Die Ausschaltung des iranischen Chefstrategen Qasem Soleimani in Bagdad

Am 3. Januar 2020 schaltete ein amerikanischer Drohnenangriff den Kommandeur der Al-Quds-Truppen der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC-QF) des Iran, General Qasem Soleimani aus. Soleimani war mit einem Linienflug von Damaskus nach Bagdad gekommen, nachdem er zwei Tage zuvor Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah in Beirut besucht hatte. Zusammen mit ihm sind hochrangige Offiziere seiner Delegation und Führer der Schiitenmilizen, den PMF (Volksmobilisierungtruppen, Hashd al-Shaabi) getötet worden, unter ihnen Jamal Mahmad Jaafar al-Tamimi (alias Abu Mahdi al-Muhandis), stellvertretender Kommandeur der PMF sowie der Kommandeur der Kataa’b-Hizbullah-Brigaden im Irak (KH). Letztgenannte Schiitenmiliz war für das Raketenfeuer vom 27. Dezember 2019 auf die US-Basis Kirkuk verantwortlich, bei dem ein amerikanischer Militärdienstleister getötet wurde.

Die militärische Infrastruktur der Hisbollah auf dem Golan

Die militärische Infrastruktur der Hisbollah auf dem Golan
Brig.-Gen. (ret.) Dr. Shimon Shapira

Der Kommandeur der iranischen Al-Quds-Brigaden Quasem Soleimani mit seinem Protegé Jihad Mughniyeh.

Die jüngst auf dem nördlichen Golan entdeckte militärische Infrastruktur der Hisbollah bringt die Entschlossenheit des Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah zum Ausdruck, eine weitere Front im Krieg gegen Israel zu eröffnen – neben der an der libanesischen Grenze – und dies trotz der wirtschaftlichen Zwangslage der Organisation. Die Hisbollah betrachtet den Aufbau einer Golan-Front als strategische Notwendigkeit für den nächsten Krieg. Bis dahin soll sie als Alternative zu Aktivitäten an der libanesischen Grenze zur festgesetzten Zeit dienen, für Defensivoperationen oder Racheaktionen für israelische Angriffe auf iranische Ziele in Syrien.

Nach der Vertreibung des IS aus Mossul: Iran auf dem Weg zur regionalen Vormacht

Als die irakische Armee in der vergangenen Woche Mossul aus den Händen des IS befreite, wurde sie von einer schiitischen Miliz, den PMF (Volksmobilisierungskräfte, arabisch: Al-Hashd Al-Sha’abi) unterstützt. Geführt werden die PMF von Jamal al-Ibrahim, bekannt unter seinem Kampfnamen Abu Mahdi al-Muhandis.
Die führende Rolle, die den Schiitenmilizen unter Führung Abu Mahdis bei der Befreiung Mossuls zukam, dürfte einen entscheidenden Einfluss auf die zukünftige Entwicklung des Irak spielen. Der Oberste Führer des Iran Khamenei ließ den irakischen Premier Haider Al-Abadi auf dem letzten Treffen in Teheran wissen, dass die PMF eine "wichtige und gesegnete Erscheinung" wären. Khamenei zufolge käme den Truppen eine wichtige Rolle in der Regierung des Irak nach der Zerschlagung des IS zu. Auf diese Weise hat sich der Iran den Irak als wichtigen Teil des schiitischen Rundbogens von Teheran durch den Irak und Syrien zum libanesischen Mittelmeer gesichert. "Seit heute [der Eroberung Mossuls] führt die Schnellstraße des Widerstands von Teheran über Mossul nach Beirut am Mittelmeer ." verkündete Ali Akbar Velayati, Spitzenberater Khameneis laut Wall Street Journal.

Das neue Bündnis zwischen Hisbollah und der libanesischen Armee

Der Hisbollah ist es gelungen, den libanesischen Staat und seine Institutionen an sich zu reißen. Die durch eine erzwungene Einigung mit der Hisbollah zu Stande gekommene Wahl Michel Aouns zum Präsidenten hat die iranische Vision verwirklicht, den Libanon zu kontrollieren, ohne dessen Kräfteverhältnis zu verändern, das seit dem "Nationalen Pakt" seit 1943 vorherrscht. Diesem historischen, wenn auch nicht verschriftlichten Abkommen zufolge muss die politische Macht unter den wesentlichen ethnischen Gruppen im Libanon aufgeteilt werden – wozu gehört, dass der Präsident maronitischer Christ, der Premier Sunnit und der Sprecher des Parlaments Schiit sein müssen.

