht erhalten bleibe und jederzeit wieder verstärkt werden könnte. Folglich zeigt sich, dass die einzige amerikanische Politik, die bislang erfolgreich war – eine Verschärfung des Sanktionsregimes – nunmehr am zerfallen ist. Die internationale Legitimation des Iran ist im Aufwind, während die Israels zunehmend entwertet wird. Aus iranischer Perspektive schaffen die Atomgespräche eine Atmosphäre, in der der wirtschaftliche Druck nachlässt, während der Iran Zeit bekommt, die fehlenden Teile seines Atomprogramms zu beschaffen.

Dabei gewinnt die iranische Außenpolitik an Fahrt. Dazu gehören die Besuche des iranischen Außenministers in den Golfstaaten, wo das Land sich als „nächste Schutzmacht in der Region“ porträtiert, die die Amerikaner beerbt. Der Iran ist bestrebt, die Golfstaaten dazu zu bringen, sich mit Teheran zu verbünden und unter seinen Schutzschirm zu rutschen, solange dies noch friedlich möglich ist.

Der Iran hofft darauf, über den gesamten islamischen „Ereignishorizont“ – vom Nahen Osten bis nach Zentralasien – Macht auszuüben und sich bei der Lösung internationaler Krisen zu präsentieren (auch wenn er vom den Genf-2-Gesprächen zum syrischen Bürgerkrieg ausgeschlossen wurde, die gleichwohl scheiterten). In Afghanistan versucht der Iran, zusammen mit Karzai ein Sicherheitskonzept zu entwickeln und ihn gleichzeitig davon abzuhalten, ein solches mit den Vereinigten Staaten einzugehen, deren Abzug er abwarten solle. Auch hier bemüht sich der Iran, seinen Einfluss in der Region auszudehnen.

Die Atomgespräche gestatten dem Iran, sich als auf einer Ebene mit den wesentlichen internationalen Mächten zu präsentieren. Auf diese Weise stellt er sich als regionale – und manchmal auch internationale – Supermacht dar und versucht, diese Rolle zu verstärken. Die Gespräche gestatten dem Iran auch, jene Teile seines Atomprogramms zu entwickeln – im Wesentlichen seine militärischen Elemente – über die er noch nicht abschließen verfügt, hingegen Konzessionen auf jene Gebieten wie der Urananreicherung einzugehen, wo er seine Stärke bereits bewiesen hat. Der Iran schreitet strategisch also voran. Aus iranischer Perspektive ist die Vollendung dieses Fortschritts der Erwerb der Bombe, auch wenn dies Zeit brauchen sollte, womit sein regionaler und internationaler Status finalisiert wäre.

Zur gleichen Zeit gestattet der Mangel direkter Gegner auf der geostrategischen Ebene dem Iran, die Atomgespräche im entspannten Tempo zu führen. Dieser Ansatz wurde durch die offensichtliche und anhaltende Schwäche der Vereinigten Staaten und des Westens bei der Lösung der syrischen Krise weiter ermutigt, die zunehmend zu einem Kampfschauplatz zwischen Saudi Arabien und dem Iran geworden ist und die blutige Spaltung zwischen Sunniten und Schiiten manifestiert. Folglich sieht der Iran keine wesentliche Gefahr auf dem Weg zu seinem strategischen Ziel. Indem Präsident Obama und seine Regierung fortgesetzt die Politik der „aktiven Passivität“ betreiben, die sie entworfen haben, setzt sich der Niedergang der amerikanischen Rolle in der Region unvermindert fort.


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