Jerusalem – Gefahren einer Teilung

Unmittelbar nach der Annapolis-Konferenz mehrten sich innerhalb israelischer Regierungskreise zunehmend Stimmen für eine Teilung Jerusalems. Hauptargument der Teilungsbefürworter ist das Bedürfnis, die demografische Balance zwischen Juden und Arabern in der Stadt durch die „Reduzierung“ arabischer Stadtteile und Bewohner am Stadtrand zugunsten der jüdischen Seite zu verschieben. Eine solche „Separation“ wird angesichts einer schrumpfenden jüdischen Mehrheit in der Stadt sowie einer möglichen Fortsetzung dieses Trends als unvermeidliche Notwendigkeit dargestellt.

Aufgrund der absehbaren Gefahren einer solchen Trennung sowie der historischen wie religiösen Bindung des jüdischen Volkes an Jerusalem und seine heiligen Stätten möchte die hier vorgelegte Argumentation einen anderen Ansatz für das „demografische Problem“ Jerusalems vorschlagen: es gilt, den wesentlichen Faktor hinter dem Problem anzusprechen – den jährliche Wegzug vieler Juden aus der Stadt (16 000) – sowie einen Versuch, dem entgegenzuwirken, zu präsentieren.

Die Palästinensische Autonomiebehörde und die Heiligen Stätten des Judentums im Westjordanland: Testfall Rachels Grab

Rachels Grab liegt am nördlichen Stadtrand von Bethlehem, ca. 460 Meter südlich der Jerusalemer Stadtgrenze. Seit mehr als 1700 Jahren gilt es als das Grabmal der Stammmutter Rachel. Das Bauwerk mit Kuppel und Olivenbaum ist ein jüdisches Symbol und erscheint auf tausenden Zeichnungen, Fotografien, Kunstwerken und den Einbänden heiliger Bücher des Judentums. Heute ist der kleine Kuppelbau eingefasst von verstärktem Beton mit Schießscharten, Schützengräben und Tarnnetzen.

Im Waffenstillstandsabkommen vom 3. April1949 verpflichtete sich Jordanien, Israel “freien Zugang zu den Heiligen Stätten und kulturellen Einrichtungen, sowie die Verwendung des Friedhofs auf dem Ölberg” zu gestatten. Tatsächlich kam Jordanien dieser Zusage nicht nach und für 19 Jahre, bis 1967, war es Juden nicht erlaubt, die Klagemauer, Rachels Grab, die Höhle der Patriarchen in Hebron, Josephs Grab in Shechem (Nablus) oder andere für Juden heilige Orte zu besuchen, die sich in jordanischer Hand befanden.

Im Gaza-Jericho-Abkommen vom Mai 1994 heißt es: “Die Palästinensische Autonomiebehörde verpflichtet sich, freien Zugang zu allen heiligen Stätten von Gaza-Streifen und dem Jericho-Gebiet zu gewährleisten.” Das israelisch-palästinensische Interimsabkommen, unterzeichnet am 28. September 1995 vor dem Weißen Haus, regelte den Status von dreiundzwanzig heiligen Orten des Judentums. Die Palästinenser versicherten Zugangsfreiheit zu diesen Stätten. In der Realität wurde der Zugang von ihnen aber extrem erschwert oder völlig unmöglich gemacht.

Im Oktober 2007 wurde das Joseph-Grab in Nablus angegriffen, angezündet und entweiht. Der drusischen Grenzpolizei-Unteroffizier Yusef Madhat verblutete am 4.Oktober, da die palästinensische Seite seine Evakuation verweigerte. Die “Shalom al Israel” Synagoge von Jericho wurde ebenfalls angegriffen. Heilige Bücher und Reliquien wurden verbrannt und das antike Mosaik der Synagoge zerstört.

Nach Jahrhunderten der Anerkennung der Stätte als Rachels Grab begannen Muslime im Jahr 2000, sie als “Bilal ibn Rabah Moschee” zu bezeichnen – ein Name, welcher seitdem in den nationale Diskurs der Palästinenser eingeflossen ist. Dieser palästinensische Anspruch ignoriert den Fakt, dass ottomanische firmans (Dekrete) den Juden im Land das Recht auf Zugang zu der Stätte seit Beginn des 19. Jahrhunderts gaben. Die israelischen Erfahrungen seit dem Osloer Abkommen haben gezeigt, dass die Verantwortlichkeit für die heiligen Stätten der Juden sowie die Zugangswege in israelischen Händen bleiben sollte.