Der erste Angriff der Hisbollah seit 2006 – Hintergründe und Einschätzung

Zum ersten Mal seit dem Zweiten Libanonkrieg 2006 hat sich die Hisbollah zu einem Angriff auf israelische Streitkräfte in der Nähe der Shabaa-Farmen im israelisch-syrischen-libanesischen Grenzgebiet bekannt, bei dem am 7. Oktober zwei IDF-Soldaten verwundet wurden.

In der Stellungnahme der Hisbollah hieß es, dass die Aktion von einer nach dem Märtyrer Hassan Ali Haydar benannten Militäreinheit durchgeführt worden sei. Haydar war ein Sprengstoffexperte der Hisbollah, der am 5. September beim Versuch ums Leben kam, mehrere Sprengladungen zu entschärfen, die an einem Fernmeldenetzwerk der Hisbollah im südlibanesischen Adloun befestigt waren. (1)

Mit den als Vergeltungsmaßnahme gelegten zwei provisorischen Sprengfallen wollte die Hisbollah signalisieren, dass – obwohl sie im syrischen Bürgerkrieg engagiert ist – Israel keine Handlungsfreiheit im Libanon habe. (2) Es ging darum, sowohl Israel als auch ihren Unterstützern im Libanon deutlich zu machen, dass die Hisbollah an zwei Fronten gleichzeitig kämpfen könne und dass der Dschihad gegen Israel immer noch ihr wesentlicher Daseinsgrund sei.

Irans Übernahmeplan für Syrien

· Mitte April stattete Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah Teheran einen geheimen Besuch ab. Auf diesem traf er sich mit führenden iranischen Politikern unter Leitung des Obersten Führers Ali Khamenei und General Qasem Suleimanis, Kommandeur der Quds-Truppen der Revolutionsgarden. Suleimani hat einen Plan vorbereitet, der, nach ihm benannt, die Stationierung einer 150 000 Mann starken Streitmacht in Syrien vorsieht, von denen eine Mehrzahl aus dem Iran und dem Irak kommen wird sowie ein kleineres Kontingent von der Hisbollah und den Golf-Staaten.

· Suleimanis Rolle ist entscheidend. Er gilt als federführend im militärischen Aktivismus des Iran im ganzen Nahen Osten. Im Januar 2012 ließ er verlautbaren, der Iran kontrolliere „auf die eine oder andere Art und Weise“ den Irak sowie den Südlibanon. Bereits vor den jüngsten Entwicklungen in Syrien hatten Beobachter in der arabischen Welt die Zunahme an „expansionistischen Aktivitäten des Iran“ verzeichnet und davor gewarnt.

· Die zentrale Aufgabe, die Syrien in der iranischen Strategie zukommt, wurde jüngst von Mehdi Taaib betont, Chef von Khameneis eigener Denkfabrik: „Syrien ist der 35. Distrikt des Iran und von weit größerer strategischer Bedeutung als Khuzestan [ein im Iran gelegener vorwiegend arabischer Distrikt].“

· Teheran hegt seit geraumer Zeit politische Ambitionen für Syrien und hat enorme Ressourcen in den Versuch investiert, Syrien in einen schiitischen Staat zu verwandeln. Das syrische Regime hat es iranischen Missionaren gestattet, den schiitischen Glauben in Damaskus und den Städten an der alawitischen Küste, sowie in kleineren Orten und Dörfern zu stärken. Sowohl in städtischen wie ländlichen Regionen Syriens haben zur Schia bekehrte Sunniten und andere Privilegien und Bevorzugung bei der Verteilung iranischen Hilfsgelder erhalten.

· Der Iran hat schiitische Truppen im Irak für den Krieg in Syrien angeworben. Sie sind in einer Schwesterorganisation der Hisbollah organisiert und verteidigen unter dem Namen Liga der Rechtschaffenden und Kateeb Hisbollah die schiitischen Zentren in Damaskus. Sehr wahrscheinlich wird der Iran nichts unversucht lassen, zusätzliche schiitische Kräfte im Irak, im Persischen Golf und sogar in Pakistan anzuwerben.

Bei Angriff auf iranische Atomanlagen: Hisbollah droht mit Raketenbeschuss Israels

· Die in Israel intensiv geführte öffentliche Debatte über einen möglichen Angriff auf die iranischen Nuklearanlagen hat den Iran wie auch die Hisbollah dazu gebracht, ihre Vergeltungsdrohungen zu verschärfen. Der militärische Berater des Obersten Führers Ali Khamenei General Yahya Rahim Safavi hat am 8. September angekündigt, dass die Hisbollah im Falle eines israelischen Angriffs zurückschlagen würde.

· Einem Bericht der libanesischen Zeitung Al Joumhouria zufolge besuchte der Sekretär des Obersten Nationalen Sicherheitsrates des Iran Saeed Jalali im August den Libanon und gab der Hisbollah grünes Licht für den unmittelbaren Einsatz militärischer Gewalt gegen Israel für den Fall eines Angriffs auf die iranischen Atomanlagen.

· Im September 2012 gestand der Kommandeur der Iranischen Revolutionsgarden General Mohammed Ali Jaafari auf einer Pressekonferenz in Teheran, dass einige seiner Kräfte in Syrien und im Libanon im Einsatz wären. Jaafaris anscheinend ehrliche Äußerungen geschahen in einem Moment der Unaufmerksamkeit und geben den tatsächlichen operationellen Stand der Dinge wieder.

· Am 17. August erklärte der Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah: „Ein israelischer Angriff gibt dem Iran die Möglichkeit Israel zu zerstören, wovon er seit 32 Jahren träumt. […] Unsere Raketen sind bereit und haben ihre Ziele im Visier […] und wir werden nicht darauf warten, dass dies noch irgendjemand absegnet.“

· Die Bestätigung, dass Nasrallah grünes Licht für einen unmittelbaren Angriff auf strategische Ziele in Israel erhalten hat, widerspricht seinen vorherigen Aussagen, dass im Falle eines Angriffs auf die iranischen Atomanlagen die Hisbollah sich versammeln, darüber beraten und entscheiden würde, wie sie zu reagieren habe. Derartige Äußerungen haben in der Vergangenheit zu jener Fehleinschätzung geführt, die Hisbollah träfe ihre Entscheidungen unabhängig und richte sich nicht automatisch nach Teherans Befehlen.

Der Libanon: Partner des Iran gegen die Sanktionen?

· Um den Würgegriff der westlichen Sanktionen zu brechen, arbeitet der Iran intensiv daran, seine ökonomischen Beziehungen mit dem Libanon auszubauen. Der iranische Vizepräsident Mohammed Reza Rahimi stattete kürzlich dem Land einen Besuch ab, wo er der ersten Konferenz des Obersten Iranisch-Libanesischen Gemeinschaftskomitees vorsitzen durfte.

· Teheran glaubt, durch fortgesetzte Geheimgeschäfte einer seiner größten Banken – Saderat – mit über fünf libanesische Zweigstellen die ihm vom internationalen Bankentransfersystem (SWIFT) auferlegte Blockade finanzieller Transaktionen umgehen zu können. Keine der libanesischen Zweigstellen widmet sich regulären Bankgeschäften und so kann mit ziemlicher Gewissheit davon ausgegangen werden, dass sie nahezu vollständig im Dienste der ökonomischen Aktivitäten der Hisbollah stehen.

· Rahimi machte sich für die Einrichtung einer iranisch-libanesischen Freihandelszone stark, was dem Iran ermöglichen würde, ohne westliche Überwachung Güter zwischen den beiden Ländern auszutauschen.

· Der einzige Zweck des vom Iran im Libanon aufgebauten Raketenarsenals – über 50 000 Raketen – ist, Israel von einem Angriff auf den Iran abzuhalten. Am 24. November 2011 drohte der militärische Berater des iranischen Obersten Führers Ali Khamenei, Generalmajor Yahya Rahim Safavi, dass im Falle eines Angriffs durch Israel die Hisbollah im Libanon und die Hamas im Gazastreifen sich an den Kämpfen beteiligen würden. „Es besteht gar keine Notwendigkeit für den Iran, seine ballistischen Raketen auf Israel zu schießen, denn alle zionistischen Städte sind in Reichweite der Katjuschas der mit uns verbündeten Hisbollah.“

Der Libanon: Partner des Iran gegen die Sanktionen?

· Um den Würgegriff der westlichen Sanktionen zu brechen, arbeitet der Iran intensiv daran, seine ökonomischen Beziehungen mit dem Libanon auszubauen. Der iranische Vizepräsident Mohammed Reza Rahimi stattete kürzlich dem Land einen Besuch ab, wo er der ersten Konferenz des Obersten Iranisch-Libanesischen Gemeinschaftskomitees vorsitzen durfte.

· Teheran glaubt, durch fortgesetzte Geheimgeschäfte einer seiner größten Banken – Saderat – mit über fünf libanesische Zweigstellen die ihm vom internationalen Bankentransfersystem (SWIFT) auferlegte Blockade finanzieller Transaktionen umgehen zu können. Keine der libanesischen Zweigstellen widmet sich regulären Bankgeschäften und so kann mit ziemlicher Gewissheit davon ausgegangen werden, dass sie nahezu vollständig im Dienste der ökonomischen Aktivitäten der Hisbollah stehen.

· Rahimi machte sich für die Einrichtung einer iranisch-libanesischen Freihandelszone stark, was dem Iran ermöglichen würde, ohne westliche Überwachung Güter zwischen den beiden Ländern auszutauschen.

· Der einzige Zweck des vom Iran im Libanon aufgebauten Raketenarsenals – über 50 000 Raketen – ist, Israel von einem Angriff auf den Iran abzuhalten. Am 24. November 2011 drohte der militärische Berater des iranischen Obersten Führers Ali Khamenei, Generalmajor Yahya Rahim Safavi, dass im Falle eines Angriffs durch Israel die Hisbollah im Libanon und die Hamas im Gazastreifen sich an den Kämpfen beteiligen würden. „Es besteht gar keine Notwendigkeit für den Iran, seine ballistischen Raketen auf Israel zu schießen, denn alle zionistischen Städte sind in Reichweite der Katjuschas der mit uns verbündeten Hisbollah.“

Die Krise des Assad-Regimes bedroht die Hisbollah

· Fünf Jahre nach dem Zweiten Libanonkrieg, dessen Ausgang von ihrem Führer Hassan Nasrallah zum „göttlichen Sieg“ erklärt wurde, sieht sich die Hisbollah an einem Tiefpunkt angelangt. Grund sind die Unsicherheit über das Überleben des Assad-Regimes in Syrien wie auch die Forderung des Sondertribunals für den Libanon, die vier zur Hisbollah gehörenden, mutmaßlichen Mörder des ehemaligen libanesischen Premiers Rafiq Hariri auszuliefern.

· Über Damaskus empfängt die Hisbollah militärische und alle andere Unterstützung aus Teheran, zusätzlich zur direkten Lieferung von Raketen aus den Beständen der syrischen Armee an ihre Kampfgruppen.

· Die Hisbollah hat sich klar zum Assad-Regime bekannt, was dazu geführt hat, dass auf syrischen Straßen Hisbollah-Fahnen zusammen mit dem Porträt Nasrallahs verbrannt werden. Ohne syrische Unterstützung dürfte es der Hisbollah schwer fallen, dem Libanon ihre Politik aufzuoktroyieren.

· Zu den jüngsten Zeichen einer Schwächung der Hisbollah gehören die Enttarnung eines CIA-Spionagenetzwerks in wichtigen Positionen innerhalb der Bewegung, der offene Verkauf alkoholischer Getränke in Nabatäa, der Hisbollah-Hauptstadt im Südlibanon, und der Versuch der libanesischen Regierung, entgegen dem Wunsch der Hisbollah den Sicherheitschef für den internationalen Flughafen Beiruts aus dem Maronitenlager zu rekrutieren.

· Angesichts dieser Entwicklungen sucht Nasrallah nach einem Vorwand, Israel zu konfrontieren, dieses Mal mit Blick auf die Gasvorkommen, die Israel vor seiner Küste zu erschließen sucht. Nasrallah glaubt, dass seine Drohungen von der Schwäche der Hisbollah und den internationalen Vorwürfen gegen ihn ablenken werden.